Meniskus-Verletzung - Prämienanstieg bei der Suva
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saldo 16/2001
12.10.2001
Patienten kommen künftig bei Meniskus-Verletzungen finanziell besser weg. In Zukunft zahlt dafür die Unfallversicherung. Die Suva spricht von gewaltigen Mehrkosten.
Die Neuerung ist klein, die Konsequenzen gewaltig: Laut einem kürzlich erfolgten Entscheid des Eidgenössischen Versicherungsgerichts (EVG) muss nicht mehr die Krankenkasse für die Kosten einer Meniskus-Operation aufkommen, sondern in aller Regel die Unfallversicherung. Vorteil für die Patienten: Franchise und Sel...
Patienten kommen künftig bei Meniskus-Verletzungen finanziell besser weg. In Zukunft zahlt dafür die Unfallversicherung. Die Suva spricht von gewaltigen Mehrkosten.
Die Neuerung ist klein, die Konsequenzen gewaltig: Laut einem kürzlich erfolgten Entscheid des Eidgenössischen Versicherungsgerichts (EVG) muss nicht mehr die Krankenkasse für die Kosten einer Meniskus-Operation aufkommen, sondern in aller Regel die Unfallversicherung. Vorteil für die Patienten: Franchise und Selbstbehalt fallen bei der Unfallversicherung im Unterschied zur Krankenkasse weg. Zudem zahlt die Unfallversicherung nicht nur die Arztkosten, sondern auch Taggelder. Und bei lebenslangen Beschwerden eine Entschädigung von mehreren Tausend Franken. Im schlimmsten Fall - bei einer dauernden Einschränkung der Arbeitsfähigkeit - sogar eine Rente.
Meniskus gilt neu in der Regel als Unfall
Mit diesem Urteil hat die Suva einen langen Kampf gegen die Krankenversicherer verloren. Die Suva wollte Meniskus-Verletzungen nur ausnahmsweise übernehmen und hatte argumentiert, viele Meniskus-Risse seien nur das Resultat von normalen Abnützungserscheinungen in den Knien, die bei allen Menschen früher oder später auftreten. Die Versicherungsrichter in Luzern halten in ihrem Entscheid jetzt aber klar fest: Meniskus-Verletzungen sind in der Regel mit Unfällen zu vergleichen.
«Das Urteil des Versicherungsgerichts ist ein Fehlurteil», kritisiert Edi Heusser, Bereichsleiter Schadenerledigung bei der Suva, den Entscheid. «Man kann das Urteil nur politisch verstehen: Die Suva wird damit im Bereich von Meniskus-Verletzungen zum Krankenversicherer gemacht.»
Abgrenzung zwischen Unfall und Krankheit
Die Suva hat aber trotzdem auf den Entscheid reagiert und ihre Empfehlungen über die Anerkennung von solchen Verletzungen geändert: Gemäss Heusser werden neu bereits Alltagsereignisse, die mit mehr als normalem Kraftaufwand verbunden sind, wie Unfälle behandelt. «Nimmt zum Beispiel jemand beim Treppensteigen zwei Tritte auf einmal und verletzt sich dabei am Meniskus, so wird die Suva in Zukunft zahlen. Geschieht dasselbe beim normalen Treppensteigen, so ist das kein Unfall, und die Suva zahlt auch in Zukunft nicht», erklärt Heusser weiter. Tatsächlich: Die Abgrenzung zwischen Unfall und Krankheit ist nicht immer leicht. Grundsätzlich gilt eine Verletzung nur dann als unfallbedingt, wenn sie plötzlich durch einen ungewöhnlichen äusseren Anlass entsteht.
Jürg Senn, ein auf Sozialversicherungsrecht spezialisierter Anwalt in Zürich, hat den Entscheid des Versicherungsgerichts nicht anders erwartet. Er ist über die Reaktion der Suva höchst erstaunt: «Das Urteil ist nicht ausserordentlich. Das EVG sagt der Suva nur, dass sie sich endlich an das halten soll, was bereits seit langem in der Unfallverordnung steht und von den Gerichten angewendet wird.» Trotzdem ist Senn mit dem Urteil nicht ganz zufrieden: «Das Urteil sagt viel zu wenig klar, welche Ereignisse jetzt wirklich von der Unfallversicherung abgegolten werden.»
Auf Grund des neuen EVG-Urteils rechnet die Suva nach eigenen Angaben mit Mehrkosten von 300 Millionen Franken pro Jahr. Das wären rund 10 Prozent des gesamten Schadenvolumens des grössten Schweizer Unfallversicherers. Diese Mehrkosten werden laut Heusser langfristig zu einem Prämienanstieg führen. Dies löse auch bei der Suva eine Prämienerhöhung von rund 10 Prozent aus.
Für Krankenkassen rund 30 Millionen Franken Ersparnis
Freude am Entscheid des Versicherungsgerichts haben die Krankenkassen: Sie rechnen damit, dass in Zukunft rund 30 Millionen Franken weniger über die Grundversicherung abgewickelt werden. Diese Entlastung sei aber bei einem gesamten Schadenvolumen von 16 Milliarden Franken insgesamt gering und wirke sich nicht auf die Prämien aus, sagt Peter Marbet, Medienbeauftragter des Krankenkassendachverbandes Santésuisse. Der neue Entscheid des Versicherungsgerichts entlaste vor allem die privaten Taggeldversicherungen.
Dominique Strebel
Meniskus - Krankheit oder Unfall?
Die Unfallversicherung zahlt bei Meniskus-Verletzungen, wenn die Schmerzen plötzlich aufgetreten sind. So etwa
- beim schnellen Treppensteigen, wenn zum Beispiel zwei Tritte auf einmal genommen werden;
- beim Aufziehen einer Türe, die überraschend schwer zu öffnen ist, oder
- beim Heben einer Sache, deren Gewicht man zu leicht eingeschätzt hat.
Die Krankenkasse zahlt, wenn die Schmerzen ohne einen ungewöhnlichen äusseren Einfluss aufgetreten sind, wie beispielsweise
- beim normalen Treppensteigen;
- beim normalen Aufziehen einer Türe;
- beim normalen Spazieren oder
- wenn die Schmerzen schon länger immer wieder vorhanden waren.