Es gibt mehr als genug Pflegepersonal in der Schweiz. Das behaupten Gesundheits­ökonomen auf der ­Website der Lobbygruppe Avenir Suisse. Sie begründen dies mit neuen Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD. Demnach gibt es in der Schweiz 17,6 Pflegepersonen pro 1000 Einwohner – so viele wie in keinem anderen industrialisierten Land.  

Die Zahlen dienen Fachleuten als Argument, dass das Niveau der Pflege in der Schweiz hoch ist. Zum Beispiel beruft sich der Direktor des Bundesamts für Gesundheit in einem Fachartikel auf die Zahlen. 

Das Dumme daran: Die OECD- Statistik stimmt nicht, obwohl die Zahlen vom Bundesamt für Statistik stammen. Grund: Das Amt rechnet zu den rund 91 000 di­plomierten Pflegefachkräften rund 50 000 «Pflegeassistenten» mit geringerwertigen Abschlüssen hinzu. Deutschland, Österreich, Italien oder Frankreich ­ ­geben der OECD nur ihre diplomierten Pflegefachkräfte an. 

Würde die Schweiz das ge­nauso machen, käme man auf 11,3 Fachpersonen pro 1000 Einwohner. Das heisst: Die Schweiz beschäftigt zwar mehr Pflegefachkräfte als Frankreich, Österreich oder Italien, aber weniger als ­Dänemark, Finnland, Norwegen oder Deutschland (siehe Grafik im PDF). 

Roswitha Koch vom Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und -männer verlangt: «Das Bundesamt soll dafür sorgen, dass nicht mehr Äpfel mit Birnen verglichen werden.» Die falschen OECD-Zahlen würden die politische Debatte erschweren. 

Das Bundesamt besteht auf Anfrage darauf, der OECD «korrekte Daten» geliefert zu haben. Eine Korrektur dränge sich nicht auf.