Dauerärger Nebenkosten
Verkappte Mietzinserhöhung oder Schlamperei: Trotz klarer Regeln für Nebenkosten sind die Abrechnungen der Vermieter oft nicht korrekt.
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saldo 15/2003
22.09.2003
Muriel Brink, Bennie Koprio
Nebenkosten sind ein Dauerärgernis für Mieterinnen und Mieter - vor allem, wenn die Kosten sich plötzlich auf wundersame Weise vermehren. So geschehen in der Überbauung Im Gwidem in Aesch BL, in der Eveline Contessi seit zehn Jahren lebt. Meist hatte sie aus der Nebenkostenabrechnung Geld zurückbekommen. Doch Ende Juni flatterte ihr eine saftige Nachrechnung ins Haus. «900 Franken sollen wir für dieselbe Wohnung nachzahlen. Das kann ich nicht nachvollziehen», klagt die Mieterin, die in d...
Nebenkosten sind ein Dauerärgernis für Mieterinnen und Mieter - vor allem, wenn die Kosten sich plötzlich auf wundersame Weise vermehren. So geschehen in der Überbauung Im Gwidem in Aesch BL, in der Eveline Contessi seit zehn Jahren lebt. Meist hatte sie aus der Nebenkostenabrechnung Geld zurückbekommen. Doch Ende Juni flatterte ihr eine saftige Nachrechnung ins Haus. «900 Franken sollen wir für dieselbe Wohnung nachzahlen. Das kann ich nicht nachvollziehen», klagt die Mieterin, die in der Siedlung zudem als Hauswartin amtet.
Eveline Contessi ist nicht die Einzige, die eine happige Nachrechnung bezahlen soll: Die meisten andern Mieter sind ebenfalls betroffen. Urheber des Übels, das in der Überbauung für Gesprächsstoff sorgt, ist die National Versicherung. Sie hat die Siedlung letztes Jahr gekauft. Neue Mietverträge hat sie keine gemacht, doch bei den Nebenkosten ist nichts mehr wie früher. In der ersten Nebenkostenabrechnung tauchen unverhofft vier neue Posten auf: Abwassergebühren, Antennengebühren, Strom sowie Hauswartkosten; im Mietvertrag von Eveline Contessi sind aber nur Heiz- und Warmwasserkosten aufgeführt.
Viele Nebenkostenaufschläge sind nicht rechtens
«Wir haben viele Anfragen zu Nebenkosten», bestätigt Sarah Brutschin, Co-Präsidentin des Mieterverbands Basel-Land. «Insbesondere bei Handänderung oder Verwaltungswechsel passiert es leider oft, dass auf der Nebenkostenabrechnung neue Positionen aufgeführt sind, die der Mieter früher nicht bezahlen musste.»
Gesetzeskonform ist dies jedenfalls nicht. Denn was im Mietvertrag nicht explizit unter Nebenkosten aufgeführt ist, muss der Mieter auch nicht bezahlen (siehe Kasten).
Die Mieter der Überbauung haben sich richtig verhalten. Sie haben sich mit einem Brief beim Vermieter gegen die Nebenkostenabrechnung gewehrt. Doch die Antwort der Vermieterin lässt auf sich warten. «Eine Ferienabwesenheit verzögert diese Prüfung», argumentiert die National Versicherung gegenüber Kassensturz.
Pressant hatte es die Versicherung hingegen, als sie bei den Mietern die neuen Nebenkosten durchsetzen wollte: Sie gewährte den Betroffenen für die Einsprache gegen die Abrechnung lediglich eine Frist von zehn Tagen. Auch dies ist nicht rechtens: Die Einsprachefrist beträgt 30 Tage.
Undeklarierte Nebenkosten muss der Mieter nicht bezahlen
Nebenkosten müssen im Mietvertrag einzeln aufgeführt sein. Die Posten, die nicht deklariert sind, muss der Mieter nicht bezahlen. Ungültig sind Verträge mit ungenauen Ausdrücken wie «Nebenkosten akonto» oder «alle Betriebskosten pauschal». Auch Formulierungen wie «Heizung/ übrige Betriebskosten akonto» sind zu wenig präzis. Da die Nebenkosten klar und detailliert aufzuführen sind, darf der Vermieter sie auch nicht in einem Vertragszusatz verstecken.
Die Akonto-Zahlungen müssen zudem ungefähr den zu erwartenden Kosten entsprechen. Wie das Zivilgericht Basel-Stadt kürzlich festhielt, sind Akonto-Zahlungen gleich zu behandeln wie etwa ein Kostenvoranschlag eines Garagisten. Horrende Nachzahlungen sind unzulässig.
Will der Vermieter neue Nebenkosten einführen, entspricht dies einer Vertragsänderung; er muss dies also wie eine Wohnungskündigung oder einen Mietzinsaufschlag auf einem amtlichen Formular mitteilen (saldo 17/02).
Der Vermieter darf zudem nicht alle Ausgaben auf die Mieter überwälzen. Laut Gesetz gelten als Nebenkosten nur jene Betriebskosten und öffentlichen Gebühren, die mit der Benutzung der Wohnung zusammenhängen. So darf der Vermieter etwa die Kosten für den Hauswart verrechnen, nicht aber die Ausgaben für die Reparatur oder den Ersatz alter Geräte.
Wer das Gefühl hat, die Abrechnung sei nicht korrekt, wendet sich zuerst an den Vermieter. Bleiben Zweifel, empfiehlt sich eine Rechtsberatung beim örtlichen Mieterverband. Ist die Abrechnung nicht korrekt und zeigt sich der Vermieter uneinsichtig, können die Betroffenen den Fall von der Schlichtungsstelle überprüfen lassen.
Weitere Infos im Ratgeber «Das Mietrecht im Überblick», Bestellkarte auf Seite 24.