Der Zaubertrank für Sportler: Wasser
Auch wenn es die Werbung glauben machen will: Energieriegel und Sportgetränke machen nicht fitter als Brot, Bananen und Wasser.
Inhalt
Haus & Garten 3/2005
29.06.2005
Esther Diener Morscher
Nur wer das Richtige isst, macht beim Sport nicht vorzeitig schlapp. Doch Steaks und Eier, Wunderpülverchen und Energiedrinks kann man getrost vergessen. Besondere Nahrungsmittel - wie sie für extreme Ausdauerleistungen wie Marathonläufe erforderlich sind, um Verluste an Wasser, Energie und Nährstoffen in kürzester Zeit wettzumachen - bringen für Freizeitsportlerinnen und -sportler beim täglichen Training nicht den geringsten Vorteil.
Hingegen machen viele Sportler dieselbe...
Nur wer das Richtige isst, macht beim Sport nicht vorzeitig schlapp. Doch Steaks und Eier, Wunderpülverchen und Energiedrinks kann man getrost vergessen. Besondere Nahrungsmittel - wie sie für extreme Ausdauerleistungen wie Marathonläufe erforderlich sind, um Verluste an Wasser, Energie und Nährstoffen in kürzester Zeit wettzumachen - bringen für Freizeitsportlerinnen und -sportler beim täglichen Training nicht den geringsten Vorteil.
Hingegen machen viele Sportler dieselben Ernährungsfehler wie Nichtsportler: Sie essen im Alltag zu viel und zu fett - und vernachlässigen Vollkornprodukte, Gemüse und Obst. Weder Energieriegel noch Sportgetränke machen diesen Mangel wett.
Im Gegenteil: Wer mit Sport abnehmen will, verzichtet besser auf Sportlernahrung. Denn die Riegel und Getränke dienen dazu, auf die Schnelle Kohlenhydrate zu liefern, und enthalten viele Kalorien (siehe Tabelle Seite 61). Was Sportlerinnen und Sportler wirklich brauchen, ist viel Flüssigkeit, ausreichend Kohlenhydrate sowie hochwertige Fett- und Eiweisslieferanten.
- Flüssigkeit: Ohne Wasser läuft nichts. Wassermangel wirkt sich rasch auf die Leistung aus. Das Blut fliesst träger, der Körper läuft heiss. Das macht schon bei einem Schweissverlust von 1 bis 2 Prozent der Körpermasse müde. Bei einer 70 Kilo schweren Person kann das bereits nach einer Stunde Sport der Fall sein. Denn der durchschnittliche Schweissverlust beträgt etwa ein Liter pro Stunde.
Sportgetränk zum Selbermachen: 1 Liter Tee oder Wasser, 50 Gramm Maltodextrinpulver (in Drogerien und im Sportfachhandel erhältlich), 30 Gramm (Frucht-)Zucker, eventuell Zitronensaft. Für Belastungen über zwei Stunden und bei starkem Schwitzen: zusätzlich eine Prise Kochsalz.
- Kohlenhydrate: Beim Sport sind Kohlenhydrate die wichtigste Energiequelle. Pro Stunde Sport steigt der Bedarf an Kohlenhydraten um 1 Gramm pro Kilo Körpermasse. Eine 70-Kilo-Person sollte pro Stunde Sportprogramm somit etwa 70 Gramm Spaghetti (roh) mehr kochen.
- Fett: Auch Fett gehört zu einer gesunden Sporternährung. Empfehlung für Freizeitsportler: 1 bis 1,5 Gramm pro Kilo Körpermasse und Tag. Zu bevorzugen sind Oliven-, Raps- und Leinöl, Baum- und andere Nüsse. Wertvoll sind auch die Fette von Lachs, Hering und Makrele.
- Eiweiss: Nicht nur Kraft-, sondern auch Ausdauersportler brauchen mehr Eiweiss als Menschen, die sich wenig bewegen. Trotzdem sind Eiweisspräparate für Freizeitsportler grundsätzlich unnötig. Der Eiweissanteil in der Nahrung ist in der Schweiz ohnehin eher hoch. Ausserdem decken Sportler ihren Zusatzbedarf meist automatisch, indem sie mehr essen.
- Vitamine und Mineralstoffe: Es gibt bisher keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Sportler zusätzliche Vitamine und Mineralstoffe brauchen. Eine gesunde, vielseitige Ernährung deckt den Bedarf ab. Einzige Ausnahme ist Natrium. Nötig ist die zusätzliche Natriumzufuhr jedoch erst, wenn man stark und über mehrere Stunden schwitzt. In diesem Fall kann man pro Liter Getränk zirka 1 Gramm Kochsalz hinzufügen. Den Salzhaushalt ausgleichen können auch ein paar Salzstängeli oder eine Bouillon.
Optimal mit Energie versorgt sind Sporttreibende, wenn sie ungefähr drei Stunden zuvor die letzte grosse, aber leicht verdauliche Mahlzeit und knapp eine Stunde vorher eine kleine, ebenfalls leicht verdauliche Zwischenverpflegung gegessen haben.
Drei Stunden vor dem Sport sind Reis, Mais, Teigwaren mit Tomatensauce, Kartoffeln oder Brot mit Suppe empfehlenswert. Auch ein leichtes Dessert ist erlaubt. Dazu sollte man einen halben Liter Wasser, Mineralwasser, Früchtetee oder stark verdünnten Fruchtsaft trinken.
Vorsicht vor gut gemeinten Tipps von Sportkollegen
45 Minuten vor dem Sport sind folgende fettarmen Nahrungsmittel gut verträglich: Weissbrot, Reiswaffeln kombiniert mit reifen Bananen oder Honig, Milchreis, Griessköpfli, Zwieback, Salzstängeli oder ungesüsste Cornflakes mit Banane. Dazu empfiehlt es sich, schluckweise Wasser oder Früchtetee zu trinken.
Besser verzichten sollte man vor sportlichen Belastungen auf fettreiche Nahrungsmittel wie Käse und Früchtekuchen, Pizza, Hot Dog, Hamburger, Wurstwaren und Rahmsaucen. Wer empfindlich reagiert, meidet sinnvollerweise auch scharfe Gewürze, blähende Gemüsesorten wie Kohl, Peperoni und Bohnen sowie unreifes Obst.
Und übrigens: Bei gut gemeinten Ernährungstipps von Sportkollegen ist Vorsicht geboten. Insbesondere vor Wettkämpfen oder wichtigen Spielen sollte man auf alle ungewohnten Nahrungsmittel verzichten, deren Verträglichkeit man nicht vorher schon einmal getestet hat.
Seite 62: Fünf häufige Irrtümer über Essen, Trinken und Sport
«Häppchenweise reife Bananen»
Christof Mannhart ist Ernährungswissenschaftler mit Mandaten am Bundesamt für Sport und bei der Swiss Olympic Association. SPEZIAL stellte ihm fünf Fragen aus Sportlersicht.
Was muss ich vor dem Sport essen, damit ich leistungsfähiger bin?
Mannhart: Ungefähr drei Stunden vor einer intensiven Belastung sollten Sie eine leicht verdauliche Hauptmahlzeit und etwa 45 Minuten vor der Aktivität nochmals eine kleine Verpflegung einnehmen. Wollen Sie allerdings mit dem Training vor allem Fett abbauen, sollten Sie in den Stunden vor und während Belastungen keine kohlenhydrathaltigen Lebensmittel essen.
Sind Energieriegel besser als eine Banane?
Mannhart: Ungefähr 45 Minuten vor Belastungen oder auch während Belastungen können sich sowohl häppchenweise reife Bananen als auch Sportriegel in Kombination mit genügend Flüssigkeit eignen - je nach Vorliebe und Verträglichkeit.
Werde ich mit dem als Wundermittel angepriesenen L-Carnitin schneller?
Mannhart: Es ist nicht wahrscheinlich, dass gesunde Freizeitsportler und -sportlerinnen ohne L-Carnitin-Mangel bei L-Carnitin-Einnahme schneller werden.
Was soll ich trinken, wenn ich Sport treibe?
Mannhart: Bei körperlichen Belastungen, die weniger als eine Stunde dauern, reicht Wasser. Bei Belastungen über einer Stunde empfehle ich im Handel erhältliche Sportgetränke oder Eigenmixturen. Bei mehrstündigen Belastungen sollten die Sportgetränke Kochsalz enthalten.
Muss ich zusätzliche Vitamine essen, wenn ich Sport treibe?
Mannhart: Vitamin- und Mineralstoffmangel vermindert zwar die körperliche Leistungsfähigkeit. Doch Personen, die keinen Vitamin- oder Mineralstoffmangel haben, werden ihre Leistungen mit zusätzlichen Vitamin-Präparaten nicht steigern können.
Infos zu Sporternährung: www.sfsn.ethz.ch
Die fünf häufigsten Irrtümer über Essen, Trinken und Sport
1. Vor einer sportlichen Anstrengung muss man den Körper mit möglichst vielen Kohlenhydraten «aufladen».
Falsch. Gegen die traditionelle Pasta-Party vor dem Volkslauf ist zwar nichts einzuwenden. Doch zu viele Kohlenhydrate machen höchstens dick und träge. Sinnvoll kann das leistungssteigernde Mästen mit Kohlenhydraten allenfalls für Spitzensportler sein.
2. Fett verbrennt man nur in einem bestimmten Pulsschlag- Bereich. Deshalb darf man nicht intensiv Sport treiben, wenn man abnehmen will.
Falsch. Bei jeder sportlichen Betätigung verbrennt der Körper Fett. Allerdings nur etwa 0,4 Gramm pro Minute mittelintensiver Aktivität. Um ein Kilo Fett zu verbrennen, muss man also über 40 Stunden trainieren.
3. Vom Trinken gibt es Seitenstechen.
Falsch. Seitenstechen entsteht laut aktueller Erkenntnis dadurch, dass sich die zwei Schichten des Bauchfells schmerzhaft aneinander reiben. Verhindern kann man diese Reibung unter anderem, indem man nicht mit vollem Magen Sport treibt und am Anfang eines Trainings intensive Belastungen vermeidet. Aufs Trinken vor und während des Sports sollte man keinesfalls verzichten. Es ist allerdings empfehlenswert, häufig kleine Mengen statt alles aufs Mal zu trinken.
4. Wer Muskeln zulegen will, muss mehr Eiweiss essen.
Falsch. Wesentlich ist ein entsprechendes Krafttraining. Die gezielte Zufuhr von Eiweiss vor und direkt nach den Krafttrainings kann den Muskelaufbau zwar geringfügig unterstützen. Doch mehr als zwei Gramm Eiweiss pro Kilogramm Körpergewicht sind ungesund.
5. Eine Vitamin-Brausetablette gibt beim Sporttreiben neue Energie.
Falsch. Dem Körper können nur Kohlenhydrate und Fett Energie liefern. Oft mangelt es müden Sportlern jedoch nicht an Energie, sondern an Flüssigkeit. In diesem Fall reicht ein tüchtiger Schluck Wasser. Die teure Brausetablette kann man getrost weglassen.