Der Würfel, der die Würze ins Essen bringt
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saldo 9/2001
09.05.2001
Ein Vergleich von Gemüse-, Hühner- und Rindsbouillon zeigt: Beim Zucker-, Fett- und Fleischgehalt sind die Unterschiede beträchtlich.
Nein, meine Suppe ess ich nicht!», sagte einst der Suppenkaspar und wurde dafür bitter bestraft. Die Schweizer scheinen sich diese Botschaft wohl gemerkt zu haben. Sie vertilgen pro Kopf und Jahr beinahe fünf Kilo Pulversuppe.
Die wenigsten Hausfrauen und -männer stellen Bouillon noch nach alter Manier her, indem sie Fleisch sa...
Ein Vergleich von Gemüse-, Hühner- und Rindsbouillon zeigt: Beim Zucker-, Fett- und Fleischgehalt sind die Unterschiede beträchtlich.
Nein, meine Suppe ess ich nicht!», sagte einst der Suppenkaspar und wurde dafür bitter bestraft. Die Schweizer scheinen sich diese Botschaft wohl gemerkt zu haben. Sie vertilgen pro Kopf und Jahr beinahe fünf Kilo Pulversuppe.
Die wenigsten Hausfrauen und -männer stellen Bouillon noch nach alter Manier her, indem sie Fleisch samt Knochen auskochen. In modernen Haushalten finden praktisch nur industriell gefertigte Produkte Verwendung. Auch Spitzenköche wie Jacky Donatz, der das Restaurant Sonnenberg in Zürich führt, verwenden nicht nur frisch gekochte, sondern auch industriell hergestellte Bouillon. Donatz erklärt augenzwinkernd: «Keiner hat sie, aber jeder benützt sie.»
Hauptbestandteil der Fertig-Bouillons ist Salz
Grund genug also, die Würfel und Pasten etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Erhältlich sind vor allem Gemüse-, Hühner- und Rindsbouillon. Gemüsebouillon eignet sich für vegetarische Gerichte, Hühnerbouillon wird für Gemüse und Risotto verwendet und Rindsbouillon meist für Suppen und Fleischgerichte.
Laut Packungsaufschrift bestehen die Bouillons hauptsächlich aus Salz, pflanzlichen und/oder tierischen Fetten, Gemüse- und/oder Fleischextrakten und Gewürzen. Die industrielle Produktion hat fast nichts mehr mit der traditionellen Herstellung von Bouillon gemein. Knorr etwa verwendet für die Fleischbouillon Fleischextrakt, der aus Südamerika stammt. Dort wird aus dem Muskelfleisch von Rindern Cornedbeef hergestellt. Das Kochwasser, das dabei anfällt, wird eingedickt und landet als Fleischextrakt in der Bouillon. Die Hühnerbouillon erhält ihren Geschmack von Hühnerfleisch, das zusammen mit Fett zu einer pastösen Mischung aufgekocht wird.
saldo hat einige der gängigsten Bouillons im Interlabor Belp analysieren lassen. Geprüft wurden Zucker-, Fett- und Kreatinin-Gehalt. Über das Kreatinin lässt sich der Fleischanteil in den Bouillons bestimmen.
Der Zuckergehalt der Bouillons unterscheidet sich stark. Die Hühnerbouillon von Migros enthält beinahe keinen Zucker, während sich in der Maggi Gemüsebouillon 4,9 und in der Maggi Fleischbouillon ganze 6,6 Gramm pro 100 Gramm befinden. Den Maggi-Produkten wird künstlich Zucker beigefügt, wie Herstellerin Nestlé erklärt: «Kristallzucker dient der geschmacklichen Abrundung der Rezeptur.» Auch Migros und Knorr mischen Zucker in ihre Bouillons. Zudem enthalten praktisch alle Produkte Gemüseextrakt, der natürlicherweise Zucker enthält. Einzig die Firma Somona, Vertreiberin der Vitam Bouillon, erklärt ausdrücklich, dass ihrem Produkt kein Zucker beigefügt werde. Generell gilt: Wird Zucker zugesetzt, muss er in der Zutatenliste auf der Packung aufgeführt werden.
Bouillons mit bis zu einem Viertel Fettanteil
Beim Fettgehalt sind die Unterschiede frappant. Die Vitam Hefe-Bouillon enthält gerade mal 4,7 Prozent Fett. Im Gemüseextrakt von Morga hingegen hat das Labor über 26 Prozent Fett festgestellt. Auch die Knorr Hühnerbouillon besteht zu über einem Viertel aus Fett.
Ein Fettanteil zwischen 26 und 27 Prozent sei nötig, um eine akzeptable Konsistenz zu erreichen, begründet Morga den hohen Gehalt. Knorr erklärt, dass der Hühnerbouillon so viel Hühnerfett beigegeben werde, damit diese den typischen Geschmack erhalte.
In Sachen Fett gilt: Zu viel ist ungesund. Wird es im Übermass konsumiert, bleibt das nicht ohne Folgen: Übergewicht oder erhöhte Cholesterinwerte sind nur einige davon. Doch Fett ist nicht gleich Fett. Möglichst verzichtet werden sollte auf gesättigte Fettsäuren. Miroslav Stransky, Zürcher Facharzt mit Spezialgebiet Ernährung, rät: «Vorzugsweise sollten zum Beispiel Oliven- und Rapsöl verwendet werden, weil sie hauptsächlich einfach ungesättigte Fettsäuren enthalten.» Gesättigte Fettsäuren kommen vor allem in tierischen Fetten sowie in Palmöl und Kokosfett vor.
saldo hat auch den Anteil an gesättigten Fettsäuren ermitteln lassen. Positiv fällt wiederum die Vitam Hefe-Bouillon auf: Sie hat einen tiefen Fettgehalt, und mit 14,4 Prozent ist auch der Gehalt an gesättigten Fettsäuren niedrig.
Für all jene, die ganz auf Fett verzichten möchten, gibt es Alternativen. Die meisten Hersteller bieten fettfreie Produkte in Pulverform an.
Kreatinin-Gehalt bei allen Testprodukten eingehalten
Kreatinin kommt im Muskelfleisch von Tieren vor. Über den Kreatinin-Gehalt lässt sich bestimmen, ob eine Bouillon Fleisch enthält. Die Schweizerische Lebensmittelverordnung schreibt vor, dass Rindsbouillon mindestens 35 Milligramm Kreatinin pro Liter fertiges Produkt enthalten muss. Alle drei getesteten Bouillons erfüllen diese Vorgabe. Den grössten Anteil Fleischextrakt mass das Labor in der Rindsbouillon von Migros. Für Hühnerbouillon kennt die Lebensmittelverordnung keine Vorschriften bezüglich Kreatinin-Gehalt.
Dass auch in der Gemüsebouillon Spuren von Kreatinin festgestellt wurden, hat mit der Messmethode, die das Labor gewählt hat, zu tun. Ruedi Camenzind vom Interlabor erklärt: «Die Kreatinin-Spuren sind wahrscheinlich auf gewisse Farb- und Inhaltsstoffe des Gemüses zurückzuführen.» Alle Hersteller versichern, dass ihre Gemüsebouillons keine Fleischbestandteile enthalten. Die Art des Fettes - ob pflanzlich oder tierisch - konnte das Labor nicht eruieren.
Die meisten Bouillons bestehen zur Hauptsache aus Kochsalz. Kein Wunder, handelt es sich doch um eine sehr günstige Zutat. Ein Blick auf die Packung, wo die Bestandteile der Produkte in mengenmässig absteigender Reihenfolge aufgelistet werden müssen, verrät einiges. Mit Ausnahme der Vitam Hefe-Bouillon steht Salz bei allen Produkten an erster Stelle.
Jeannette Büchel