An einem Novembermorgen im Bahnhof Aarau: Auf der grossen Fahrplan-Anzeigetafel geht Daniel Craig alias James Bond auf Ganovenjagd. Der Trailer zum neusten Bond-Film soll die Pendler ins Kino locken. Danach flimmert der Hamburger einer Fastfoodkette über die Leinwand, gefolgt von einem Krankenkassen-Spot.

Jonas Franzen (Name geändert) aus Suhr AG möchte allerdings lieber wissen, wann sein Zug nach Zürich fährt. Nur: Das wird er auf der Vorderseite der Anzeigetafel nicht erfahren. Neuerdings ist sie nämlich für Werbung reserviert. Um Informationen zum Fahrplan zu bekommen, muss Franzen die Rückseite der Tafel konsultieren.

Er hat sich deshalb bei den SBB beschwert. Die überraschend freimütige Antwort des Kundendienstes: «Für die Reisenden hängt der Generalanzeiger im Prinzip schlechter.» ­Allerdings sei diese An­ordnung bei Betriebs­störungen sinnvoll, weil dann auf der Werbeseite Informa­tionen zu den Störungen angezeigt würden. 

Zudem verlange die ­Politik von den SBB, ­«unternehmerisch zu handeln und entsprechende Massnahmen umzusetzen». «Die Bahnhöfe der SBB bieten ein ideales Umfeld für Werbung. Das nicht auszunützen, wäre dumm», schreibt der SBB-Mitarbeiter unverblümt weiter. Nicht ohne darauf hin­zuweisen, dass «der ­Service public nicht vernachlässigt» werden solle: «Die Kunden sind an ­erster ­Stelle.»

Umfrage: «Schrift ist schlechter»

Der Generalanzeiger im Bahnhof Aarau ist neu. Auch in 13 weiteren grossen Bahnhöfen haben die SBB dieses Jahr die me­chanischen Faltblattanzeiger durch LED-Modelle ersetzt.

Für viele Passagiere sind die digitalen Tafeln ein ­Ärgernis. Obwohl die SBB angeben, die Schriftgrösse sei um ein Drittel grösser geworden, können viele die neuen Anzeigen schlechter lesen. Dies zeigt eine Um­frage des K-Tipp bei Passanten im Zürcher Hauptbahnhof (siehe Unten).

Werbespots statt Fahrplan-Infos

Die neuen LED-Anzeiger haben eines gemeinsam: Sie zeigen eine Menge Werbung. In den Bahn­höfen Zürich und Luzern zum Beispiel ist die Tafel nach dem Ersatz zwar ­breiter geworden – doch den zusätzlichen Platz ­nutzen die SBB statt für Informationen zum Fahrplan lieber für bezahlte Werbespots. Das schenkt ganz offensichtlich ein: Gemäss der Werbe­firma APG, die die Reklameflächen für die SBB vermarktet, kostet ein 10-Sekunden-Spot an 14 Schweizer Bahnhöfen für eine Woche im nächsten Jahr netto knapp 85 000 Franken.

SBB-Gutscheine sind schon bald nicht mehr gültig

Viele Halbtax-Kunden warten noch immer auf den zugesicherten Reisebon. Er ­verfällt bereits Ende Jahr.
Eigentlich hätten Halbtax-Besitzer schon vor Wochen einen 10-Franken-Gutschein der SBB erhalten sollen. Grund: Fernverkehrspassagiere zahlen zu hohe Preise. Preisüberwacher Stefan Meierhans hat sich deshalb diesen Sommer mit den SBB auf diese Gutscheine als Wiedergutmachung geeinigt.

Von Seiten der SBB hiess es ursprünglich, die Gutscheine würden bis Mitte September verschickt sein. Doch offenbar hapert es mit dem Versand. Beim K-Tipp meldeten sich mehrere Halbtax-Besitzer, die den Gutschein Anfang November noch nicht bekommen hatten.

Störend ist auch: Die Gutscheine sind nur bis Ende Jahr gültig. Auf Anfrage schreiben die SBB dem K-Tipp: «Wer den Gutschein wider Erwarten nicht erhalten hat, kann sich direkt beim Kundendienst melden und erhält ­diesen Gutschein in der Folge ohne weiteres.»