Ob jemand seine rezeptfreien Arzneimittel in der Apotheke Goldener Engel in Basel oder in der Sonnen-Apotheke in Zürich kauft, spielt kaum eine Rolle: In der Regel halten sich die Apotheken in der Schweiz an die Preisempfehlungen der Hersteller. Abweichungen sind gering. Wie sieht es aber aus, wenn man seine Medikamente über eine Versandapotheke bezieht?
saldo hat die Medikamentenpreise von Laden-Apotheken mit denen von Versandapotheken in der Schweiz und in Deutschland verglichen. Als Grundlage diente eine Auswahl von zehn rezeptfreien, nicht kassenpflichtigen Medikamenten. Diese Arzneimittel finden sich in vielen Hausapotheken und sind in der Schweiz und Deutschland unter fast identischen Namen und Dosierungen erhältlich.
Deutsche OnlineApotheken sind trotz Versandkosten billigerIn der Schweiz gibt es zurzeit drei etablierte Versandapotheken:
Pharmadirect.ch und
Zur Rose haben am Preisvergleich teilgenommen,
Mediservice.ch hat darauf verzichtet.
Bei den gewählten deutschen Online-Anbietern
Versandapo.de und
Mycare.de handelt es sich um Versandapotheken, die ausdrücklich in die Schweiz liefern und in einer Untersuchung der Stiftung Warentest mit der Note «gut» abgeschnitten haben.
Resultat: Alle zehn Medikamente der Stichprobe sind in Deutschland günstiger. Gegenüber den Schweizer Laden-Apotheken ergibt sich – je nach Arzneimittel und Anbieter – ein Preisvorteil zwischen 11,7 und 49 Prozent. Werden die Versandkosten miteinberechnet, kauft man die zehn Präparate beim Online-Anbieter Versand apo.de rund 18 Prozent – oder Fr. 27.45 – billiger ein als in einer Schweizer Apotheke.
Generell lässt sich feststellen, dass rezeptfreie Medikamente in deutschen Versandapotheken preiswerter sind als bei uns. Wie hoch der Spareffekt aber effektiv ist, hängt stark von den gewählten Medikamenten, dem Tageskurs, der verwendeten Kreditkarte, den Versandkosten sowie den Mehrwertsteuern ab (siehe unten).
Auch beim Medikamentenbezug über Schweizer Versandapotheken lässt sich Geld sparen: Pharmadirect.ch und Zur Rose gewähren 5 Prozent Rabatt auf die gängigen Publikumspreise. Aus gesetzlichen Gründen müssen sie aber auch für nicht verschreibungspflichtige Medikamente ein ärztliches Rezept verlangen. Deshalb ist eine Bestellung bei einer Schweizer Versandapotheke viel umständlicher als in Deutschland, wo ein Rezept nur vorgelegt werden muss, wenn ein Präparat tatsächlich verschreibungspflichtig ist.
Schweizer zahlen für rezeptfreie Heilmittel 2 Milliarden zu vielsaldo hat auch die Preise von sechs rezeptpflichtigen Arzneimitteln verglichen: die Lifestyle-Medikamente Viagra, Xenical und Propecia sowie die häufig verschriebenen, kassenpflichtigen Präparate Nexium Mups, Plavix und Zyprexa. Einzig das Potenzmittel Viagra (12 Pillen, Dosierung 50 mg) ist bei den deutschen Versandapotheken günstiger zu haben als in den Schweizer Pendants, nämlich für Fr. 170.20 statt Fr. 201.90. Hier kann sich eine Bestellung im Ausland lohnen, weil Krankenkassen die Kosten für Lifestyle-Medikamente nur ausnahmsweise übernehmen.
Preisüberwacher Rudolf Strahm wundert sich nicht über die Ergebnisse des Preisvergleichs. Bei den kassenpflichtigen Medikamenten habe in den letzten Jahren eine Preisannäherung zwischen der Schweiz und dem Ausland stattgefunden, nicht aber bei den Arzneien, die von den Patienten selbst bezahlt werden müssen. «Die Preisüberhöhung der nicht kassenpflichtigen Präparate gegenüber Deutschland beträgt 30 Prozent», schätzt Strahm. Gründe: Die hiesigen Apotheker hätten relativ hohe Margen und die Pharmaindustrie verlange generell zu hohe Preise in der Schweiz.
Beat Heidig, Geschäftsführer des Fachverbandes der Hersteller freiverkäuflicher Heilmittel (ASSGP), rechtfertigt die höheren Preise in der Schweiz mit erhöhtem Aufwand. Medikamente müssten für die Schweiz extra produziert, verpackt, beworben und aufwendig registriert werden, was die Kosten steigere. Heidig hält aber fest, dass die Apotheken bei den nicht kassenpflichtigen Medikamenten in der Preisgestaltung frei sind. Die Pharma-Hersteller würden nur unverbindliche Preisempfehlungen abgeben. Der Apothekerverband Pharma-suisse bestätigt dies.
Einheitliche Preise: Zur Rose spricht von KartellenWeshalb aber verlangen die Apotheken fast überall die gleichen Preise? Pharmasuisse-Sprecher Marcel Wyler kann oder will dazu nichts sagen. Er hat aber eine Erklärung dafür bereit, dass Versandapotheken billiger sind: Sie würden sich auf ein Nischenangebot mit hochrentablen Produkten spezialisieren und die Personal- und Infrastrukturkosten auf ein Minimum hinunterschrauben.
Das lässt die Versandapotheke Zur Rose nicht auf sich sitzen: «Pharmasuisse sieht ihre Rolle primär darin, die überfällige Deregulierung des Medikamentenverkaufs mit allen Mitteln zu verhindern und eine kartellistische Struktur zu erhalten.»
Online-Apotheken: Das gilt es zu beachten- Medikamente übers Internet zu bestellen ist bequem, diskret und oft günstiger. Beim Arzneimittelkauf in ausländischen Online-Apotheken ist aber Vorsicht geboten. Angebotene Medikamente können qualitativ ungenügend, falsch beschriftet oder gefälscht sein.
- Laut Swissmedic-Sprecher Joachim Gross sind aber Versandapotheken im EU-Raum «relativ sichere Quellen». Er rät Kaufinteressenten, Internet-Anbieter eingehend zu prüfen, bevor man bestellt. Hinweise auf unseriöse Websites: Kaum Informationen zu den Medikamenten, fehlende Adresse des Verkäufers oder Ausstellung eines ärztlichen Rezeptes schon nach dem Ausfüllen eines simplen Fragebogens.
- Wer beim Heilmittelkauf Geld sparen will, sollte die Versandbedingungen von Online-Apotheken genau studieren und bei Unklarheiten Rücksprache nehmen. Wichtig ist, dass der Versender die Kosten für die Zollformalitäten übernimmt und die im Ursprungsland geltende Mehrwertsteuer abzieht. Sonst kann aus dem Schnäppchen schnell einmal eine teure Angelegenheit werden.
- An der Schweizer Grenze wird auf Medikamente die Mehrwertsteuer von 2,4 Prozent erhoben. Allerdings nur, wenn die Präparate gleich heissen wie in der Schweiz. Sonst kommt der normale Satz von 7,6 Prozent zur Anwendung.