Einsprache gegen zu hohe Steuern: So gehts!
Gegen falsche Steuerbescheide kann man sich wehren. Doch gilt es, Fristen und Vorschriften einzuhalten. Nur so hat man Chancen, nicht nur Recht zu haben, sondern auch Recht zu bekommen.
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K-Geld 2/2004
31.03.2004
Fredy Hämmerli
Hans Huber (Name geändert) war mit dem Einschätzungsentscheid der Berner Steuerverwaltung überhaupt nicht zufrieden. Die Behörde hatte ihm den Abzug von 7150 Franken für die tägliche Fahrt mit dem Auto von seinem Wohnort nach Thun (220 x 50 km à 65 Rappen) gestrichen und stattdessen die Kosten des öffentlichen Verkehrsmittels (2900 Franken) abgezogen.
Als Geschäftsführer einer Krankenkasse ist Huber aber auch untertags häufig auf sein Auto angewiesen. Zudem schien ihm der Fahrp...
Hans Huber (Name geändert) war mit dem Einschätzungsentscheid der Berner Steuerverwaltung überhaupt nicht zufrieden. Die Behörde hatte ihm den Abzug von 7150 Franken für die tägliche Fahrt mit dem Auto von seinem Wohnort nach Thun (220 x 50 km à 65 Rappen) gestrichen und stattdessen die Kosten des öffentlichen Verkehrsmittels (2900 Franken) abgezogen.
Als Geschäftsführer einer Krankenkasse ist Huber aber auch untertags häufig auf sein Auto angewiesen. Zudem schien ihm der Fahrplan von Bus und Bahn so schlecht, dass er ohne Auto unzumutbar viel Zeit für den Arbeitsweg benötigen würde.
Huber erhob fristgerecht Einsprache und verlangte gleichzeitig einen Termin zur mündlichen Begründung. Dort legte er die entsprechenden Fahrplanauszüge vor. Der zuständige Steuerbeamte gewährte Huber daraufhin für 50 Tage pro Jahr die Benutzung des Privatautos.
Doch das war Huber zu wenig. Er legte beim Verwaltungsgericht Rekurs betreffend Kantonssteuern und Beschwerde betreffend Bundessteuer ein und verlangte den Abzug für die vollen 220 Tage.
Hubers Hartnäckigkeit hat sich gelohnt. Das Verwaltungsgericht erhöhte seine Autotage nach Einsicht in seine Geschäfts- und Kundenagenda sowie nach Prüfung des Fahrplans auf 110 Tage.
Mehr liegt für Huber nicht drin, denn die kantonalen Verwaltungsgerichte entscheiden in aller Regel abschliessend. Ein Weiterzug ans Bundesgericht ist nur bei Verletzung des Bundesrechts - direkte Bundessteuer und Harmonisierungsgesetz - oder der Verfassung möglich. Dies zum Beispiel, wenn andere Steuerpflichtige in vergleichbarer Situation anders behandelt werden, also bei einer Verletzung des Willkürverbots.
Hubers Erfolg gründet nicht nur darin, dass er überzeugende Argumente und Beweise vorlegen konnte. Entscheidend war auch, dass er alle formalen Vorschriften und Fristen einhielt, sonst wären Verwaltung und Gericht gar nicht erst auf die Forderungen eingetreten.
Einsprachen per Einschreiben einreichen
Die Einsprache gegen den Einschätzungsentscheid - mancherorts auch Veranlagungsverfügung genannt - muss innerhalb von 30 Tagen schriftlich und per Einschreiben erfolgen. Gegen eine provisorische Einschätzung ist noch keine Einsprache möglich.
Die Einsprache muss aus einem Antrag, also einer Forderung, sowie einer Begründung bestehen. Beweismittel sind beizulegen (Fotokopien). Wer persönlich vorsprechen will, muss das ebenfalls im Brief verlangen. Sonst wird aufgrund der Akten entschieden - und das kann Monate dauern.
Einsprachen sind in der Regel unentgeltlich. Davon ausgenommen sind nur solche bei grobem Verschulden - zum Beispiel, wenn man keine Steuererklärung eingereicht hat und sich deshalb verspätet gegen die Einschätzung der Steuerverwaltung wehren will.
Nach Ablauf der 30-tägigen Frist sind Einsprachen nur noch bei begründeter Verhinderung wie schwere Krankheit und Landesabwesenheit möglich.
Ausserdem steht noch der Revisionsweg offen, wenn nachträglich neue, wichtige Tatsachen zum Vorschein kommen. Ein Fehler der Steuerbehörden genügt dann als Begründung aber nicht mehr. Hätte der Steuerpflichtige nämlich die Verfügung sorgfältig geprüft - und das ist ihm zuzumuten -, hätte er diesen bereits während der Einsprachefrist merken können.
Vor dem Rekurs abklären, ob sich Aufwand lohnt
Ist auch das Einspracheverfahren nicht wunschgemäss verlaufen, kann der Steu-erpflichtige Rekurs einreichen. Der Rekurs beziehungsweise die Beschwerde beim Verwaltungsgericht ist kostenpflichtig. Unterliegt man, hat man neben den Anwaltskosten auch die Gerichtskosten zu tragen. Bekommt man Recht, erhält man eine Entschädigung, die die angefallenen Kosten decken sollte. Die Rekursfrist beträgt ebenfalls 30 Tage.
«Vor einem Rekursverfahren sollte man deshalb sehr genau abwägen, ob sich das Risiko lohnt», sagt Marco Greter, Partner einer Treuhandgesellschaft in Zürich und nebenberuflicher Richter in Steuersachen. Er setzt dabei eine untere Schwelle von rund 5000 Franken an, «sonst lohnt sich der finanzielle Aufwand meist nicht». Ein Grund dafür: Steueranwälte verrechnen oft Honorare zwischen 300 und 500 Franken pro Stunde.
Wer über genügend Kenntnisse der Materie verfügt, kann natürlich auch ohne Vertretung durch einen Anwalt einen Rekurs einreichen. In diesem Falle kann sich für den Kläger auch ein Streitwert von deutlich unter 5000 Franken auszahlen.
Trotzdem empfiehlt Greter möglichst schon vor dem Einspracheverfahren einen Anwalt oder Steuerexperten zu konsultieren. Empfehlenswert ist das vor allem dann, wenn man die Absicht hat, notfalls auch vor Gericht zu gehen.
Die Tricks der Steuerfahnder
Eine elektronisch erfasste Steuererklärung spart den Steuerpflichtigen Arbeit - und den Beamten Zeit.
Die gewonnene Zeit investieren die Beamten vorzugsweise in die Fahndung nach «vergessenen» Einkommen, Erträgen und Vermögen, wie Bruno Knüsel, Chef der Berner Steuerverwaltung erzählt. Denn schon Bundesrätin Micheline Calmy-Rey, damals noch Genfer Finanzdirektorin, hatte festgestellt: «Jeder zusätzliche Steuerkommissär bringt rund eine Million Steuerfranken pro Jahr.»
Auch die Suche nach nicht oder falsch deklarierten Geldern wird häufig per Computer erledigt. Der «virtuelle Steuerfahnder», so der Name des Programms, ist in verschiedenen Kantonen im Einsatz und ermittelt vollautomatisch und in Sekundenschnelle Abweichungen, die auf mögliche Unregelmässigkeiten schliessen lassen.
Die Software zeigt beispielsweise an, wenn erstmals Fahrspesen geltend gemacht werden oder wenn die gefahrenen Kilometer massiv zunehmen. Der Steuerfahnder braucht dann «auf Verdacht» zu ermitteln, was abermals Zeit spart.
Aber auch sonst verfügen die Steuerbeamten über ein gut dotiertes Arsenal an Tricks, die praktisch immer auf dem Prinzip von Checks und Gegenchecks basieren. Quervergleiche nehmen sie unter anderem vor zwischen
- Arbeitgeber und Arbeitnehmer
- Vermieter und Mieter
- Käufer und Verkäufer von Liegenschaften
- Mitgliedern von Erbengemeinschaften
- Gläubiger und Schuldner
- Lieferant und Einkäufer
- Aktiengesellschaft und Aktionär beziehungsweise Verwaltungsrat
Dabei springen die Steuerkommissäre auf Schlüsselbegriffe an: Taucht bei einer Revision etwa das Wort Provision oder Beratungshonorar auf, wird eine Kopie erstellt. Anschliessend überprüft der Kommissär, ob der Empfänger den Betrag als Einkommen versteuert hat.
Zumindest innerhalb des gleichen Kantons gehen die Beamten praktisch immer so vor. Ob andere Kantone damit bedient werden, ist eine Frage des gegenseitigen Gebens und Nehmens und manchmal auch der Höhe des Betrages.
So gilt unter Steuerexperten etwa als ausgemacht, dass der Kanton Aargau von Zürich fast keine Daten erhält, weil er selber kaum Infos herausrückt. Zwischen Zürcher und Schwyzer Steuerbehörden gibt es dagegen einen regen Informationsaustausch. Allgemein gilt: Je weiter die Kantone voneinander entfernt sind, desto weniger Austausch findet statt.