Rückschlag für Mammografie
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Gesundheitstipp 2/2000
01.02.2000
Forscher raten vom Röntgen der Brust ab
Routinemässige Mammografien sollen die Brustkrebs-Sterblichkeit verringern. Jetzt zeigt eine genauere Untersuchung: Zwar sterben etwas weniger Frauen an Brustkrebs, insgesamt aber steigt die Todesrate an.
Der Beweis für den Nutzen der Reihen-Mammografien schien längst erbracht: Seit 1988 gab es acht gross angelegte Studien mit insgesamt einer halben Million Frauen in den USA, Schottland, Kanada und Schweden. Schwedische Fo...
Forscher raten vom Röntgen der Brust ab
Routinemässige Mammografien sollen die Brustkrebs-Sterblichkeit verringern. Jetzt zeigt eine genauere Untersuchung: Zwar sterben etwas weniger Frauen an Brustkrebs, insgesamt aber steigt die Todesrate an.
Der Beweis für den Nutzen der Reihen-Mammografien schien längst erbracht: Seit 1988 gab es acht gross angelegte Studien mit insgesamt einer halben Million Frauen in den USA, Schottland, Kanada und Schweden. Schwedische Forscher kamen vor sechs Jahren in einer Übersicht zum Ergebnis, Mammografien reduzierten bei Frauen zwischen 50 und 69 Jahren Todesfälle wegen Brustkrebs um 29 Prozent.
Umso mehr überrascht jetzt die Studie, die im Medizin-Fachblatt «The Lancet» erschien. Die Autoren sahen sich die acht Arbeiten an und entdeckten, dass sechs von ihnen schwere Mängel hatten.
Mal gab es keine Klarheit über die Zahl der erfassten Frauen, mal waren zu viele wohlhabende Frauen vertreten, mal waren seltsamerweise alle Frauen, die am 31. eines Monats geboren sind, von der Analyse ausgeschlossen. Alle diese Fehler entwerten und verfälschen die Resultate.
Die beiden einzigen Arbeiten, die frei von derartigen Fehlern waren, kamen jedoch zum Schluss, dass die Mammografien keinen messbaren Einfluss auf die Todesrate nach Brustkrebs habe.
Zuletzt unterzog das schwedischdänische Forscherteam die Daten aus allen acht Studien einer eigenen Berechnung. Ergebnis: Die Zahl der Brustkrebs-Opfer sinkt nach Mammografie zwar ein klein wenig, die allgemeine Todesrate liegt aber höher als bei Frauen, die ihre Brüste nicht durchleuchten liessen. «Mammografie», so folgerten die Wissenschaftler, «kann mehr Leben kosten, als sie rettet.»
«Wer die angeblich positiven Resultate der älteren Studien hervorhebt, muss auch die höhere allgemeine Todesrate erwähnen», fordert der Arzt Johannes G. Schmidt, Brustkrebsexperte aus Einsiedeln SZ. Er selbst hält den Nutzen der Mammografie schon seit längerem für verschwindend gering. «Doch vor allem das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Krebsliga haben sie gepredigt wie eine Religion. Und jetzt hat die Gesellschaft Probleme, von diesem Glauben abzulassen.»
Claudia Peter