Die Zeit nach Nicos Geburt war hart für seine Mutter. Als Myrta Büchler (Name geändert) aus dem Spital nach Hause kam, waren ihre Brüste hart und schmerzten bei jeder Berührung, die Brustwarzen bluteten. «Mein Sohn erbrach nach dem Stillen Blut», sagt sie. Das Spital hatte ihr eine Milchpumpe mitgegeben, doch die 33-Jährige kam im Stress damit nicht zurecht. Ausserdem konnte sie nicht mehr schlafen. «Ich war erschöpft und überfordert.»
Büchler rief ihre Hebamme an. Als sie vorbeikam, «wirkte sie gestresst und erzählte mir von ihren persönlichen Problemen», erinnert sich Büchler. Sie wusste nachher nicht mehr als zuvor. Als sie Fieber hatte, rief sie eine andere Hebamme an. Ein Glücksgriff. Sie kam sofort, zeigte der Mutter, wie sie ihre Brustentzündung los wurde, wie die Milchpumpe funktionierte und wie man richtig stillt. Büchler fühlte sich erleichtert und konnte wieder schlafen. Die Brust heilte.
Der Fall zeigt, wie wichtig eine gute Hebamme ist. Viele Mütter sind nach der Geburt erschöpft, haben schmerzhafte Verletzungen oder fallen wegen der Hormone in ein Stimmungstief. Die Baselbieter Hebamme Lucia Mikeler sagt deshalb: «Es ist wichtig, dass die Hebamme einfühlsam auf die Frau eingeht.» Mütter, die von einer Hebamme unterstützt werden, haben weniger Depressionen nach der Geburt.
Die Hebamme kontrolliert, ob allfällige Geburtsverletzungen der Frau heilen und ob sich die Gebärmutter zurückbildet. Ausserdem schaut die Fachfrau, ob das Kind genug Milch bekommt und ob sein Nabel gut heilt. In der Schweiz zahlt die Grundversicherung nach einer Geburt zehn Besuche einer Hebamme.
Jede zehnte Frau mit Hebamme unzufrieden
Doch es ist nicht einfach, eine gute Hebamme zu finden. Die meisten Schwangeren wählen sie aus einer Liste, die ihnen die Ärztin oder das Spital gibt. Barbara Stocker, Präsidentin des Hebammenverbands, bestätigt: «Schwangere erfahren nicht, wenn frühere Kundinnen schlechte Erfahrungen gemacht haben.» Schweizer Forscherinnen befragten über 1000 Mütter in der Schweiz. Resultat: Jede zehnte Frau fand ihre Hebamme zu wenig freundlich und verständnisvoll.
Hauptproblem: Viele Mütter sehen die Hebamme nach der Geburt zum ersten Mal. Denn die Mehrheit lässt sich während der Schwangerschaft einzig von einer Ärztin betreuen. Der Hebammenverband schätzt, dass nur rund jede achte Schwangere zu einer Hebamme geht. Das ist ein Nachteil. Barbara Stocker sagt: «Wenn die Chemie nicht stimmt, hat eine Frau nach der Geburt kaum die Kraft, eine neue Hebamme zu suchen.»
Deshalb sollten sich Frauen bereits während der Schwangerschaft von einer Hebamme betreuen lassen. Die Grundversicherung zahlt sieben Schwangerschaftskontrollen und zwei Ultraschalluntersuche. Mikeler empfiehlt: «Zwei bis drei der Kontrollen sollte die Hebamme durchführen.» Sie kontrolliert Wachstum und Herztöne des Babys, misst den Blutdruck, macht Urinproben und, falls nötig, Laboranalysen. Einige Hebammen machen das gratis, andere verlangen 80 bis 100 Franken. Ausserdem beantworten sie Fragen zu Schwangerschaft und Geburt. Viele Hebammen bieten ein Vorgespräch an. «Dabei spürt man, ob man sich wohl fühlt, und kann sich allenfalls rechtzeitig nach einer anderen Hebamme umsehen», sagt Mikeler.
Bei Hausgeburten und in Geburtshäusern ist es längst üblich, dass die Hebamme die Frau schon während der Schwangerschaft betreut. Für den Solothurner Arzt Reiner Bernath ist deshalb klar: «Die beste Beziehung zur Hebamme kann eine Frau aufbauen, wenn sie zu Hause oder im Geburtshaus gebärt» (Gesundheitstipp 9/14).
Das wirkt sich positiv auf die Geburt aus. Eine Studie des unabhängigen Ärztenetzwerks Cochrane bestätigt: Frauen, die mit einer vertrauten Hebamme gebären, haben weniger Verletzungen am Geburtskanal, brauchen seltener Schmerzmittel und müssen das Kind weniger häufig mit der Saugglocke rausziehen lassen. Mikeler überrascht das nicht. «Wenn die Frau ihre Hebamme kennt, kann sie sich besser entspannen.»
In vielen Spitälern darf die Hebamme die Schwangere begleiten. Mikeler ist eine solche Beleghebamme. Sie sagt: «Wenn ich die Gebärende kenne, kann ich schneller auf ihe Bedürfnisse eingehen.» Frauen müssen dafür etwa 400 Franken selber zahlen. Beleghebammen sind oft schnell ausgebucht.