Vorweg: Bei den Malereien handelt es sich nicht um Markierungen, sondern im Behördendeutsch um FGSO. Diese Abkürzung steht für «Farbliche Gestaltung der Strassenoberflächen».
Was FGSO bedeuten, lernen Fahrschüler nicht – weder im theoretischen noch im praktischen Unterricht. Und auch an der Prüfung sind die FGSO kein Thema. Denn was FGSO sind, wie sie aussehen, was sie bedeuten, was sie bewirken sollen – das ist in keinem Gesetz geregelt. Es steht nur in den Normen des Verbandes der Strassen- und Verkehrsfachleute. Wer mehr wissen will, muss die Normen kaufen. Die 15 Seiten kosten stattliche 60 Franken. Und wer sie gelesen hat, ist auch nicht gescheiter.
Zweck der FGSO, steht da etwa, sei die «optische Gestaltung des Strassenraums und das Anpassen des Erscheinungsbilds des Strassenraums an die Nutzungsansprüche». Das tönt so, als ob die Autoren selber nicht wüssten, was sie genau meinen.
Klar ist jedoch: «Keinesfalls dürfen FGSO durch eine direkte Beeinflussung eine bewusste Verhaltensanpassung seitens des Verkehrsteilnehmers bewirken.» Und sie dürfen auch nicht «das bestehende Verkehrsregime verdeutlichen, ankündigen oder in Erinnerung rufen».
Zulässig sind für FGSO 143 Farben, darunter allein an Grautönen deren 38. Kein Wunder, dass die mögliche Farben- und Formenvielfalt die Verkehrsplaner beflügelt. Und die Verkehrsteilnehmer verunsichert.
Deshalb kritisieren viele K-Tipp-Leser die Asphaltmalereien: Zum einen, weil sie nicht verständlich sind, zum anderen, weil sie ablenken. Ein paar Beispiele:
- Olten SO
Was sollen die grossen rosaroten Flächen? Und die kleinen hellblauen Vierecke im Hintergrund? Sollen sie verdeutlichen, dass Tempo 20 gilt? Dass die Fussgänger hier Vortritt haben? Kaum. Denn die Farbe darf ja die Verkehrsteilnehmer nicht «direkt beeinflussen» und auch nicht zu einer «bewussten Verhaltensanpassung» führen.
- Horgen ZH
Wer den Eintritt fürs Kunstmuseum sparen will, fährt am besten nach Horgen an die Bahnhofstrasse. Dort könnte Joan Miró gewirkt haben. Anders lassen sich die verwirrenden Farbflächen vor dem Bahnhof kaum deuten.
- Lyss BE
Warum Fussgängerstreifen immer nur längs zur Fahrbahn aufmalen? Es sieht fast so aus, als hätten sich die Verkehrsplaner in Lyss genau diese Frage gestellt. Aber natürlich sind das keine Fussgängerstreifen. Ein K-Tipp-Leser ärgert sich auch darüber, dass «die Trottoirs nicht mit richtigen Randsteinen von der Fahrbahn abgegrenzt» werden. Das sei «geradezu eine Einladung an den Schwerverkehr, die Trottoirfläche mitzubenutzen».
- Goldach SG
Soll der blaue Streifen zeigen, dass da mal ein Bach floss? Darf er befahren werden? Oder soll der Streifen Blaufahrern helfen, den Heimweg leichter zu finden?
- Oberägeri ZG
Ein Gartenschach mitten auf der Strasse? Oder ein zerstückelter Fussgängerstreifen? Eher schon ein Versuch, die Autofahrer abzubremsen. Obs dafür wirklich eine Fahrbahnerhöhung, Haifischzähne und auch noch ein Schachbrettmuster braucht? Übrigens: Damits nicht langweilig wird, haben die Verkehrsplaner an anderen Orten in Oberägeri anstelle des Schachbrettmusters gelbe Streifen und Bögen aufmalen lassen.
- Uzwil SG
Ein quadratischer Kreisel? Der Velofahrer scheint die rote Fläche mit dem grauen Quadrat jedenfalls so zu interpretieren.
Dabei steht in den erwähnten Normen: «FGSO dürfen keine Unsicherheit bezüglich der geltenden Vortrittsregelung hervorrufen.» Und: «Verwirrende oder vom Verkehrsgeschehen ablenkende Symbole, Muster oder Zeichnungen sind unzulässig.»
Schön wärs!