Der US-Konzern Google dominiert die Internetsuche. Neuerdings liefert er in seinen Karten nicht nur Adressen und Telefonnummern von ­Unternehmen, sondern auch noch Bewertungen durch angebliche Kunden. Sie sollen zeigen, wie gut ein Arzt, ein Gärtner oder ein Restaurant arbeitet. Wer bewertet, tut dies mit einem bis maximal fünf Sternen sowie einem kommentierenden Text. 

Ich eröffnete kürzlich unter dem Namen Wilhelm Tell ein Konto, um die Verlässlichkeit solcher Informationen zu überprüfen. Ich fragte mich: Kann man bei Google Bewertungen abgeben, ohne den Arzt, den Gärtner oder das Restaurant jemals besucht zu haben? Ich bewertete das Fussballstadion Emirates Stadium in ­London, das Lenin-­Mausoleum in Moskau und die Media-Markt-­Filiale in Chur. Dabei schrieb ich immer den ­gleichen Text dazu: «Lorem ipsum dolor sit amet, consectetur adipisici elit …» Das ist ein unverständlicher, pseudo­lateinischer Text, der bei der Produktion von Zeitungsseiten als Platzhalter dient, bis der ­richtige Text eingefügt wird.

Diesen Blödsinn sollte Google eigentlich schnell entdecken und löschen, dachte ich. Doch ich täuschte mich: Fünf Wochen später waren ­meine Nonsens-Bewertungen noch ­immer ­aufgeschaltet.

Vor ein paar Tagen setzte Google dem Ganzen die Krone auf. In einem E-Mail teilte mir der Internetkonzern zu meiner Bewertung des ­Lenin-Mausoleums mit: «Hallo Wilhelm, deine ­Rezension ist beliebt. Diese hat deinen Mit­menschen mindestens 50 Mal geholfen.» Und: «Rezensionen wie deine sind für Millionen Menschen wertvoll, die mehr über Orte erfahren möchten.» Und zur Ermunterung: «Weiter so!»

Weiter so? Ja, warum nicht? Meine nächste ­Rezension könnte ich ja über Google schreiben. Den Titel habe ich schon: «Verbreitet jeden Blödsinn.»