Tiefe Hypothekar­zin­sen, niedrige Energiekosten: Mieter leben zurzeit relativ komfortabel, wenn der Vermieter die Zinssenkungen weitergab. Steigen die Zinsen wieder, dürfte aber für viele das böse Erwachen kommen. 

Heute wäre der richtige Moment, diese Zeitbombe zu entschärfen. Der Öko­nom und Jurist Urs Hausmann präsentiert einen Lösungsvorschlag. Er schlägt ein Modell vor, das den Mietern auf Jahre hinaus stabile Mietzinsen verspricht.

Der 50-jährige Ökonom und langjährige Mitarbeiter und Partner des im Immobilienmarkt tätigen Beratungsunternehmens Wüest & Partner weiss, wovon er spricht. 2012 ging er zurück an die Universität. Kürzlich veröffentlichte er seine Dissertation zum Mietrecht. Hausmann stört vor allem, dass sich die Mietrechtspraxis nicht an die Verfassung hält. Artikel 109 der Bundesverfassung schreibt vor, dass der Bund «Vorschriften gegen Missbräuche im Mietwesen, namentlich gegen missbräuchliche Mietzinse» erlässt. Die Realität sehe anders aus: «Aktuell dürfte bei einer grossen Mehrheit aller Mietverträge von Wohnungen der Tatbestand von missbräuchlichen Mietzinsen erfüllt sein.» 

Frei verhandelbare Anfangsmiete

Vor diesem Hintergrund schlägt Hausmann ein neues Mietrecht vor. Die Anfangsmiete dürfen Vermieter und Mieter frei aushandeln. Das ist ein Zückerchen für die Vermieter, können diese doch den Mietzins zumindest bei geringem Leerwohnungsbestand diktieren. Werden sich Vermieter und Mieter handelseinig, können die Bewohner danach ruhig schlafen. Die Miete darf in den folgenden fünf Jahren nämlich nicht erhöht werden. Ab dem sechsten Jahr ist die Miete an den Landesindex der Konsumentenpreise gekoppelt. Allerdings darf der Vermieter in diesem sechsten Jahr nur die Teuerung des fünften Jahres und nicht die der ersten fünf Jahre auf die Miete aufschlagen. Erst in den Folgejahren darf er den Zins regelmässig um die Teuerung erhöhen. Andere Erhöhungen sind nicht erlaubt.

Der Mieter kann den Vertrag jederzeit kündigen, der Vermieter nur mit stich­haltiger Begründung. Nach 20 Jahren darf der Vermieter den Vertrag ohne Begründung auflösen, die Miete neu aushandeln und die Wohnung an den alten oder einen neuen Mieter vergeben.

Den Mietern bringt dieses Modell eine stabile oder ­zumindest berechenbare Mietzinsentwicklung. Die Vermieter erhalten die Freiheit, die Anfangsmiete nach der Nachfrage festzulegen. Klagen wegen missbräuchlicher Mietzinsen erübri­gen sich. 

Der Mieterverband und der Hausverein lehnen eine frei verhandelbare Anfangsmiete ab. Sie verlangen eine Berücksichtigung der effektiven Kosten. Der Hausverein will auch wertvermehrende Investitionen auf die Miete aufschlagen können. 

Ein Recht des Vermieters, den Vertrag nach 20 Jahren aufzulösen, hält der Hausverein für unnötig, da nur noch wenige Mieter so lange am gleichen Ort wohnen. Für den Mieterverband hätte dieses Recht verheerende Folgen, da die Mieter wegen des drohenden Mietzinssprungs ihre Wohnung aufgeben müssten. Keine Stellung nahm der Hauseigentümerverband.  

Urs Hausmann, «Vertragsfreiheit im Schweizer Mietrecht von 1804 bis 2014 unter besonderer Berücksichtigung des Mietzinses», Dike Verlag, Fr. 95.–