Heizung: Mieter zahlen zu viel Nebenkosten
Der Winter war streng und das Heizöl teuer. Das freut die Liegenschaftsverwaltungen. Denn: Hohe Heizkosten steigern ihr Verwaltungshonorar. Das Nachsehen haben die Mieter.
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saldo 10/2013
29.05.2013
Thomas Lattmann
Gut drei Dutzend Mieter eines Mehrfamilienhauses in Affoltern am Albis ZH bezahlten für die Nebenkosten im Jahr 2009 insgesamt 166 300 Franken. Die Liegenschaftenverwaltung Livit belastete zusätzlich 4,842 Prozent dieses Betrages als Honorar für die Erstellung der Nebenkostenabrechnung. Das kostete die Mieter weitere 8052 Franken.
Das war den meisten Bewohnern des Hauses dann doch zu viel. Sie waren nicht bereit, die Pauschale von 4,5 Prozent der Nebenkosten plus Meh...
Gut drei Dutzend Mieter eines Mehrfamilienhauses in Affoltern am Albis ZH bezahlten für die Nebenkosten im Jahr 2009 insgesamt 166 300 Franken. Die Liegenschaftenverwaltung Livit belastete zusätzlich 4,842 Prozent dieses Betrages als Honorar für die Erstellung der Nebenkostenabrechnung. Das kostete die Mieter weitere 8052 Franken.
Das war den meisten Bewohnern des Hauses dann doch zu viel. Sie waren nicht bereit, die Pauschale von 4,5 Prozent der Nebenkosten plus Mehrwertsteuer für die Abrechnung zu zahlen. Vor der Schlichtungsbehörde kam es zu keiner Einigung. Schliesslich wandte sich eine Mieterin ans Mietgericht des Bezirks Affoltern. Dieses reduzierte im letzten September die «deutlich übersetzte» Pauschale auf 3 Prozent. Das Gericht kam sogar zum Schluss, dass der effektive Aufwand der Liegenschaftsverwaltung für die Rechnungsstellung im Jahr 2009 nur rund 1,5 Prozent betragen hatte.
Nebenkosten häufig pauschal, nicht nach Aufwand verrechnet
Vielen Mietern schlagen die Hauseigentümer oder Liegenschaftsverwaltungen für die Verwaltung und Heizkostenabrechnung pauschal einen Prozentsatz der Nebenkosten auf die Rechnung. Eine Abrechnung über den damit verbundenen Zeitaufwand fehlt. Dieses Vorgehen rentiert sich für die Verwaltungen: Dank der gestiegenen Heizölpreise strichen sie im letzten Jahr wieder mehr Geld für dieselbe Tätigkeit ein. Im Jahr 2000 zahlten sie für 100 Liter Heizöl noch rund 40 Franken. Letzten Winter kostete die gleiche Menge Heizöl bis zu 120 Franken.
Der letzte Winter war besonders kalt und lang. Bis Ende März lag die Zahl der Heizgradtage rund 10 Prozent über dem Vorjahr. Das heisst: Die Mieter müssen sich auf eine hohe Nebenkostenrechnung gefasst machen (siehe Kasten) – und die Verwaltungen profitieren davon.
Üblicher Ansatz liegt laut Hauseigentümerverband bei 3 Prozent
Die massgebliche Verordnung sieht vor, dass diese Kosten den Mietern «nach Aufwand oder im Rahmen der üblichen Ansätze» weiterbelastet werden dürfen. Aufgrund dieser unklaren Bestimmung ist umstritten, welcher Prozentsatz der Nebenkosten für die Rechnungsstellung angemessen ist. Der Schweizerische Verband der Immobilienwirtschaft schreibt: «In der Schweiz gelten meist 3,5 bis 5 Prozent als üblicher Ansatz.» Thomas Oberle, Jurist beim Hauseigentümerverband der Schweiz, widerspricht: Ortsüblich sind nach seinen Erfahrungen 3 Prozent, mit Ausnahme der Kantone Genf und Aargau, wo 4 Prozent verbreitet seien. Höheren Aufwand müssten die Verwaltungen belegen können.
Bundesrat hätte es in der Hand, Klarheit zu schaffen
Peter Macher vom schweizerischen Mieterverband bestätigt diese Aussagen. Trotzdem komme es häufig vor, dass Verwaltungen höhere Pauschalsätze verlangten. Wegen der für den einzelnen Mieter geringen Beträge gehen diese selten dagegen vor Gericht. Neben dem Mietgericht Affoltern pfiffen aber im letzten Jahr auch andere Gerichte eingeklagte Verwaltungen zurück. So reduzierten etwa das Obergericht des Kantons Nidwalden und das Kantonsgericht St. Gallen die Pauschalen von 4,5 auf 3 Prozent. «Klarheit könnte eine Bestimmung in der Verordnung geben, welche die zulässigen Pauschalsätze festhält», fordert Macher. Zuständig dafür ist der Bundesrat.
Nebenkosten: So kontrollieren Sie die Abrechnung
In den nächsten Monaten erhalten die meisten Mieter ihre jährliche Nebenkostenabrechnung. Überprüfen Sie die einzelnen Ansätze:
- Als Nebenkosten in Rechnung stellen dürfen Vermieter nur Ausgaben, die mit der Benutzung einer Wohnung oder von Gewerberäumen zusammenhängen. Beispiel: TV-Gebühren, Abwartskosten, Betriebskosten für den Lift oder Kehrichtgebühren. Mieter müssen nur jene Nebenkosten separat zahlen, die im Mietvertrag ausdrücklich erwähnt sind. Der Rest ist im Mietzins inbegriffen. Ausnahme: Unter dem Titel Heizung und Warmwasser darf der Vermieter ohne spezielle Erwähnung weitere Kosten in Rechnung stellen, die mit Heizung und Warmwasser im Zusammenhang stehen. Etwa Strom zum Betrieb von Brennern und Pumpen, die Reinigung der Heizungsanlage, die periodische Revision der Heizungsanlage sowie die Boilerentkalkung.
- Nicht als Nebenkosten belasten darf der Vermieter Ausgaben, die ohnehin anfallen: Liegenschaftssteuern oder Prämien für die Gebäude- und Haftpflichtversicherung (Ausnahme: Versicherung der Heizung). Auch nicht belasten darf er den Aufwand für den ordentlichen Unterhalt wie Reparaturen sowie Anschaffung und Ersatz von Geräten oder etwa Zahlungen in einen Erneuerungsfonds.
- Kostenschätzung: Bei den Heizkosten können Mieter eine grobe Einschätzung vornehmen: Laut dem Mieterinnen- und Mieterverband werden im schweizerischen Durchschnitt pro Jahr und Quadratmeter Wohnfläche 15 Liter Heizöl verbraucht. Für den Winter 2012/13 können Mieter von einem Literpreis von 1 Franken bis Fr. 1.20 ausgehen. Bei einer 100 Quadratmeter grossen Wohnung wären das Heizkosten von 1500 bis 1800 Franken pro Jahr.
- Sind die Heizkosten viel höher als die Kostenschätzung oder sind andere Positionen im Vergleich zum Vorjahr deutlich höher ausgefallen, kann sich eine Kontrolle der Belege beim Vermieter lohnen. Dieser muss den Mietern Einsicht gewähren. Zudem haben Mieter das Recht auf Kopien – auf eigene Kosten.
- Wer mit der Nebenkostenabrechnung nicht einverstanden ist, teilt dies dem Vermieter eingeschrieben mit und verlangt eine neue Abrechnung. Oft steht auf der Abrechnung, dass eine Beanstandung innert 30 Tagen zu melden ist. Diese Frist ist rechtlich nicht haltbar, auch spätere Reklamationen sind möglich.
- Lenkt der Vermieter nicht ein, können sich Mieter an die örtliche Schlichtungsstelle für Mietsachen wenden und eine korrigierte Nebenkostenabrechnung verlangen (www.mietrecht.ch). Wer irrtümlich nicht geschuldete Nebenkosten bezahlt hat, kann diese für die letzten zehn Jahre zurückfordern. Die Rückforderung muss jedoch innerhalb eines Jahres nach Bemerken des Irrtums erfolgen.
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