Nach Verspätungen von internationalen Zügen haben Reisende Anrecht auf eine teilweise Rückerstattung des Billettpreises: Ab 60 Minuten Verspätung sind es 25 Prozent des Preises für die einfache Fahrt, bei über 120 Minuten 50 Prozent. Diese Rückerstattungspflicht der EU gilt auch für die SBB. In der Praxis zeigt sich aber: Selbst wer seine Rechte kennt, muss Hürden überwinden, um zu ­einer Entschädigung zu kommen. 

Beispiel: SBB-Passagier Christian Schaffner meldete sich am 8. Mai von unterwegs per Nachrichtendienst Twitter: «Im Zug von Mailand, mehr als 100 Minuten Verspätung. Laut SBB Anrecht auf Entschädigung, Personal weiss von nichts. Was ist los?» In ­einer weiteren Kurznachricht kritisiert er: «Laut SBB-Website sollte Personal Formulare verteilen (wir haben 120 Minuten Verspätung aus Mailand). Gilt das nicht?»  

Tatsächlich, auf der SBB-Website heisst es: Rück­erstattungsformulare würden durchs Zugpersonal verteilt. Passagiere ohne Platzreservation müssten sich zudem die Verspätung durch das Zugpersonal bestätigen lassen. «Ich habe im Zug die Zugbegleiterin auf das Formular angesprochen. Sie kannte es nicht», sagt Schaffner gegenüber saldo. 

saldo fragte im Hauptbahnhof Zürich bei Zugbegleitern nach: Von zehn SBB-Angestellten konnte oder wollte keiner ein Entschädigungsformular abgeben. Einzelne gaben ein Kärtchen mit der E-Mail-Adresse des Kundendienstes ab. Andere verwiesen an den Schalter. 

Die SBB sagen, eine Bestätigung durch das Zugpersonal bei fehlender Platzreservation sei nicht notwendig. Diese könne auch am Schalter eingeholt werden. Zudem stehe das Formular auf der SBB-Website zur Verfügung. Wer das Formular sucht, wird aber nicht so leicht fündig. saldo stellt deshalb seinen Lesern einen einfachen Kurzlink zur Verfügung. Er lautet: www.saldo.ch/cp23fc.

Anders die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). Auf ihrer Website fällt oben rechts gleich der Link «Kundenservice» ins Auge. Mit zwei Klicks ist man beim Rückerstattungsformular. 

Im letzten Jahr zahlten die SBB insgesamt 418 000 Franken Entschädigungen für verspätete inter­na­tio­na­le Züge. Es seien nur «vereinzelt» Anträge abgewiesen worden.

Keine Rückerstattung erhalten Passagiere, die ihren Antrag zu spät einreichen. Im Kleingedruckten zum SBB-Formular steht, dass die Kunden das innerhalb von zwei Monaten tun müssen. Kundenfreundlicher sind ÖBB und Deutsche Bahn: Sie gewähren eine einjährige Frist.