Der Verkäufer am Bratwurststand im Zürcher Hauptbahnhof fragt jeden Kunden: «Und zum Trinken?» Das zahlt sich aus: Eine 5-dl-Mineralflasche Henniez kostet Fr. 4.40, eine 5-dl-Bier­dose Heineken 7 Franken. 

Die «Snackbar» gegenüber den Prellböcken führt Reto Candrian. Er ist allein im HB Zürich für 22 Gastrobetriebe zuständig: Als Chef der Candrian Catering AG betreibt er in der östlichen Haupthalle alle 16 Take-aways und Restaurants. Fünf weitere sind im Shopville im Untergrund des Bahnhofs. Selbst die Nordsee- und Burger-King-Filialen im HB ­gehören dem Zürcher Familienkonzern. 

Wer in der Haupthalle des Bahnhofs geschäften darf, bestimmen die SBB. Sie lassen neben dem Monopo­listen Can­d­ri­an bloss drei ­Teil­konkurrenten zu: einen ­Migrolino, die Luxusbäckerei Sprüngli und die Kioske von Valora. 

Ein Monopolist mit Einheitspreisen

Dank den SBB kann Can­drian aus dieser monopol­-ähn­lichen Stellung Kapital schlagen: Die Take-aways in der Zürcher Bahnhofshalle haben weitgehend Einheitspreise. Das Henniez kostet überall Fr. 4.40, das Heineken Fr. 6.90 oder Fr. 7.–. An den Kiosken der Valora wenige Meter nebenan kostet dieselbe Dose Heineken nur 4 Franken.  

Fr. 4.40 für einen halben Liter Wasser zum Mitnehmen – das dürfte weltweit ein Spitzenwert sein. Zum Vergleich: Coop Pronto und Migrolino verkaufen einen halben Liter Mineralwasser für 60 Rappen, die ApertoShops für 85 Rappen. Laut Gastrosuisse beträgt der Einstandspreis eines Wassers 20 Prozent. Das sind die durchschnittlichen Warenkosten von Restaurants. Candrian zahlt als Gross­abnehmer deutlich weniger. Zahlen nennt er gegenüber saldo nicht.

Eine Stichprobe an sieben Bahnhöfen zeigt, dass ein Preis von Fr. 4.40 für ein Mineralwasser nicht selten ist. Der Vergleich von 144 Preisen von Take-aways, Läden und Kiosken für SBB-Reisende zeigt weiter: 

  • Die Preise sind nicht überall gleich: Coop Pronto ­verkauft im Bahnhof Basel ­Valser und San Pellegrino bis zu 38 Prozent teurer als der Coop in den Bahnhöfen Bern und Zürich. Der Avec-Laden im HB Zürich verkauft Evian, Valser und OK bis zu 88 Prozent teurer als der Avec in St. Gallen. 
  • An den kleineren Bahn­höfen von Olten, St. Gallen, Winterthur und Luzern sind die Preise tendenziell tiefer.
  • Mit 60 Rappen kosten Swiss Alpina bei Coop und Aproz bei Migros am wenigsten. Gibts am Bahnhof keinen Grossverteiler, sind die Eigenmarken der Valora-Kioske (Fr. 1.50) oder des Aperto (Fr. –.85) am günstigsten. 

Candrian behauptet, es habe bei allen Betrie­ben Ausschreibungen der SBB gegeben. «Bei denjenigen, die wir führen, haben wir mit Konzept und Angebot überzeugt und den Zu­schlag erhalten.» saldo woll­te von den SBB wissen, ob das zutrifft. Doch die SBB verweigern konkrete Antworten. 

Candrian eröffnete erst vor wenigen Monaten den dritten Take-away «Rapido». Die SBB hätten also die Möglichkeit gehabt, mit ­einer Vergabe an einen Konkurrenten für Wettbewerb und tiefere Preise zu sorgen. Doch die Frage «Weshalb verhindern die SBB den Wettbewerb im Take-away-Bereich?» bleibt unbeantwortet. 

Die SBB profitieren von überhöhten Warenpreisen. Denn die meisten Mieten an den Bahnhöfen sind umsatzabhängig. Anders gesagt: Zockt ein Laden die Konsumenten ab, verdient der Staatsbetrieb SBB mit. Die SBB sagen nicht, wie viel Prozent des Umsatzes sie kassieren.