Lärmige Dreckschleudern
Laubbläser stinken und lärmen, und krank machen können sie auch. Trotzdem erfreuen sie sich steigender Beliebtheit.
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saldo 18/2003
05.11.2003
Christa Ulli, Bennie Koprio
Ob auf öffentlichem Grund oder im privaten Garten: Kaum fällt das Laub, knattern allenthalben Laubbläser mit ihren Zweitaktmotoren durch den Herbst. Selbst der Wald als traditionelles Laubrevier bleibt nicht verschont: In Windeseile hat Roman Müller vom Werkhof Frauenfeld den Wald-Kinderspielplatz Burgerholz vom Laub befreit.
Müller verursacht dabei einen Riesenradau: Seine fahrbare Pust-Maschine macht einen Krach von 115 Dezibel. Wer mehr als zwei Stunden pro Woche mit einem...
Ob auf öffentlichem Grund oder im privaten Garten: Kaum fällt das Laub, knattern allenthalben Laubbläser mit ihren Zweitaktmotoren durch den Herbst. Selbst der Wald als traditionelles Laubrevier bleibt nicht verschont: In Windeseile hat Roman Müller vom Werkhof Frauenfeld den Wald-Kinderspielplatz Burgerholz vom Laub befreit.
Müller verursacht dabei einen Riesenradau: Seine fahrbare Pust-Maschine macht einen Krach von 115 Dezibel. Wer mehr als zwei Stunden pro Woche mit einem solchen Gerät arbeitet und nicht schwerhörig werden will, sollte gemäss Suva einen Gehörschutz tragen.
Benzol birgt Risiko, an Krebs zu erkranken
Mit Windstärken heftiger als einst Sturm Lothar wirbeln Laubbläser alles durch die Luft, was ihnen vor das Blasrohr kommt - nebst Laub und Abfall auch Hunde- und Katzendreck. Die Luft in der Umgebung eines Laubbläsers ist dadurch stark mit Darmbakterien und Parasiten belastet, stellte das deutsche Umweltbundesamt letzten Herbst in einer Studie fest und warnte: «Laubbläser können die Gesundheit schädigen.»
Doch viel gefährlicher als der zerstäubte Kot ist das Benzol. Ein mit herkömmlichem Zweitaktgemisch betriebener Laubbläser pustet pro Betriebsstunde gleich viel Benzol in die Luft wie hundert Autos mit Katalysator. «Benzol ist ein Krebs erregender Stoff», erklärt Luftreinhaltungsexperte Peter Straehl vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal). «Für den Mann, der das Gerät bedient, bedeutet dies ein erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken.» Zudem tragen die Laubbläser zur Umweltverschmutzung bei.
Doch allen Unkenrufen zum Trotz: Die Maschinen mit sinnigen Namen wie Quiet Blow, Little Wonder oder Billy Goat sind sehr gefragt. «Wir verkaufen etwa 750 Stück pro Jahr», so Arthur Lörli, Geschäftsführer der Solo AG in Neftenbach ZH, «Tendenz steigend.» Ein Trend, der von anderen Branchengrössen wie Stihl in Mönchaltorf ZH bestätigt wird.
Genaue Zahlen über den Schweizer Markt gibt es nicht, er dürfte sich in den letzten Jahren aber ähnlich entwickelt haben wie in Deutschland: 1995 wurden dort 10 000 tragbare Laubbläser abgesetzt, heute sind es 18-mal mehr.
Der Grund, weshalb Profireiniger und Gartenbesitzer zunehmend zum Laubbläser greifen, liegt auf der Hand: Mit einer Blasmaschine arbeitet es sich viermal schneller als mit Rechen und Besen. Dazu Roman Müller, als Bereichsleiter des Werkhofs Frauenfeld zuständig für den Unterhalt von 185 Kilometern Strassen und Wegen: «Ohne Laubbläser müssten wir drei bis vier Mitarbeiter mehr beschäftigen.» Gärtnereibesitzer Kurt Strickler, der für die Gemeinde Richterswil ZH den Friedhof pflegt, doppelt nach: «So entlauben wir den ganzen Friedhof in zwei Stunden; früher benötigten wir dafür einen ganzen Tag.»
Schweiz kennt keine Lärmgrenzwerte für Laubbläser
Wo ein Sparpotenzial an Geld und Zeit besteht, geraten Gesundheits- und Umweltschutz ins Hintertreffen. Für Laubbläser existieren in der Schweiz keine Lärmgrenzwerte; im Gegensatz zu Deutschland muss der Hersteller nicht einmal deklarieren, wie viel Krach seine Geräte verursachen. Auch der Gebrauch des umwelt- und gesundheitsschädigenden Gemischs für Zweitaktmotoren ist nicht verboten, obwohl es Alternativen gibt (siehe Kasten). Experte Straehl kann nur hoffen, dass sein Rat auf offene Ohren stösst: «Wir empfehlen, wenn möglich auf diese Geräte zu verzichten.»
Laub schützt den Boden
Unnötig und schädlich ist der Einsatz von Laubbläsern in Privatgärten. Um das Laub auf den Wegen und dem Sitzplatz zu entfernen, reichen Besen und Rechen. In Beeten und unter Gebüschen sollte das Laub liegen bleiben, denn es hat eine ökologische Funktion: Die Blätterdecke ist der Lebensraum von Kleintieren, die für den natürlichen Stoffkreislauf wichtig sind. Zudem schützt das Laub den Boden vor dem Austrocknen und vor extremen Temperaturen.
Wer trotzdem nicht auf einen Laubbläser verzichten will, benützt besser ein Elektrogerät. Selbst wer bereits eine Zweitaktmaschine besitzt, kann noch etwas für Gesundheit und Umwelt tun: Er verwendet schadstoffarmes Alkylat-Benzin. Dieses ist zwar mit einem Preis von rund 4 Franken pro Liter teurer als das herkömmliche Zweitaktgemisch, dafür enthält es bis zu 500-mal weniger Benzol.