Wer über Land fährt und ein Gebäude mit vergitterten Fenstern im Parterre sieht, dem ist gleich klar: Das war einmal eine Post. 4100 gab es 1970 noch. Rund 1300 sind es heute. Und 800 bis 900 werden es in drei Jahren noch sein.
Doch die Post nennt andere Zahlen. Sie spricht nur am Rande von 800 bis 900 Poststellen im Jahr 2020. Viel lieber führt sie ins Feld, dass es dann über 4000 «Zugangsmöglichkeiten» geben werde. Nur: Was heisst das genau?
Als Zugangsmöglichkeiten zählt die Post:
Poststellen: Sie bieten den vollen Service.
Postagenturen: Das sind Poststellen in Dorfläden oder Gemeindeverwaltungen. Postgeschäfte wie Bareinzahlungen und Auslandzahlungen sind nicht möglich.
Hausservices: Wer den Hausservice in Anspruch nimmt, muss ein Schild an den Briefkasten hängen. Und zu Hause warten, bis der Briefträger klingelt. Und auch er kann nicht alle Postgeschäfte erledigen. Bargeld oder Briefmarken muss der Kunde telefonisch vorbestellen. Und wie zählt die Post die Hausservices? Jede Poststelle, die aufgehoben und mit einem Hausservice ersetzt worden ist, gilt als ein Hausservice.
Servicepunkte: Dazu zählt die Post die My-Post-24-Automaten. Dort können Kunden nur Pakete und Briefe empfangen oder versenden. An Pick-Post-Stellen können sogar nur Pakete und Briefe empfangen sowie Retouren versendet werden. Und die Geschäftskundenstellen, die die Post auch mitzählt, nützen Privatkunden nichts.
Nur noch 20 Prozent bieten vollen Service
Mit anderen Worten: Nur noch 20 Prozent der gut 4000 Zugangsmöglichkeiten werden noch den vollen Service bieten. Die Post tut so, als ob das Angebot für die Kunden gleich bliebe. Und vor allem: Bei ihren Berechnungen treibt die Post ein falsches Spiel. Beispiel Hauptpost in Bern: Früher hiess sie Schanzenpost. Neu heisst sie Post-Parc. Früher war sie einfach eine Poststelle. Heute ist sie eine Poststelle und hat einen My-Post-24-Automaten. Das sind nach Post-Arithmetik zwei Zugangsmöglichkeiten.
Die Schummelei fällt nicht sogleich auf, weil die Poststelle die Adresse Bogenschützenstrasse 9B hat, der My-Post-24-Automat hingegen die Adresse Bogenschützenstrasse 9. Aber beides befindet sich im gleichen Haus.
Der Post-Parc in Bern ist kein Einzelfall:
Chur: An der Gürtelstrasse 4 hat es eine Poststelle, einen My-Post-24-Automaten und eine Geschäftskundenstelle. Macht für die Post drei Zugangsmöglichkeiten.
Zürich: An der Eduard-Imhof-Strasse 8 sind es ein My-Post-24-Automat, eine Pick-Post-Stelle und eine Geschäftskundenstelle. Das ergibt also ebenfalls drei Zugangsmöglichkeiten.
Sitten: Die drei Zugangsmöglichkeiten befinden sich in drei benachbarten Häusern.
Arbon TG: Zwei Zugangsmöglichkeiten sind an der Stickereistrasse im gleichen Haus, die dritte vis-à-vis.
Der K-Tipp kennt 28 weitere Orte, wo sich zwei Zugangsmöglichkeiten unter dem gleichen Dach befinden. Die Post erklärt ihre eigenwillige Zählweise damit, dass «sich unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten wie Automaten und Filialen zusammen an einem Standort oder auch separat an unterschiedlichen Standorten befinden» könnten. Deshalb mache «nur eine separate Zählung Sinn».