Ethik-Banken: Der Ausweg für enttäuschte Grossbank-Kunden
Die zwei alternativen Banken der Schweiz bieten ihren Kunden Sinn- statt Gewinnmaximierung. K-Geld zeigt die Vor- und Nachteile auf.
Inhalt
K-Geld 05/2009
18.10.2009
Letzte Aktualisierung:
20.10.2009
Bernhard Bircher
Peter Stutz aus Thun BE erlebte letztes Jahr eine herbe Enttäuschung: Die UBS, die Freie Gemeinschaftsbank in Basel, die Berner Kantonalbank, die Spar- und Leihkasse Münsingen sowie die Bank Coop erteilten ihm allesamt eine Abfuhr. Stutz wollte mit Hilfe einer dieser Banken eine Solaranlage für 1,2 Millionen Franken bauen. Sein Plan: Den sauber erzeugten Strom an Elektrizitätswerke verkaufen.
«Das in dieser Form neuartige Projekt war den angefragten Banke...
Peter Stutz aus Thun BE erlebte letztes Jahr eine herbe Enttäuschung: Die UBS, die Freie Gemeinschaftsbank in Basel, die Berner Kantonalbank, die Spar- und Leihkasse Münsingen sowie die Bank Coop erteilten ihm allesamt eine Abfuhr. Stutz wollte mit Hilfe einer dieser Banken eine Solaranlage für 1,2 Millionen Franken bauen. Sein Plan: Den sauber erzeugten Strom an Elektrizitätswerke verkaufen.
«Das in dieser Form neuartige Projekt war den angefragten Banken zu riskant», sagt Stutz. Seine ehemalige Hausbank UBS habe ihm sofort abgesagt. Von den anderen Banken erhielt er zwar Kreditzusagen auf Beraterebene. «Die Geschäftsleitungen der Banken versagten mir dann aber den Kredit.»
Stutz gelangte auch an die Alternative Bank Schweiz (ABS) in Olten SO. Die 1990 durch Hilfswerke und Bankenkritiker gegründete ABS gewährte Stutz einen Förderkredit von 570'000 Franken. «Der Zins für den ABS-Förderkredit ist 0,25 Prozent tiefer als bei den andern angefragten Instituten», sagt Stutz. Wie bei allen Banken richtete sich die Höhe des Zinses auch bei der ABS nach dem Projektrisiko, der Zahlungsfähigkeit des Kunden und den vorhandenen Sicherheiten. Ein ABS-Förderkredit ist somit nicht in jedem Fall billiger als bei anderen Banken.
Zinsverzicht ermöglicht Förderkredite
Insgesamt kennt die ABS neun Kategorien, bei denen sie Kredite mit vergünstigtem Zins vergibt. Dazu zählen alternative Energien, biologische Landwirtschaft oder soziale Projekte. Kredite mit Vorzugszins kann die Bank nur dank des freiwilligen Zinsverzichts ihrer Kunden anbieten.
Die ABS bietet zudem die üblichen Dienstleistungen einer Spar- und Kreditbank an – neben Vorsorge-, Freizügigkeits- und Sparkonten gibt es Hypotheken, Kassenobligationen, Maestro-Karte, Online-Banking, ein Wertschriftendepot sowie sechs Öko- und Ethik-Fonds. Die Fonds bewirtschaften aber die Bank Sarasin und die Raiffeisengruppe. Riskante Renditevehikel wie strukturierte Produkte führt die ABS nicht im Angebot.
Finanzierung durch Spargelder der Kunden
Der ABS-Geschäftsleitungs- vorsitzende Sven Thali sagt zur Finanzierung: «Die Bank finanziert sich fast ausschliesslich aus Spargeldern ihrer Kunden.» Ein tiefer Fremdfinanzierungsgrad, keine Auslandgeschäfte sowie der Verzicht auf strukturierte Finanzprodukte erwiesen sich für die ABS als Königsweg: Sie steigerte 2008 ihre Bilanzsumme – im Vergleich zum Vorjahr – um 8,9 Prozent auf 842 Millionen Franken. Der Bruttogewinn stieg um 8 Prozent auf 6,9 Millionen Franken.
Aufgrund des Kundenansturms hat die ABS Luxusprobleme: Sie findet nicht genügend Möglichkeiten, Neugelder nach den eigenen, strengen Auswahlkriterien anzulegen. Sie ist gezwungen, Kapital bei der Raiffeisengruppe und bei Kantonalbanken zu «parkieren».
René Zeyer, Finanzjournalist und Sprecher der «Schutzgemeinschaft der Lehman-Anlageopfer», sagt über die Geschäftspolitik: «Eigentlich hat die Bank alles richtig gemacht: Die ABS hat nicht im virtuellen Spielcasino gezockt und benötigte keine Staatshilfe. So schön könnte modernes Banking sein, wenn sich eine Bank auf ihre eigentliche Funktion beschränkt: Geld entgegennehmen und Geld verleihen.» Die ABS bleibt trotzdem ein Nischenplayer: Ihr Marktanteil beträgt in der Schweiz weniger als ein Prozent. Alle von der ABS erteilten Kredite werden jährlich im Anhang zum Geschäftsbericht mit Details wie Namen, Betrag und Verwendungszweck veröffentlicht.
ABS hält Mass bei den Cheflöhnen
Auch bei den Löhnen zeigt die ABS Transparenz: Chef Thali verdiente im letzten Jahr 186 234 Franken brutto. Das Verhältnis zwischen dem Mindestlohn und dem höchsten Lohn beträgt maximal 1:5. Zum Vergleich: Der 2008 amtierende UBS-Chef Marcel Rohner kassierte im Krisenjahr laut UBS-Geschäftsbericht 1,815 Millionen Franken. Das ist das 36-Fache des UBS-Mindestlohnes für Bankangestellte, der bei 50’000 Franken liegt.
Im Gegensatz zur UBS fielen bei der kleinen ABS bisher immer Gewinne an. Lediglich im Zinsgeschäft hat die Finanzkrise ihre Spuren bei der ABS hinterlassen – sie senkte wie andere Banken auch ihre Zinsen (siehe Tabelle im pdf-Artikel). Sowohl für die Geldvergabe als auch für Neugelder hat die ABS klare Kriterien: Unversteuerte Gelder sind unerwünscht. Jeder neue Kunde unterschreibt im Sinne einer moralischen Verpflichtung, dass sein Geld rechtmässig erworben und versteuert ist.
Eine Prüfung der Steuererklärung und der historischen Geldflüsse eines Neukunden sei aus gesetzlichen und praktischen Gründen aber nicht machbar, gesteht die ABS auf Anfrage ein. Am Fiskus vorbeigeschleustes Schwarzgeld kann somit theoretisch auch bei der ABS ruhen.
Konkurrenz aus Kreisen der Steiner-Anhänger
Ein Nebenbuhler im Geschäft mit dem guten Gewissen ist die Freie Gemeinschaftsbank Basel. Das seit 25 Jahren existierende Finanzinstitut orientiert sich an der Lehre Rudolf Steiners, also an der Anthroposophie. Gemessen an den Kundeneinlagen, den Ausleihungen und den Beschäftigten ist die Bank aber rund viermal kleiner als die ABS. Die genossenschaftlich organisierte Bank zahlt im Vergleich zur ABS aber bessere Zinsen und kann teilweise sogar mit der UBS mithalten.
Tiefe Zinsen für normale Finanzprodukte
Banken mit hohen ethischen und ökologischen Massstäben haben einen grossen Nachteil: Die Zinsen für konventionelle Finanzprodukte sind wegen der verbilligten Förderkredite in der Regel tiefer als bei den «normalen» Banken. Neben den Zinsen gilt es aber auch die Gebühren im Auge zu behalten: Die ABS kassiert auf dem Kontokorrentkonto für jede manuelle Buchung 50 Rappen – Firmen mit vielen Transaktionen dürften sich Ende Jahr die Augen reiben. ABS-Marketingleiter Bruno Bisang sagt dazu: «Die Gebühren werden bei unserer Bank nach dem Verursacherprinzip erhoben.» Buchungen per Internet-Banking seien kostenlos, egal für welche Kontoart.