Kickbacks: Auch Versicherungskunden haben Anspruch
Banken und Vermögensverwalter müssen Kickbacks oder Retrozessionen an die Kunden weitergeben. Das gilt auch für die Kunden von Versicherungsbrokern.
Inhalt
saldo 09/2013
15.05.2013
Max Fischer
Beim Verwalten der Vermögen ihrer Kunden kassieren Banken und Vermögensverwalter verdeckte Vergütungen – etwa von Fonds, deren Anteile sie für die Anleger kaufen. Diese Kickbacks oder Retrozessionen müssen sie an die Kunden weiterleiten, sofern diese nicht ausdrücklich darauf verzichtet haben. Das hat das Bundesgericht in mehreren Entscheiden bestätigt.
Die Urteile sind auf alle Auftragsverhältnisse anwendbar. Auftraggeber haben Anspru...
Beim Verwalten der Vermögen ihrer Kunden kassieren Banken und Vermögensverwalter verdeckte Vergütungen – etwa von Fonds, deren Anteile sie für die Anleger kaufen. Diese Kickbacks oder Retrozessionen müssen sie an die Kunden weiterleiten, sofern diese nicht ausdrücklich darauf verzichtet haben. Das hat das Bundesgericht in mehreren Entscheiden bestätigt.
Die Urteile sind auf alle Auftragsverhältnisse anwendbar. Auftraggeber haben Anspruch, dass der Auftragnehmer allein in ihrem Interesse handelt. Damit dies gewährleistet ist, darf er keine Kickbacks von Dritten entgegennehmen, ohne dies dem Kunden offenzulegen und an ihn weiterzuleiten. Das leuchtet etwa bei einem Auftrag an einen Anwalt jedem ein. Nur Banken und Versicherungen tun sich mit dieser Rechtslage schwer.
Der Zürcher Anwalt Rolf Kuhn bestätigt: «Die Bundesgerichtsurteile in Bezug auf die in der Finanzbranche ausgerichteten Retrozessionen sind auch in der Versicherungsbranche zu beachten.» Kuhn kennt sich aus: Er war in einem Prozess um Retrozessionen gegen eine Bank Anwalt der Klägerin.
Auftragsrecht: Der Broker muss Interessen des Kunden wahren
Wie sieht es aber bei Versicherungsbrokern aus? Sie spielen beim Vertrieb von Versicherungspolicen eine wichtige Rolle. Im Auftrag von Kunden suchen sie die Police mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis und beraten sie beim Abschluss von Versicherungsverträgen. Kuhn: «Ein Versicherungsbroker klärt die Bedürfnisse der Kunden ab und stellt ein geeignetes Versicherungsportfolio zusammen.» Diese Beratertätigkeit von Versicherungsbrokern falle wie auch jene von Banken und Vermögensverwaltern unter das Auftragsrecht.
Das hat für den Kunden grosse Vorteile: Der Beauftragte muss im Gegensatz zu einem Verkäufer die Interessen des Kunden wahren. Er hat ein Anrecht auf ein Honorar des Kunden, muss umgekehrt aber alle in Zusammenhang mit dem Auftrag erhaltenen Vergütungen herausgeben. Sinn und Zweck dieser Regelung: «Weil er alles abliefern muss, wird dem Beauftragten der Anreiz genommen, eigene Gewinninteressen über die Interessen des Auftraggebers zu stellen», so Kuhn.
Die Höhe der Vergütungen von Versicherungen an die Broker ist keine Bagatelle: Bei Lebensversicherungen kann sie eine Jahresprämie ausmachen, beim Abschluss eines Pensionskassenvertrages durch ein Unternehmen mehrere Zehntausend Franken. Der Kunde kann aber auch darauf verzichten und das Geld dem Broker überlassen. Dieser verzichtet dafür auf sein Honorar.
Verzicht des Kunden ist nur gültig, wenn ihm alle Zahlen bekannt sind
Laut Bundesgericht ist ein Verzicht des Kunden auf die Herausgabe der Vergütungen aber nur gültig, wenn er die Höhe der dem Beauftragten zugeflossenen Beträge kennt. Kuhn bestätigt: «Der Kunde muss wissen, nach welchen Kriterien die Retros und Kommissionen berechnet werden.» Und er muss wissen, auf welchen Betrag sich diese in etwa belaufen. Er muss also informiert werden, dass zum Beispiel 20 Prozent des jährlichen Prämienvolumens an den Broker gehen. Erst wenn dem Kunden diese Zahlen bekannt sind, kann er den Umfang der zu erwartenden Kickbacks erfassen. Erfolgt keine Information, so ist der Verzicht ungültig.
Moritz Kuhn, Präsident der Branchenorganisation Swiss Insurance Brokers Association, bestreitet diese Rechtslage nicht grundsätzlich, sagt aber: «Der Versicherungsnehmer weiss, dass er dem Broker nichts zahlen muss und dass der Broker vom Versicherer entschädigt wird. Damit verzichtet er stillschweigend auf die dem Broker vom Versicherungsunternehmen bezahlte Entschädigung.»
VZ Vermögenszentrum setzt auf offene Kundeninformation
Moritz Kuhn spricht längst nicht für alle Broker. Das Zürcher Beratungsunternehmen VZ Vermögenszentrum etwa setzt auf Transparenz und klare Vereinbarungen: Die Kunden können entscheiden, ob sie das VZ direkt mittels Honorar oder via Verzicht auf die Herausgabe der Versicherungsgelder entschädigen möchten. Sprecher Nicola Waldmeier: «Damit sich der Kunde entscheiden kann, informieren wir ihn über die Bandbreiten sowie den Mittelwert der Vergütungen – für jede einzelne Versicherungsbranche.» Einmal jährlich legt das VZ die Provisionen offen und setzt sie ins Verhältnis zum tatsächlich im Zusammenhang mit dem Auftrag des Kunden entstandenen Stundenaufwand.
Auch im Privatkundengeschäft informiert das VZ über die Bandbreite der zu erwartenden Courtage pro Versicherungsbranche.