Wenn ein Surfer bei Google den Begriff «Golf» eingibt, erhält er nicht dieselben Resultate wie andere Internet-Rechercheure. Aufgrund des bisherigen Surfverhaltens glaubt Google genau zu wissen, ob sich jemand eher für Golfsport oder für den Golf von Volkswagen interessiert. Der Autor Eli Pariser zeigt in seinem Buch, dass der Trend zur Personalisierung bei Google und anderen Internetdiensten Gefahren birgt. Was die Surfer im Netz sehen, entspricht nur einem Ausschnitt der Realität. Und diesen Ausschnitt bestimmt Google. Die meisten Leute bemerken das nicht einmal. Wichtige, aber wenig nachgefragte Themen verschwinden schleichend aus dem Infoangebot gewisser Internetdienste. Stattdessen bekommen die Surfer zum Beispiel vermehrt Links oder Berichte zu den neusten Apple-Produkten vorgesetzt – nur weil sie sich zuvor gelegentlich dafür interessiert haben.
Pariser ist überzeugt: «Wenn wir wissen wollen, wie die Welt wirklich aussieht, müssen wir begreifen, wie Filter unsere Sicht auf die Welt verzerren.» Genau das leistet sein Buch. Es zeigt, wo und wie das Internet die Nutzer bevormundet. Google bestimmt, was sie finden sollen.
Was tun? Der Autor rät, bewusst die Suchanfragen breit zu streuen, regelmässig Cookies zu löschen und sich konsequent aus Werbenetzwerken auszuklinken. «Filter Bubble» ist ein wichtiges Buch für alle, die wissen wollen, wie Internetdienste durch Personalisierungssoftware die Leute bewusst bevormunden.
Eli Pariser, «Filter Bubble. Wie wir im Internet entmündigt werden», Hanser, ca. Fr. 28.–
Buch-Tipps
Globale Kämpfer für die Umwelt
Viele junge Erwachsene setzen sich innovativ und hartnäckig für die Umwelt ein. Jungautorin Emily Hunter porträtiert 20 Umweltaktivisten, die sich für Robben, Wälder und weniger CO₂ engagieren. In jedem Porträt erfährt der Leser viel über die jeweiligen Umweltprobleme und die Politik von Ländern wie China, Kenia, den USA oder Peru. Schnell wird klar: Umweltschutz ist kein Beruf, sondern Berufung. Hunter schreibt spannend und informativ. Dass die Autorin ihr eigenes Porträt an den Anfang des Buches stellt, zeigt, dass sie von sich selbst überzeugt ist. Ein Hang zur Verherrlichung der Öko-Krieger ist auch in den übrigen Porträts zuweilen spürbar.
Emily Hunter, «Öko-Krieger», Fischer, ca. Fr. 13.–
Das Unbewusste regiert
Der US-Neurowissenschafter Michael Gazzaniga geht der Frage nach, was im Hirn geschieht, wenn man eine Entscheidung trifft. Die Antwort: Nicht das «Ich» entscheidet, sondern unbewusste Prozesse im Hirn geben den Ausschlag. Erst danach merkt das Bewusstsein, wie der Entscheid ausgefallen ist. Dies heisst für Gazzaniga nicht, dass der Mensch keine Verantwortung für sein Handeln hat. Er kann seine unbewussten Absichten zügeln. Gazzaniga erklärt anschaulich, wie das Gehirn funktioniert. Manchmal sind seine Erläuterungen naturwissenschaftlich, manchmal philosophisch, etwa wenn er über den freien Willen und das Recht auf Bestrafung nachdenkt.
Michael Gazzaniga, «Die Ich-Illusion», Hanser, ca. Fr. 35.–
Ansichten einer Katastrophe
Wenige Tage nach dem Tsunami und dem GAU in Japan im März 2011 reiste der Fotojournalist Kazuma Obara nach Fukushima. Er fotografierte die menschenleeren Dörfer, interviewte Leiharbeiter der AKW-Betreiberin Tepco und beobachtete die Aufräumarbeiten. Seine durch Strenge und Sachlichkeit beeindruckenden Aufnahmen dokumentieren, wie die Katastrophe eine intakte Welt zerstörte. Der Titel «Reset. Beyond Fukushima» ist Programm: Der japanische Fotograf und seine Schweizer Herausgeber wollen, dass die Katastrophe im Gedächtnis der Menschheit bleibt. Die Texte sind auf englisch und japanisch verfasst.
Kazuma Obara, «Reset. Beyond Fukushima», Lars Müller Publishers, ca. Fr. 60.–