Steckt man ein fünfjähriges Kind allein in einen Raum mit einem Marsh­mallow, so zeigt sich, ob es der Versuchung der Süssigkeit erliegt oder ob es auf die Belohnung – zwei Marsh­mallows nach zehn Minuten – warten kann. Der richtige Umgang mit der Zeit ist wichtiger für den beruflichen und sozialen Erfolg als die Intelligenz eines Menschen, schlussfolgert der Psychologe Marc Wittmann in seinem Buch über die Zeitwahrnehmung. 

Wer zukunftsorientiert ist, erreicht also mehr im Leben. Doch Menschen, die ihren Terminkalender ab­arbeiten, verlieren an erlebbaren Momenten und damit an gefühlter Lebenszeit. Durch Achtsamkeit und emotionale Kontrolle könne das gefühlte Lebenstempo verringert werden, schreibt Wittmann. Achtsamkeit wiederum erreicht man durch Fokussierung auf den Moment. 

Zahlreiche äussere Faktoren haben ebenfalls Einfluss auf unsere Zeitwahrnehmung. Ein Beispiel: Je tiefer ein Mitarbeiter in der Hierarchie steht, desto grösser ist der gefühlte Stress – obwohl dieser Angestellte mehr Zeit für eine Aufgabe hat als ein Mitarbeiter in einer höheren Position. Mit dem beruflichen Aufstieg hingegen nehmen die körperlichen und psychologischen Stressreaktionen ab.

Die Einsichten, zu denen das Buch gelangt, mögen zuweilen etwas banal erscheinen. Doch untermauert der Autor seine Thesen mit interessanten Studien und neusten Forschungsergebnissen. 

Marc Wittmann, «Gefühlte Zeit. Kleine Psychologie des Zeitempfindens», Verlag C.H. Beck, ca. Fr. 22.–