Günstiger zum neuen Auto
Mit oft überflüssigem Zubehör verteuern Schweizer Importeure ihre Modelle. Das gleiche Auto ohne Schnickschnack kostet beim Direktimporteur mehrere Tausender weniger.
Inhalt
K-Geld 1/2005
02.02.2005
Schweizer Autoimporteure versuchen mit einem Trick, ihre europaweiten Höchstpreise den Kunden gegenüber zu rechtfertigen: Sie statten ihre Neuwagen umfangreicher aus als ihre Kollegen in den Herkunftsländern.
Oft wird unter Phantasienamen wie Challenge oder Maestro eine Schweizer Sonderedition auf den Markt gebracht. Diese enthält dann tatsächlich einige Features, die schnell einem Gegenwert von mehreren tausend Franken entsprechen.
Die Frage ist: Will der Kons...
Schweizer Autoimporteure versuchen mit einem Trick, ihre europaweiten Höchstpreise den Kunden gegenüber zu rechtfertigen: Sie statten ihre Neuwagen umfangreicher aus als ihre Kollegen in den Herkunftsländern.
Oft wird unter Phantasienamen wie Challenge oder Maestro eine Schweizer Sonderedition auf den Markt gebracht. Diese enthält dann tatsächlich einige Features, die schnell einem Gegenwert von mehreren tausend Franken entsprechen.
Die Frage ist: Will der Konsument all dieses Zubehör? Klar, lautet die Standardantwort der Autoimporteure, «unsere Marktanalysen zeigen, dass die Mehrheit der Schweizer Kunden überdurchschnittlich ausgestattete Autos verlangt.»
Die Wahrheit sieht anders aus: Die meisten Automobilisten können den Nutzen solcher Features gar nicht genau beurteilen.
Der Autokäufer sollte sich deshalb sehr gut überlegen, welche Extras er tatsächlich benötigt. Hat er irgendwelche Features bei seinem alten Wagen vermisst? Und vor allem: Würde er sie zu diesem Preis auch kaufen, wenn er sie einzeln erwerben müsste? Bis anhin musste der Neuwagenkäufer einfach akzeptieren und bezahlen, was die offiziellen Markenimporteure anboten. Mit den Direktimporten ändert das jetzt.
Golf V TDI 2.0: Fast 4000 Franken Ersparnis
K-Geld machte die Probe bei drei Fahrzeugen von drei verschiedenen Herstellern:
P VW-Importeurin Amag verlangt für ihren Golf V TDI 2.0 Comfortline Fr. 34 330.-. Bei Jütten & Koolen, dem deutsch-holländischen Marktführer für Direktimporte mit einer Niederlassung in Nassenwil ZH, kostet das gleiche Fahrzeug Euro 19 062.-.
Dazu kommen Euro 300.- für das Überführen des Wagens nach Nassenwil sowie Euro 325.- für das Vorführen in der Schweiz. Total: Euro 19 687.- oder rund Fr. 30 500.-. Ersparnis: rund Fr. 3800.-.
Nicht enthalten sind in der deutschen Ausführung ein höhenverstellbarer Beifahrersitz, Klimaanlage und ein Radio mit CD-Player.
Eine Klimaanlage und eine Autostereoanlage mit gutem Sound sind im Handel für insgesamt rund Fr. 1000.- erhältlich. Auf den höhenverstellbaren Beifahrersitz können wohl die meisten Autokäufer verzichten, wenn sie dafür Fr. 2800.- sparen.
- Mercedes offeriert seine Limousine C 320 Classic für Fr. 62 400.-. Bei Jütten & Koolen gibts das gleiche Modell für Fr. 49 500.-. Das heisst: Der Käufer spart fast Fr. 13 000.-.
Das Schweizer Modell ist im Gegensatz zur deutschen Version aber nicht hand-geschaltet, sondern serienmässig mit einem 5-Gang-Automatikgetriebe mit Tippschaltung ausgerüstet. Die offiziellen Schweizer Mercedes-Vertreter verkaufen das handgeschaltete Modell gar nicht. Der Käufer hat also keine Wahl.
Der Direktimporteur liefert den Wagen handgeschaltet oder mit Automatik. Wer sich für den Automaten entscheidet, zahlt rund Fr. 2800.- Aufpreis. Die Preisdifferenz zum Schweizer Modell beträgt somit immer noch über Fr. 10 000.-.
Für diesen Mehrbetrag gibts beim Mercedes eine Radio-CD-Anlage, eine so genannte Durchlademöglichkeit, 100 000-Kilometer-Gratisservice sowie drei statt zwei Jahre Garantie.
So verlockend das Serviceangebot sich auch anhört: Die Service-Intervalle werden bei modernen Autos immer grösser. Diese Kosten fallen deshalb immer weniger ins Gewicht.
- Der Skoda Octavia 1.9 TDI Ambiente Kombi kostet bei Importeurin Amag Fr. 30 310.-. Bei Jütten & Koolen rund Fr. 29 200.-. Das heisst: rund Fr. 1100.- gespart!
Direktimporteur: Die Extras wählt der Kunde selber
Die Schweizer Variante hat folgende Extras: Innenrückspiegel mit automatischer Abblendung, Regensensor, Leichtmetallfelgen, schwarze Dachreling, minimale Telefonvorbereitung, Funkfernbedienung für die Zentralverriegelung, Brillenfach, Aussenspiegel mit Einsteigebeleuchtung und beheizbare Vordersitze.
Viele Details. Aber sind die wirklich nötig? Wer beim Direktimporteur kauft, kann selbst entscheiden, welche Extras er will und welche nicht. Beim offiziellen Importeur ist das nicht der Fall.
Diese drei Beispiele zeigen: In einem abgeschotteten Markt mit kartellähnlichen Zuständen hatten die Schweizer Autoimporteure leichtes Spiel. Wen wunderts da, dass Walter Haefner von der Amag, Walter Frey von der Emil-Frey-Gruppe und bis zu ihrer Pleite Ende 2003 auch die Winterthurer Erb-Familie (Hyundai, Suzuki und Mitsubishi) vielfache Millionäre wurden.
Doch die paradiesischen Zustände für die Importeure sind vorbei. Die neue Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) im Rahmen des EU-Wettbewerbsrechts unterbindet Kartellabsprachen der Hersteller und sorgt für mehr Wettbewerb im internationalen Autohandel.
Auch die Schweizer Wettbewerbskommission Weko zog nach, öffnete den Automarkt und erlaubt nun Direktimporte. Das bedeutet: Jeder Private und jeder Händler kann seinen Wagen kaufen, wo er will, und dabei eine Menge Geld sparen.
Auch innerhalb der EU grosse Preisunterschiede
Das zeigt auch der jüngste Bericht der EU-Kommission zu den Autopreisen. Zweimal jährlich veröffentlicht sie einen Preisindex der meistverkauften PWs: Obwohl das Preisgefälle zwischen den Teilnehmerländern kleiner geworden ist, gibts bei 25 der untersuchten 90 Modelle noch immer Preisunterschiede von über 20 Prozent (Stand: Mai 2004). Preiswertestes Land in der Eurozone ist Finnland.
In den neuen EU-Staaten sind Neuwagen im Schnitt noch günstiger als im Euro-Währungsgebiet. Die tiefsten Preise findet der Käufer in Polen - im Durchschnitt liegen sie 9 Prozent unter dem finnischen Niveau. Die EU-Kommission hat die 90 meistverkauften Autos von 18 europäischen und 8 japanischen Herstellern geprüft.
Für Schweizer fällt der Vergleich mit den preiswertesten EU-Fahrzeugen ernüchternd aus. Bei den Angaben handelt es sich um Nettopreise, hinzu kommen unter anderem 7,6 Prozent Schweizer Mehrwertsteuer, 4 Prozent Autosteuer sowie die Überführung:
- Ein Toyota Yaris kostet in Polen Fr. 10 737.-, in der Schweiz Fr. 15 600.-.
- Ein VW Golf, 75 PS, kostet in Finnland Fr. 15 803.-, in der Schweiz Fr. 24 950.-.
- Ein Renault Espace 2.0 ist in Litauen für Fr. 30 809.- zu haben, in der Schweiz für Fr. 37 600.-.
Direktimporteure wie Jütten & Koolen profitieren von diesen Preisunterschieden. Sie kaufen die Autos zu günstigen Bedingungen auf dem EU-Markt ein.
Schweizer können aber auch selber ein Auto in der EU kaufen (etwa unter www. autoprice.de). Nur müssen sie den Transport des Fahrzeugs aus dem Bezugsland in die Schweiz selber organisieren und sich auch mit dem zolltechnischen Papierkrieg in den diversen Ländern abmühen.
Einfacher ist da der Gang zu einem in der Schweiz ansässigen Direktimporteur. Oder allenfalls der Weg über die Grenze nach Süddeutschland. Zumindest bei den hier als Beispiele verglichenen Wagen zeigte sich jedoch: Der Autokauf beim Direktimporteur in der Schweiz ist günstiger als der Eigenimport aus Deutschland (siehe Tabelle, Infos unter www. zoll.admin.ch).
Fazit: Überlegen Sie vor dem nächsten Autokauf genau, welches Zubehör Sie wirklich benötigen. Notieren Sie die gewünschten Extras. Und holen Sie dann beim offiziellen Importeur, bei einem Direktimporteur sowie einem Händler in Süddeutschland eine Offerte ein.
(sa)