Das Bundesgericht hat in seinem Urteil Ende Oktober 2012 unmissverständlich festgehalten: Wenn für den Kauf von Finanzprodukten im Rahmen einer Vermögensverwaltung Retrozessionen zwischen Bank und Herausgeber geflossen sind, gehören diese den Kunden. Retrozessionen werden auch als Rückvergütungen, Bestandespflegekommissionen, Kickbacks oder Provisionen bezeichnet. Die Banken und Vermögensverwalter müssen ihren Kunden diese Gelder vergüten, auch rückwirkend. Ein schriftlicher Verzicht eines Kunden auf Rückzahlung ist nur gültig, wenn ihn die Bank zuvor über die kassierten Kickbacks informiert hat.
Mit der Umsetzung der höchstrichterlichen Entscheide tun sich die Banken schwer. Zahlreiche Leser von K-Geld sind davon betroffen: Wer sich an die Bank wendet und seinen rechtlichen Anspruch auf Informationen über die in den letzten zehn Jahren vorenthaltenen Retrozessionen verlangt, wird zuerst vertröstet. So heisst es beispielsweise bei der Credit Suisse: Die Analyse und Prüfung des Sachverhalts würde «einige Zeit in Anspruch nehmen». Später erhalten die Kunden nur teilweise Auskunft – meist höchstens über die letzten fünf Jahre. Oder es heisst, die Kunden hätten auf die Rückzahlung der Vergütungen verzichtet.
Retrozessionen: Wer nicht verzichtet hat, kann sie zurückfordern
Beides widerspricht dem geltenden Recht: Alle Vermögensverwaltungskunden haben Anspruch auf sämtliche Informationen bezüglich der Retrozessionen. Wieweit sie die Rückzahlung der Vergütungen verlangen können, ist eine andere Frage. Doch gilt grundsätzlich: Wer nicht darauf verzichtet hat, kann sie für die letzten zehn Jahre einfordern.
Die Finanzmarktaufsicht Finma hatte einen Monat nach dem wegweisenden Bundesgerichtsentscheid im November 2012 von den Banken verlangt, dem Gerichtsentscheid «umgehend Rechnung zu tragen». Alle potenziell betroffenen Kunden seien zu informieren, auf Anfrage auch «über den Umfang der erhaltenen Rückvergütungen». Ausserdem kündigte die Finma im Schreiben an, sie werde die Banken bezüglich der ergriffenen und geplanten Massnahmen prüfen und überwachen.
Diese Ankündigung hat die Banken bisher nicht beeindruckt. Laut Finma-Sprecher Tobias Lux hätten die Banken die Forderung nach Transparenz über die eingeheimsten Vergütungen «sehr unterschiedlich gehandhabt». Teilweise hätten die Banken zwar rasch und breit informiert. «Uns sind aber durchaus auch Fälle begegnet, bei denen die notwendige Transparenz nicht oder nicht ausreichend geschaffen wurde», so Lux diplomatisch zu K-Geld. Der Umgang der Banken mit der Thematik «Retrozessionen» werde für die Finma auch 2014 ein Thema sein. Das gilt auch für K-Geld.
Tipps: Die Verjährung unterbrechen
Retrozessionen: Das Zögern der Banken mit der Rückzahlung von Retrozessionen hat einen Grund: Jeden Tag verjähren Ansprüche aus früheren Jahren. Mit wenig Aufwand lässt sich das verhindern:
- Verlangen Sie von Ihrer Bank, dass sie Ihnen innert 10 Tagen schriftlich bestätigt, «auf die Einrede der Verjährung für alle Forderungen zu verzichten», die nicht schon verjährt sind.
- Reagiert die Bank nicht oder werden Sie vertröstet, können Sie der Bank via Betreibungsamt einen Zahlungsbefehl schicken lassen. Die verlangte Summe sollte die Retrozessionen der letzten zehn Jahre plus Zinsen decken. Faustregel: pro Jahr 2 Prozent des Depotwerts. Kosten für den Zahlungsbefehl: Für Beträge über 10 000 bis 100 000 Franken betragen sie 103 Franken. Ab Versanddatum des Formulars für den Zahlungsbefehl ans Betreibungsamt beginnt die Verjährungsfrist wieder von vorn (K-Geld 5/13).