Arbeitslose, die Taggelder beziehen, müssen jeden Monat nachweisen, dass sie auf Stellensuche sind. Dazu gibt es bei der Arbeitslosenversicherung (ALV) ein Formular, auf dem man seine Arbeitsbemühungen eintragen muss.
Im Gesetz steht auch: Betroffene müssen das Formular mit ihren Bewerbungsnachweisen «spätestens am fünften Tag des folgenden Monats» beim zuständigen Amt einreichen (oder am darauffolgenden Werktag, falls das z. B. ein Sonntag ist). Trifft der Nachweis dort zu spät ein, wird die arbeitslose Person so bestraft, wie wenn sie im vergangenen Monat keinen Job gesucht hätte: mit sogenannten Einstelltagen. Für solche Tage erhalten Arbeitslose von der ALV kein Taggeld.
Das wurde Albert Frisch aus Zug (Name geändert) zum Verhängnis: Er übermittelte dem Berater beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) das ausgefüllte Formular jeweils per E-Mail. Beim Mailen des August-Blattes machte Frisch einen Fehler – ohne es zu merken – sein RAV-Berater erhielt nichts. Deshalb strafte ihn das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zug mit fünf Einstelltagen. Für Frisch war das eine Einbusse von einem Viertel seines monatlichen Anspruchs.
Bei diesen fünf Einstelltagen hielt sich das Amt an den «Einstellraster» des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). In den entsprechenden Seco-Weisungen steht: Macht eine arbeitslose Person zum ersten Mal keine Arbeitsbemühungen oder reicht sie das entsprechende Formular zum ersten Mal zu spät ein, gibt es jeweils fünf bis neun Einstelltage (beim zweiten Mal übrigens 10 bis 19 Einstelltage).
«Geringes Verschulden»
Zum Glück wehrte sich Frisch vor Gericht – und das Zuger Verwaltungsgericht reduzierte die Sanktion auf einen Tag. Begründung: Die Verwaltung habe die Umstände des konkreten Einzelfalls nicht geprüft, das Verschulden des Betroffenen sei «gering». Er habe sich bis anhin stets tadellos verhalten, stets mehr als genug Bewerbungen geschrieben und diesen einen Nachweis «nicht absichtlich versäumt».
Doch das Zuger Amt für Wirtschaft und Arbeit zog den Entscheid ans Bundesgericht weiter, denn es wollte die fünf Einstelltage gemäss Seco-Raster durchsetzen. Begründung: Das Nachweisblatt sei fast 30 Tage zu spät eingetroffen. Das stimmt – denn Frisch realisierte die Übermittlungspanne erst, als er vom Amt die Verfügung mit den Einstelltagen erhielt. Eine Mahnung hatte ihm das Amt nicht geschickt.
Der Kanton Zug ist aber vor Bundesgericht abgeblitzt. Auch die höchsten Richter sehen hier nur ein «administratives Versehen» und ein «minimes» Verschulden. Beim Auferlegen von Einstelltagen sei auch das «Gesamtverhalten» der Person zu berücksichtigen – und dann sei gegen ein Unterschreiten des erwähnten Seco-Einstellrahmens von fünf bis neun Tagen «nichts einzuwenden».
Mit anderen Worten: Der «Einstellraster» des Seco mag zwar eine taugliche und bequeme Arbeitshilfe für RAV-Mitarbeiter sein, aber im Streitfall entscheidet das Gericht. Sich zu wehren, kann sich lohnen. «Zum Glück habe ich die Verfügung des Amtsschimmels nicht klaglos akzeptiert», freut sich der Betroffene.
Frisch erhebt aber Vorwürfe gegen seinen RAV-Berater. Dieser habe sich geweigert, jeweils den Eingang seiner E-Mails mit dem angehängten Formular zu bestätigen; das mache ihm zu viel Arbeit.
Nachweis per E-Mail einreichen ist heikel
Solche Vorwürfe lässt das Zuger Verwaltungsgericht aber nicht gelten: Senden Stempelgeld-Bezüger ihre Nachweise per E-Mail ein, hätten sie «eine erhöhte Sorgfaltspflicht» und müssten selber überprüfen, ob der RAV-Berater es erhalten habe. Die Berater seien nicht verpflichtet, Mail-Eingänge zu bestätigen.
Fazit für Arbeitslose: Das Einreichen per E-Mail ist heikel. Besprechen Sie das genaue Vorgehen unbedingt mit Ihrem RAV-Berater und halten Sie sich an seine Anweisungen. Fragen Sie auch, was bei Übermittlungspannen passiert.
Eine K-Tipp-Umfrage bei zehn kantonalen Arbeitsämtern zeigt:
- Dass Nachweise per E-Mail eingehen, ist in einigen Kantonen weit verbreitet: Je nach Branche der Stellensuchenden beträgt der Anteil 10 bis 50 Prozent. Die Betroffenen müssen das Formular ausfüllen, unterschreiben, einscannen und mailen.
- Die Kantone sind gegenüber dem Nachweis-Versand per E-Mail ziemlich skeptisch und empfehlen eher den Postweg (oder persönliches Bringen).
- Dass das Amt eine automatische Eingangsbetätigung macht, ist relativ selten und von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Generell wird betont, der Versand per E-Mail geschehe auf eigenes Risiko.
- Der Kanton Luzern schreibt: «Eingangsbestätigungen sind grundsätzlich nicht üblich. Sie erfolgen nur auf konkreten Wunsch der versicherten Person. Unsere administrativen Aufgaben (Bürokratie) haben durch zwingende Vorschriften des Seco während der letzten Jahre dermassen zugenommen, dass wir jede aus unserer Sicht nicht notwendige Bürokratie unterlassen.»
- Der Kanton Schaffhausen bietet für den Mailverkehr eine verschlüsselte Datenübertragung an. Inzwischen hat auch der Kanton Zug fürs Einreichen der Nachweise eine separate E-Mail-Adresse eingerichtet. Carla Dittli, stellvertretende Amtsleiterin, dazu: «Es kommt vereinzelt vor, dass Stellensuchende das Formular dem RAV-Berater per Mail zustellen. Geht das Formular auf diese Weise ein, sind die Beraterinnen und Berater angehalten, eine Bestätigung zu senden.»
- Der Kanton Zürich beklagt den übertriebenen «Formalismus», weil das Gesetz verlangt, dass die Arbeitsbemühungen fünf Tage nach Monatsende eingereicht werden müssen. Früher sei die Übergabe immer anlässlich der Gespräche zwischen Stellensuchenden und RAV-Beratern erfolgt, die ohnehin jeden Monat stattfinden müssten. Diese Praxis habe sich bewährt.
Bundesgericht kritisiert Seco
Die Richtlinien des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) seien in einem Punkt «zumindest fragwürdig», schreibt das Bundesgericht. Denn gemäss «Einstellraster» des Seco werden Arbeitslose, die gar keine Jobs suchen, mit der gleichen Anzahl Einstelltage belegt wie Stempelgeldbezüger, die den Nachweis ihrer Arbeitsbemühungen lediglich zu spät einreichen. Das Bundesgericht meldet Zweifel an, ob dies «überhaupt gesetzeskonform» sei.
Das Seco sagt dazu, der Einstellraster beruhe in diesem Punkt formell auf dem Gesetz. Es prüfe jedoch zurzeit, «ob sich eine Anpassung des Einstellrasters aufdrängt».