Britische Altpolicen: «Nicht mehr interessant»
Hohe Jahresrenditen und ein schöner Schlussgewinnanteil: Damit wirbt eine Zürcher Firma für den Kauf von Secondhand-Policen aus Grossbritannien. K-Geld rät: Hände weg!
Inhalt
K-Geld 06/2009
06.12.2009
Letzte Aktualisierung:
08.12.2009
Bernhard Bircher
Unweit der mondänen Zürcher Bahnhofstrasse vermittelt die ZVT Versicherungs-Treuhand GmbH an der Schweizergasse 20 Versicherungsprodukte. Die seit vier Jahren existierende Firma bietet nicht nur heimische Lösungen an. Sie macht Anlegern auf ihrer Webseite auch sogenannte Altpolicen aus Grossbritannien schmack- haft. Es handelt sich dabei um Lebensversicherungen aus zweiter Hand (siehe unten). Solche Versicherungsverträge werden unter Fachleuten deshalb auch als Secondhand-...
Unweit der mondänen Zürcher Bahnhofstrasse vermittelt die ZVT Versicherungs-Treuhand GmbH an der Schweizergasse 20 Versicherungsprodukte. Die seit vier Jahren existierende Firma bietet nicht nur heimische Lösungen an. Sie macht Anlegern auf ihrer Webseite auch sogenannte Altpolicen aus Grossbritannien schmack- haft. Es handelt sich dabei um Lebensversicherungen aus zweiter Hand (siehe unten). Solche Versicherungsverträge werden unter Fachleuten deshalb auch als Secondhand-Policen bezeichnet.
Gebühr von 4,8 Prozent des Kaufpreises
Die ZVT preist britische Altpolicen als «ertragreiche, sichere, steuerfreie und crashresistente» Kapitalanlage an. So viele Vorteile stimmen misstrauisch. In einer K-Geld vorliegenden Offerte empfiehlt ZVT-Geschäftsführer Peter Zürcher eine Police des Versicherers Royal London mit Fälligkeit am 1. 3. 2014 an. Der Preis: 50 211 britische Pfund, beim aktuellen Kurs von 1,5888 Franken pro Pfund entspricht das 79 775 Franken. Darin enthalten sei eine einmalige «Betreuungsgebühr» in der Höhe von 4,8 Prozent des Kaufpreises. Dem Käufer entstehen somit happige Spesen von über 3800 Franken.
Die Jahresrendite der offerierten Altpolice wird mit 9,5 Prozent angegeben. Es könne zudem ein hoher Schlussgewinnanteil erwartet werden, wird versprochen. Solche Aussagen werden jeweils im Kleingedruckten relativiert: Rendite und Schlussgewinnanteil könnten nicht garantiert werden. Peter Zürcher von der ZVT gibt auf Anfrage denn auch zu verstehen, dass es sich bei der angegebenen Rendite pro Jahr um eine reine Hochrechnung der britischen Anbieter handle.
Gemäss K-Geld-Berater Anton Ladner rentierten britische Altpolicen bei Verfall vor der Finanzkrise 2008 tatsächlich mit bis zu 10 Prozent pro Jahr. Nach seiner Einschätzung sind aber noch laufende Altpolicen alles andere als sicher: «Seit sich das Währungsrisiko mit dem drastischen Zerfall des britischen Pfunds verschärft hat, sind solche Anlagen nicht mehr interessant.» Ladner erklärt anhand eines Rechenbeispiels, wie der Pfund-Kurszerfall die Rendite mindert: «Wer zum Beispiel vor 9 Jahren eine Altpolice für 100 000 Pfund erworben hatte und sie heute mit einer durchschnittlichen Jahresrendite von 10 Prozent ausbezahlt erhält, hat in Schweizer Franken nur gut drei Prozent Rendite pro Jahr erzielt.» In Ladners Rechnung sind die hohen Gebühren mitberücksichtigt.
«Die Rendite ist nicht abschätzbar»
ZVT-Geschäftsführer Peter Zürcher sagt dazu: «Beim Pfund ist das Wechselkursrisiko ein Problem, aber sowohl im positiven wie auch im negativen Sinn.» Mit positiven Überraschungen ist beim Pfund in den nächsten Jahren angesichts der Wirtschaftsprobleme in Grossbritannien aber kaum zu rechnen, betont Ladner. Der K-Geld-Berater warnt zudem vor den Schlussgewinnanteilen: «Beim Kauf einer Altpolice ist der ‹Schlussbonus› völlig offen. Die Rendite pro Jahr ist für den Käufer daher nicht abschätzbar.»
Rolf Biland, Leiter Anlagestrategie beim VZ Vermögenszentrum in Zürich, ortet bei britischen Altpolicen eine weitere Gefahr: «Die Laufzeiten bis zur Rückzahlung sind oft sehr lange. Zieht sich ein Vermittler aus dem Markt zurück oder geht Konkurs, steht der Altpolicen-Käufer vor dem Problem, zu seinem Recht beim britischen Anbieter zu kommen.»
Der Slogan «steuerfrei» trifft nur begrenzt zu
Auch der ZVT-Werbeslogan «steuerfreie» Erträge muss relativiert werden. Laut der Eidgenössischen Steuerverwaltung unterliegen bei Altpolicen alle die Kapitaleinlage übersteigenden Leistungen des Versicherers auf Bundes- und Kantonsebene der Einkommens- und Gewinnsteuer. Auf dem Rückkaufswert der Police würden während der Laufzeit zudem auf Kantonsstufe Vermögenssteuern erhoben. Dass der Slogan «steuerfrei» nicht für bare Münze zu nehmen ist, weiss auch die ZVT: In einem kleinen Vermerk schreibt sie: «Die Steuerbefreiung gilt insbesondere für Investoren aus Deutschland und Österreich.» Aufgrund solch verwirrender Angaben und der Risiken lautet der Rat von K-Geld: Hände weg von britischen Altpolicen!
Britische Altpolicen: Oft wird ein höherer Preis erzielt als der Rückkaufswert
In der Schweiz können Lebensversicherungs-Policen vor Vertragsende nur an die herausgebende Versicherungsgesellschaft zurückverkauft werden. In diesem Zusammenhang spricht man vom sogenannten Rückkaufswert. In den ersten Jahren liegt er erheblich unter den geleisteten Einzahlungen. In Grossbritannien ist es aber möglich, Lebensversicherungs-Policen vor Vertragsende an Dritte zu verkaufen. Bei einem Verkauf an einen Investor erzielt der Versicherte in der Regel einen höheren Preis, als wenn er die Police der Versicherung zum geringeren Rückkaufswert abtritt. Aus Käufersicht handelt es sich bei Altpolicen um ein Anlagevehikel und kein Versicherungsprodukt.
Wichtig zu wissen: Der ursprüngliche Versicherungsnehmer bleibt auch nach dem Verkauf die versicherte Person. Mit der Veräusserung gehen aber alle Rechte und Pflichten des Lebensversicherungs-Vertrages auf den Käufer über. Das heisst, er kassiert beim vertraglichen Ablauf der Police oder beim Tod des Verkäufers die Versicherungssumme, Jahresgewinnanteile sowie einen allfälligen Schlussbonus. Dieser ist aber nie garantiert. Ein Käufer verpflichtet sich, die Prämien bis zum Vertragsablauf oder Ableben des Versicherten zu zahlen.