Die AHV schloss das Geschäftsjahr 2009 mit einem Überschuss von 3,9 Milliarden Franken ab. Die Einzahlungen waren einmal mehr höher als die Ausgaben. Auf den Anlagen erzielte die AHV eine Rendite von 13 Prozent. Entsprechend wurde das schon vorher stattliche Polster nochmals dicker. Ende 2008 lagen 38,351 Milliarden auf der hohen Kante. Ende 2009 waren es 42,268 Milliarden – so viel wie noch nie.
Damit lag saldo mit seiner Schätzung von rund 42 Milliarden in der Ausgabe 2/10 fast richtig. Daneben tippte aber das Bundesamt für Sozialversicherung. In seinem mittleren von drei Szenarien ging es für 2009 von lediglich 40 Milliarden Kapital aus. Für 2015 rechnet es mit einem Rückgang des Kapitals auf nur noch 34,857 Milliarden, im Jahr 2020 soll es gar auf 25,530 Milliarden sinken.
Mit ihren Prognosen zur AHV lag die Bundesverwaltung aber schon früher deutlich daneben. In seiner Botschaft zur 11. AHV-Revision im Jahr 2000 prophezeite der Bundesrat für 2005 und 2006 ein Defizit von rund 1,5 Milliarden Franken. Tatsächlich betrug der Überschuss aber 2,5 Milliarden.
Das heisst: Der Bundesrat verkalkulierte sich um 4 Milliarden. In den vergangenen Jahren machte die AHV regelmässig Überschüsse von 2 und mehr Milliarden. Dies, obwohl die Zahl der Rentner bereits seit vielen Jahren stärker zunimmt als die Zahl der Erwerbstätigen.
Zuwanderung aus dem Ausland ist sehr positiv für die AHV
Das hindert Marco Netzer, VR-Präsident des AHV-Fonds, nicht daran, via Presse ein düsteres Szenario zu verbreiten. Gegenüber der «Finanz&Wirtschaft» behauptet er, dass «das Umlageergebnis der AHV wegen der Änderung der Alterspyramide bald negativ werden dürfte».
Wenn nichts geschehe, werde das Vermögen der AHV wegen der alternden Bevölkerung stetig schrumpfen: «Wenn es keine zusätzlichen Mittel für die AHV gibt, müssten wir das vorhandene, erodierende Vermögen sehr vorsichtig anlegen, die Rendite würde sinken.» Netzer schlägt vor, die Beiträge oder das Rentenalter zu erhöhen «oder eine Kombination davon».
Die Schwarzmaler verschweigen, dass das Kapital der AHV noch immer Jahr für Jahr zunimmt. Die AHV ist eine umlagefinanzierte Versicherung, in der die laufenden Ausgaben durch die laufenden Einnahmen gedeckt werden. Der Überschuss landet im AHV-Fonds. Wichtiger für gesunde AHV-Finanzen als die Lebensdauer sind die Erwerbsquote und die Produktivität.
So hält Bernd Schips, Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften St.Gallen, klipp und klar fest: «Es reicht nicht aus, nur das Lebensalter zu betrachten, wenn man das Finanzierungsproblem der AHV beurteilen will.» Entscheidend ist für ihn, ob die Menschen Arbeit haben, wie hoch die Erwerbsquote ist und ob die Menschen produktiv arbeiten.
Besonders vorteilhaft ist für die AHV die Zuwanderung aus dem Ausland. Das zeigt der neue Bericht des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco über die «Auswirkungen der Personenfreizügigkeit auf den Schweizer Arbeitsmarkt»: Die Sozialwerke würden vom grenzüberschreitenden Personenverkehr aus den EU-Mitgliedstaaten profitieren.
«Das Verhältnis zwischen Aktiven und Rentnern wird durch die Zuwanderung von Erwerbstätigen verbessert, indem mehr Beiträge in die AHV/IV fliessen», heisst es dort. In Zahlen: Der Beitrag der Schweizer an den AHV-Einzahlungen ist in zehn Jahren von 76,6 auf 72,4 Prozent gesunken. Demgegenüber erhöhte sich der Teil der EU-Staatsangehörigen von 17,8 auf 20,8 Prozent.
Kinder stehen wegen früher Einschulung länger im Erwerbsleben
Noch etwas wirkt sich positiv auf die AHV-Rechnung aus: Die Kinder werden immer früher eingeschult, gleichzeitig reduziert sich der Zeitaufwand für die Erstausbildung. Diese beiden Effekte führen zu einer höheren Erwerbsquote.
Und dank guter Ausbildung, leistungsfähiger Maschinen, modernster Kommunikationsmittel und hervorragender Infrastruktur produziert heute ein Angestellter in der Schweiz mehr als dreimal so viel wie seine Grossväter. Entsprechend gestiegen sind auch die Löhne. Und das wiederum freut die AHV: Denn auf jeden Franken Einkommen müssen Beiträge bezahlt werden.