Seit 1996 ist die Krankenkassen-Grundversicherung für Personen mit Wohnsitz in der Schweiz obligatorisch. Jeder Mann, jede Frau und jedes Kind muss also bei einer der 61 Krankenkassen versichert sein. Unterschiedlich sind nur die Prämien. Die Leistungen sind für alle Versicherten genau gleich. Denn sie sind gesetzlich geregelt.     

Die Krankenkassen­initiative will die Grundversicherung von den 61 privaten in eine einzige öffentliche Kasse («Einheitskasse») überführen – mit jeweils einer Zweigstelle pro Kanton. Was hätte ­dieser Wechsel für die Versicherten zur Folge? Der K-Tipp beantwortet die fünf wichtigsten Fragen:

  1. «Hört mit der Ein­führung der öffentlichen Krankenkasse die ­nervige Telefonwerbung auf?»

Ja, weitgehend. Die neue Einheitskasse wird keine Kunden werben müssen. Denn alle sind automatisch bei ihr grundversichert. Die bisherigen Krankenkassen werden allerdings weiterhin freiwil­lige Zusatzversicherungen verkaufen. Als Kunden kommt dafür aber nur ein kleiner Teil der Haushalte in Frage. Die meisten haben kein Geld für Zusatzversicherungen. Aus diesem Grund lohnt sich die flächen­deckende Belästigung der Schweizer Haushalte mit Telefoncomputern kaum mehr. 

  1. «Werden die Prämien sinken?» 

Ja, wahrscheinlich. Aus den folgenden Gründen: Erstens werden die Verwaltungskosten sinken. Heute gibt es wie gesagt 61 Krankenkassen. Das heisst 61-mal Verwaltungsräte, Geschäftsleitungen, Büros, Hard- und Software, Internetplattformen, Mitgliederzeitungen, Werbebudgets usw. Kostenpunkt laut Angaben der Kassen selbst: rund 1,2 Milliarden Franken pro Jahr. Mit einer einzigen öffentlichen Kasse gäbe es nur noch eine Verwaltung mit einem EDV-System und keinerlei Werbeausgaben mehr. Auch die hohen Kosten für den jährlichen Kassenwechsel würden wegfallen. Übrigens: Bereits heute gibt es zwischen den Kranken­kassen grosse Unterschiede bei den Verwaltungs­kosten. So verlangte die Klug Krankenversicherung in Zug 2012 pro Person nur 64 Franken, die Vivao Sympany dagegen 349 Franken («Saldo» 19/13). 

Zweitens: Eigentlich müssten die Kranken­kassen die Rechnungen der Ärzte und Spitäler kon­trollieren. Damit sollen überrissene Forderungen verhindert und die Gesundheitskosten insgesamt gesenkt werden. Doch die Kassen kontrollieren nur unzureichend – wie diverse Artikel des K-Tipp beweisen (siehe zum Beispiel Ausgabe 20/13). Gemäss Schätzungen der Einkaufsgemeinschaft der Krankenversicherer, Tarifsuisse, könnten durch bessere Kontrollen jährlich 750 Millionen Franken ein­gespart werden. Mit einer einzigen öffentlichen Krankenkasse würden diese Kontrollen erheblich vereinfacht, weil alle Rechnungen durch eine einzige Verwaltung auf ihre Richtigkeit geprüft werden. Ärzte und Spitäler, die überrissene Rechnungen stellen, würden viel schneller auffallen. 

Drittens entfällt heute mehr als die Hälfte aller Gesundheitskosten auf chronisch oder schwer kranke Patienten, obwohl diese nur 5 Prozent aller Versicherten ausmachen. Heute versuchen die Krankenkassen, solch teure Patienten abzuschieben. Und schikanieren sie teilweise bei der Rückerstattung von Rechnungen. Eine öffentliche Einheitskasse hätte kein Interesse daran – im Gegenteil. Da alle Bürger während des gesamten ­Lebens dort versichert wären, wäre eine öffentliche ­Krankenkasse an einer ­koordinierten und nachhaltigen Betreuung interessiert. Die Folge: bessere Betreuung und tiefere ­Kosten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Gesundheitsökonomin Anna Sax.

  1. «Sind Sparmodelle und Prämienverbilligungen dank höherer ­Franchisen auch in ­Zukunft möglich?» 

Ja. Denn die Initiative schreibt lediglich die Einführung einer einzigen ­öffentlichen Krankenkasse in der Grundversicherung vor. Über Versicherungsmodelle wird nicht abgestimmt. Wie genau die neue Kasse organisiert ist und welche Prämien­modelle sie anbietet, muss das Parlament und der Bundesrat entscheiden. Die Prämien werden pro Kanton einheitlich sein. Die Versicherungsmodelle werden in der ganzen Schweiz gleich sein.

  1. «Kommt es mit der Einheitskasse zu einer Streichung oder Kürzung von Leistungen?» 

Nein. Nicht die Krankenkasse, sondern das Gesetz legt fest, welche medizinischen Behandlungen und Medikamente in der Grundversicherung bezahlt werden. Das ist 
heute schon so. Das Gesetz und die Verordnungen können nur von Parlament und Bundesrat geändert werden. 

  1. «Gibt es weniger ­Papierkrieg?» 

Ja, wahrscheinlich. Denn einerseits muss man die Krankenkasse nicht mehr wechseln, und andererseits gibt es nur noch ein ein­ziges EDV-System. Das vereinfacht die Abrechnung und die Administration. Kommt hinzu: Da  auch Ärzte und Spitäler dieses System benutzen, sollte dort ebenfalls vieles einfacher und transparenter werden. 

Heute ist das nicht so: Das aktuelle, komplizierte System kann von den Krankenkassen nämlich beispielsweise dazu benutzt werden, die Rück­erstattung von Kosten ­hinauszuzögern («Gesundheitstipp» 11/11) oder Patienten mit seltenen Krankheiten zu benach­teiligen («Saldo» 4/14).