Viele Kinder, die an der ­Aufmerksamkeitsstörung ADHS leiden, erhalten Ritalin. Tendenz steigend: Die Liefermengen des Psychopharmakons haben sich gemäss der Heilmittelbehörde Swissmedic zwischen 1999 und 2013 verachtfacht. Laut einer grossen Über­sichts­studie ist jedoch unklar, ob das Medikament tatsächlich hilft. Die Forscher des internationalen Netzwerks Cochrane werteten dazu 185 Studien aus («Gesundheits-tipp» 2/16).    

Die Berner Kinder- und Jugendpsychiaterin Bigna Keller schreibt in der ­Fachzeitschrift «Infomed-Screen», Medikamente seien «nur ein Mosaikstein in der Behandlung». Der Erfolg von Ritalin hänge stark von der Stimmung in der Familie ab: «Wenn der Familienalltag durch häufige Konflikte geprägt ist, nützt das Medikament wenig.» Für El­tern, die ihren Kindern «freundlich, wohlwollend und mit klaren Regeln und Grenzen» gegenübertreten, könnte das Medikament hilfreich sein. 

Bigna Keller rät betroffenen Eltern, sich von einem Kinderpsychologen oder einem Psychiater unterstützen zu lassen.

Ein Sprecher des Ritalin-Herstellers Novartis sagt, das Medikament sollte erst nach der Diagnose eines Spezialarztes und gemäss Fachinformation eingesetzt werden. Die Studie habe keine schweren Nebenwirkungen durch Ritalin nachweisen können.