Individuell abrechnen ist nicht immer günstiger
Werden Heizkosten individuell abgerechnet, lohnt sich umweltbewusstes Verhalten. Allerdings dämpfen die Ablesegebühren den finanziellen Spareffekt.
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Haus & Garten 4/2006
27.09.2006
STEFAN CHRISTEN
Die Zimmertemperatur ein Grad tiefer einstellen als bisher; im Winter nur kurz, dafür intensiv lüften; nachts die Fensterläden schliessen; Temperaturen bei längerer Abwesenheit reduzieren. Das sind die gängigen Tipps für Leute, die den Energieverbrauch in ihrem Zuhause senken wollen.
Finanziell zahlt sich dies für den Einzelnen dann aus, wenn die Kosten für Warmwasser und Heizwärme individuell abgerechnet werden - mit der so genannten verbrauchsabhängigen Heiz- und Warmwasserkos...
Die Zimmertemperatur ein Grad tiefer einstellen als bisher; im Winter nur kurz, dafür intensiv lüften; nachts die Fensterläden schliessen; Temperaturen bei längerer Abwesenheit reduzieren. Das sind die gängigen Tipps für Leute, die den Energieverbrauch in ihrem Zuhause senken wollen.
Finanziell zahlt sich dies für den Einzelnen dann aus, wenn die Kosten für Warmwasser und Heizwärme individuell abgerechnet werden - mit der so genannten verbrauchsabhängigen Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung (VHKA, siehe Kasten). Viele Verwaltungen berechnen diese Kosten noch aufgrund der Wohnfläche. Die VHKA hingegen trägt dem individuellen Heizverhalten Rechnung: Sie belohnt die Sparsamen mit tieferen Nebenkosten.
Das Verursacherprinzip sei «der Dreh- und Angelpunkt in der Energiepolitik», sagt Michael Töngi vom Deutschschweizer Mieterverband, der sich angesichts der hohen Ölpreise wieder vermehrt für die VHKA starkmacht. Das heisst: Wenn etwa Lenkungsabgaben wie die vom Bundesrat geplante CO2-Abgabe auf fossilen Brennstoffen greifen sollen, muss gleichzeitig auch profitieren, wer sparsam mit Energie umgeht.
In Altbauten dürfen Eigentümer entscheiden
Heute gilt die VHKA in den meisten Kantonen nur für neuere Bauten. In bestehenden Wohnhäusern ist es den Eigentümern überlassen, ob sie die nötige Infrastruktur für die VHKA nachrüsten wollen. Viele Verwaltungen zieren sich, denn Einbau und Betrieb der Messgeräte in Altbauten sind nicht gerade billig.
Trotzdem kann die Rechnung aufgehen, wie eine Berechnung des Mieterverbandes zeigt: Die Installation der Ablesegeräte in einer durchschnittlichen 31/2-Zimmer-Wohnung mit vier Radiatoren kostet rund 300 Franken, also etwa 75 Franken pro Heizkörper. Dazu kommen 40 bis 50 Franken für Thermostatventile - ohne sie macht eine VHKA wenig Sinn.
Diese Investition ist Sache des Hauseigentümers. Er kann sie aber auf den Mietzins überwälzen - was einen Aufschlag auf die Jahresmiete von kaum mehr als 70 Franken ausmachen sollte. In die Nebenkosten gehört hingegen der Betriebsaufwand für die VHKA. Das sind die jährlichen Ablesekosten, die je nach Umfang variieren können (Wärmeverbrauch pro Wohnung ermitteln und abrechnen, Wartung, Unterhalt und Service der Erfassungsgeräte usw.).
Die Mehrkosten für Mieter belaufen sich in diesem Beispiel gesamthaft auf knapp 100 Franken jährlich. Mit der VHKA lassen sich laut Schätzungen des Verbandes für Wärme- und Warmwasserkostenabrechnung (SVW) in Altbauten etwa 14 Prozent Heizenergie einsparen. Bei einem Ölpreis von 80 Franken pro 100 Liter ergibt dies ein Sparpotenzial von rund 160 Franken. Unter dem Strich würde der Mieter also immer noch profitieren. Je nach Anzahl der nachzurüstenden Heizkörper fressen die Installations- und Ablesegebühren die Einsparungen aber wieder auf.
Trotzdem rät der Mieterverband, die VHKA einzufordern. Michael Töngi: «Am besten sitzt man mit dem Vermieter zusammen, bittet ihn, eine Offerte einzuholen - und entscheidet dann.»
Weitere Infos
- www.svw-asc.ch: Verband für Wärme- und Wasserkostenabrechnung, ein Zusammenschluss spezialisierter Fachfirmen, Tel. 081 785 16 10.
- www.bfe.admin.ch: In der Publikationsdatenbank des Bundesamtes für Energie sind eine Info-Broschüre sowie ein Abrechnungsmodell zur verbrauchsabhängigen Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung verfügbar. Bestellung/Download im Internet oder Tel. 031 322 56 11.
Individuelle Abrechnung: Fakten und Tipps
- Neubauten: Die verbrauchsabhängige Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung (VHKA) ist obligatorisch für neue Mehrfamilienhäuser mit mehr als fünf Wohnungen. Einige Kantone haben diese Zahl auf vier, sechs oder sieben Wohnungen festgelegt. Nur wenige Kantone schreiben für bestehende Bauten eine verbrauchsabhängige Abrechnung vor.
- Thermostatventile: Sie regulieren die Raumlufttemperatur. So ist es möglich, die Raumtemperatur individuell einzustellen. Installiert man Mess- und Ablesegeräte, montiert man üblicherweise auch Thermostatventile.
- Messsysteme: Der individuelle Heizwärmeverbrauch einer Wohnung wird mit zwei verschiedenen Methoden gemessen. Die vorwiegend elektronischen Heizkostenverteiler werden auf jedem Heizkörper montiert und zeigen die Wärmeabgabe an. Wärmezähler sind dagegen Messinstrumente, die in den Wohnungsheizkreis installiert werden und den Wärmeverbrauch messen. Voraussetzung sind gesonderte Heizleitungen für jede einzelne Wohnung.
Auch für den Warmwasserkonsum pro Wohnung gibt es zuverlässige Messgeräte. Gerade beim Wasser ist das Sparpotenzial enorm: Bis zu zehnmal mehr Wasser verbrauchen Verschwender. Und wer die Heizung möglichst aufdreht, benötigt bis zu viermal mehr Heizenergie.
- Zum Teil individuell: Die Heiz- und Warmwasserkosten werden auch bei der VHKA nicht einzig nach dem pro Wohnung gemessenen Verbrauch berechnet. 30 bis 50 Prozent Grundkosten (etwa Kaminfeger, Strom für Brenner und Pumpen, Wartung und Unterhalt) hängen nicht vom reinen Verbrauch an Heizenergie ab. 50 bis 70 Prozent der Heiz- und Warmwasserkosten werden also verbrauchsabhängig abgerechnet. Wer sparsam heizt, wird dennoch teilweise belohnt.