Kalzium: Kein Schutz vor Knochenbrüchen
Eine umfangreiche Studie kommt zum ernüchternden Schluss: Kalziumpräparate bringen wenig. Sie steigern nur das Risiko für Nierensteine.
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saldo 6/2006
29.03.2006
Silvia Baumgartner
Viele Frauen nehmen besonders nach der Menopause Kalzium-und Vitamin-D3 -Präparate zu sich und hoffen, so Knochenbrüchen im Alter vorzubeugen. Doch neuste Resultate einer Studie der US-amerikanischen Women's Health Initiative setzen hinter den Nutzen ein Fragezeichen: Bei gesunden Frauen nach der Menopause vermögen sie zwar die Knochendichte etwas zu verbessern, doch die Zahl der Brüche blieb in der Studie praktisch dieselbe.
Über sieben Jahre Frakturen von 36000 Frauen erfas...
Viele Frauen nehmen besonders nach der Menopause Kalzium-und Vitamin-D3 -Präparate zu sich und hoffen, so Knochenbrüchen im Alter vorzubeugen. Doch neuste Resultate einer Studie der US-amerikanischen Women's Health Initiative setzen hinter den Nutzen ein Fragezeichen: Bei gesunden Frauen nach der Menopause vermögen sie zwar die Knochendichte etwas zu verbessern, doch die Zahl der Brüche blieb in der Studie praktisch dieselbe.
Über sieben Jahre Frakturen von 36000 Frauen erfasst
Über 36000 Frauen zwischen 50 und 79 Jahren nahmen an der Untersuchung teil. Eine Gruppe erhielt Kalzium- und Vitamin-D3 -Präparate, die andere nur Placebos. Während sieben Jahren erfassten die Autoren die Frakturen, welche die Frauen erlitten. Das Resultat: Während in der Placebo-Gruppe 16 von 10000 Frauen die Hüfte brachen, waren es nur zwei weniger in jener Gruppe, die Kalzium zu sich nahm.
Dagegen deckte die Studie auf, dass mit der Einnahme von Kalziumpräparaten das Risiko steigt, an Nierensteinen zu erkranken: In der Placebo-Gruppe waren 29 von 10000 Frauen betroffen, in der anderen 34.
Novartis, Hersteller des in der Schweiz am zweithäufigsten verkauften Kalziumpräparats Calcium-Sandoz, schränkt das Resultat ein: «Zahlreiche Wissenschafter kritisieren die Studie, weil sie Variablen wie die mögliche unregelmässige Einnahme der Supplemente nicht berücksichtigt hat.» Deshalb könne sie die Frage nach dem Nutzen von zusätzlichen Kalzium- und Vitamin-D3 -Präparaten nicht klar beantworten. Das erhöhte Risiko, an Nierensteinen zu erkranken, relativiert der Pharmariese ebenfalls: Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen sei so gering, dass daraus kein erhöhtes Risiko abgeleitet werden könne.
Dem fragwürdigen Nutzen zum Trotz sind Kalziumpräparate ein Verkaufsrenner: Bei der Migros gehören sie gemäss Eigenangaben zu den «meistverkauften Produkten im Gesundheitssortiment, mit steigender Nachfrage». Und: Gemäss der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2002 nimmt knapp ein Fünftel der Gesamtbevölkerung Vitamin- und Mineralstoffpräparate zu sich.
Genug Kalzium dank richtiger Ernährung
Wer sich richtig ernährt, braucht keine Kalziumzusätze.
Kalziumreich sind insbesondere Milchprodukte, Tofu, Mandeln, Broccoli und weisse Bohnen. Auch im Mineralwasser hat es viel Kalzium.
Damit das Kalzium aufgenommen werden kann, braucht es Vitamin D. Es ist in Fischen, Pilzen, Eiern und Käse enthalten.
Am besten verteilt man die Kalziumaufnahme über den Tag, da die Aufnahmekapazität begrenzt ist. Von Vorteil ist eine kalziumhaltige Spätmahlzeit, zum Beispiel ein Glas Milch vor dem Schlafengehen. Und: Krafttraining stärkt die Knochen.