Testament, Ehe- und Erbvertrag - "Bleibt der Erbvertrag nach der Scheidung gültig?"
Inhalt
saldo 20/2001
05.12.2001
Die Hotline zum Thema Testament, Ehe- und Erbvertrag wurde von den saldo-Leserinnen und -Lesern rege genützt. Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Fragen.
Frage: Was ist der wichtigste Unterschied zwischen Testament und Erbvertrag?
Antwort: Ein Testament können Sie allein verfassen und jederzeit abändern oder vernichten. Ein Erbvertrag muss beim Notar öffentlich beurkundet werden. Ändern kann man ihn nur mit Einwilligung der beteiligten Vertragsparteien -...
Die Hotline zum Thema Testament, Ehe- und Erbvertrag wurde von den saldo-Leserinnen und -Lesern rege genützt. Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Fragen.
Frage: Was ist der wichtigste Unterschied zwischen Testament und Erbvertrag?
Antwort: Ein Testament können Sie allein verfassen und jederzeit abändern oder vernichten. Ein Erbvertrag muss beim Notar öffentlich beurkundet werden. Ändern kann man ihn nur mit Einwilligung der beteiligten Vertragsparteien - auch wieder im Notariat.
Wo kann ich das Testament aufbewahren, damit es nicht in falsche Hände kommt?
Das kommt auf den Kanton an. In Ihrem Wohnkanton St. Gallen ist das Bezirksamt oder das Gemeindeamt zuständig. Sie können das Testament auch dem Willensvollstrecker, einem Anwalt, einem Notar oder dem Begünstigten persönlich übergeben.
Meine Frau und ich haben mit einem Ehe- und Erbvertrag eine optimale Vorsorge für den überlebenden Ehepartner vorgesehen. Bleibt diese Regelung auch nach der Scheidung gültig?
Nein. Mit der Scheidung erlöschen die ehe- und erbrechtlichen Ansprüche. So steht es im Gesetz. Anders verhält es sich, wenn die Parteien die Folgen einer allfälligen Scheidung im Erbvertrag geregelt haben.
Mein Vater hat seine Freundin grosszügig beschenkt. Nun ist er gestorben. Kann ich die Geschenke zurückfordern?
Zu Lebzeiten konnte Ihr Vater grundsätzlich mit seinem Vermögen machen, was er wollte. Denn niemand ist verpflichtet, seinen Erben Vermögenswerte zu hinterlassen. Hat er aber innerhalb der letzten fünf Jahre vor seinem Tod grössere Geschenke gemacht, können Sie diese zurückfordern. Länger zurückliegende Geschenke können Sie nur zurückfordern, wenn diese offensichtlich mit der Absicht getätigt wurden, die Pflichtteile zu umgehen (bei Ihnen drei Viertel).
Ich möchte meine Frau so weit wie möglich begünstigen. Wie muss ich vorgehen? Wir haben mehrere gemeinsame Kinder.
Mit einem Ehevertrag können Sie die ganze Errungenschaft dem Ehepartner zuweisen. Die Vererbung des Eigenguts können Sie mit einem Testament regeln. Wenn Sie die Kinder auf den Pflichtteil setzen, haben Sie zwei Möglichkeiten: Sie können Ihrer Frau entweder fünf Achtel zu Eigentum zuwenden - oder sieben Achtel der Hinterlassenschaft zur Nutzniessung und ein Achtel zu Eigentum.
Wie kann ich meinen Ehepartner am besten begünstigen, wenn ich Kinder aus einer früheren Ehe habe?
Ein Ehevertrag mit Zuweisung der Errungenschaft an den überlebenden Ehepartner kann gegenüber den Kindern aus früherer Ehe rechtlich nicht durchgesetzt werden. Sie können die Kinder aber per Testament auf den Pflichtteil setzen - und den ganzen Rest Ihrem Partner vermachen. Die Kinder werden dann drei Achtel der Erbschaft erhalten. Eine andere Möglichkeit ist der Erbvertrag. Der überlebende Ehegatte kann damit stärker begünstigt werden, wenn die Kinder aus der früheren Ehe damit einverstanden sind.
Ich bin verwitwet und habe drei Kinder. Eine der Töchter kann nicht mit Geld umgehen. Daher möchte ich vermeiden, dass sie ihr Erbe verschleudert und von der Fürsorge abhängig wird. Wie kann ich das verhindern?
Sie können beispielsweise in einem Erbvertrag regeln, dass das Erbe in Form einer Rente ausbezahlt wird. Die betroffene Tochter muss sich damit aber einverstanden erklären.
Mein unehelicher Sohn verlangt von mir einen Erbvorbezug. Kann er mich dazu zwingen?
Nein. Es gibt kein Recht auf einen solchen Vorbezug.
Ich habe drei Söhne und beabsichtige, einen auf den Pflichtteil zu setzen. In diesem Sinne habe ich ein Testament verfasst, möchte den Benachteiligten aber nicht informieren. Ist das Testament trotzdem gültig?
Über den Inhalt Ihres Testaments sind Sie niemandem Rechenschaft schuldig. Die Zustimmung Ihres Sohnes tut nichts zur Sache. Sie können einen Erben jederzeit und eigenmächtig auf den gesetzlichen Pflichtteil setzen. Es empfiehlt sich aber, das Testament an einem sicheren Ort aufzubewahren, damit es dem Benachteiligten nicht in die Hände fällt.
Wir haben zwei Söhne. Der ältere ist verheiratet und hat Kinder; der jüngere ist ledig. Da wir unsere Schwiegertochter sehr lieben, möchten wir ihr etwas hinterlassen. Nun haben wir aber vernommen, dass sie uns nicht beerben kann, falls unser Sohn vor uns sterben sollte. Ist dies richtig?
Schwiegertöchter gehören nicht zu den gesetzlichen Erben. Sollte Ihr Sohn vor Ihnen sterben, werden bei Ihrem Tod nur dessen Kinder erben - Ihre Schwiegertochter geht leer aus. Sie können sie aber im Rahmen der verfügbaren Quote berücksichtigen. Am besten verfassen Sie dazu ein Testament.
Mein Vater ist schon lange verwitwet und hat meine ledige Schwester über eine Lebensversicherung begünstigt. Sie hat bei seinem Tod nun 130 000 Franken bekommen - und ich bin leer ausgegangen. Ist das korrekt?
Nein. Zwar hat die Versicherung den Betrag korrekt an Ihre Schwester als Begünstigte ausbezahlt. Davon fällt aber der so genannte Rückkaufswert in die Erbschaft (die Höhe dieser Summe erfahren Sie von der betreffenden Versicherung). Von diesem Betrag können Sie Ihren Pflichtteil (drei Achtel) von Ihrer Schwester verlangen. Handelt es sich aber nicht um eine gemischte Lebensversicherung, sondern um eine Todesfallrisiko-Police, gehen Sie leer aus. Denn eine solche Versicherung hat keinen Rückkaufswert.
Vor 17 Jahren hat unser Vater dem jüngsten Bruder ein Ferienhaus zu einem lächerlichen Preis verkauft. Muss dieser uns später einmal den wirklichen Wert ausgleichen, wenn Vater gestorben ist?
Hat Ihr Bruder für das Ferienhaus bezahlt, muss er Ihnen nur dann etwas ausgleichen, falls vor 17 Jahren eine offensichtliche Differenz zwischen dem wirklichen Wert und dem Kaufpreis bestand. Ein Ausgleich ist zudem geschuldet, wenn der Vater den Bruder begünstigen wollte und dies den beiden auch bewusst war. Sie müssen dies alles aber nachweisen können.
Bearbeitung: Anne Sciavilla und Hans Ruedi Schmid
Die wichtigsten Begriffe
Eigengut: Voreheliches Vermögen, Erbschaften, Schenkungen und Gegenstände zum ausschliesslichen persönlichen Gebrauch
Errungenschaft: Vermögenswerte, die während der Ehe von beiden Partnern durch berufliche Tätigkeit erwirtschaftet wurden (auch AHV-Rente und 2. Säule), sowie Erträge des Eigenguts
Nutzniessung: Die Zinsen eines Kapitals, das Bewohnen eines Hauses
Meistbegünstigung: Die für den überlebenden Ehegatten günstigste Erbregelung
Pflichtteil: Der gesetzlich geschützte Erbteil von Ehegatten, Kindern und Eltern
Verfügbare Quote: Der Vermögensteil, über den der Erblasser frei verfügen kann