Teures Benzin bringt nichts
Bleifrei 98 oder Bleifrei 95 tanken? Für TCS-Experten steht fest: Mehr zahlen lohnt sich nicht, der Unterschied liegt vor allem beim Preis.
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saldo
31.03.2004
Mirjam Fonti
Zirka jeder zehnte Automobilist tankt 98-Oktan-Treibstoff, obwohl dieser pro Liter 4 bis 6 Rappen mehr kostet als 95-Oktan-Benzin. Die Lenker glauben, was teuer sei, sei auch gut fürs Fahrzeug. Die Oktanzahl ist das Mass für die Klopffestigkeit eines Treibstoffs - je höher sie ist, desto weniger Fehlzündungen sind zu erwarten.
98-Oktan-Benzin enthält mehr bedenkliche Stoffe
Beat Wyrsch, Berater im technischen Zentrum des TCS,relativiert: «Bleifrei-98-B...
Zirka jeder zehnte Automobilist tankt 98-Oktan-Treibstoff, obwohl dieser pro Liter 4 bis 6 Rappen mehr kostet als 95-Oktan-Benzin. Die Lenker glauben, was teuer sei, sei auch gut fürs Fahrzeug. Die Oktanzahl ist das Mass für die Klopffestigkeit eines Treibstoffs - je höher sie ist, desto weniger Fehlzündungen sind zu erwarten.
98-Oktan-Benzin enthält mehr bedenkliche Stoffe
Beat Wyrsch, Berater im technischen Zentrum des TCS,relativiert: «Bleifrei-98-Benzin enthält mehr Zusätze und ist deshalb teurer. Beim Fahren merkt man aber keinen Unterschied zu Bleifrei 95.» Die Mineralölgesellschaften sehen das natürlich anders: «Mit 98er-Treibstoff erzielt man eine grössere Reichweite, weil die Energie effizienter genutzt wird», so Shell-Sprecherin Claudia Hedrys.
Das gilt aber primär für Modelle, deren Motoren gezielt für 98-Oktan-Benzin optimiert wurden. Doch solche Fahrzeuge sind Mangelware. Beat Wyrsch: «Heute braucht in der Schweiz fast keiner mehr Bleifrei 98. Mit Ausnahme des Honda S 2000 fahren alle Neuwagen mit 95er-Benzin oder Diesel. Nur Autos, die älter sind als 17 Jahre oder getrimmte Motoren haben, müssen teilweise Bleifrei 98 tanken.» Daniel Hofer, Unternehmensleiter bei der Migrol AG, unterstützt den TCS-Fachmann: «Bleifrei 98 führen wir nur noch an grossen Tankstellen, weil das gewisse Kunden ausdrücklich verlangen.»
Wyrsch wehrt sich auch aus Umweltschutzgründen gegen Bleifrei 98, denn für dessen Herstellung brauche es mehr Energie. Zudem finden sich darin mehr Zusätze, welche die Umwelt gefährden. So enthält Bleifrei 98 rund 8 Prozent des Benzinzusatzes MTBE, der als Schadstoff in die Umwelt gelangt (saldo 5/04) - viermal mehr als das 95er-Benzin.
Glaubt man Shell, gibt es aber selbst bei Bleifrei 95 messbare Qualitätsunterschiede. Entsprechend wirbt das Unternehmen unverblümt: «Mit uns fahren sie weiter.» Mit dem Shell-Benzin der neuen Generation würden dank spezieller Zusätze Reibungsverluste im Motor minimiert und die Bildung von Ablagerungen verhindert. Damit ermögliche der neue Treibstoff eine effektivere Motorleistung.
Angebliche Effizienzsteigerung kaum messbar
Fachleute zweifeln dieses Versprechen indes an: «Shell hat das neue Benzin nur intern getestet - es fehlt bisher eine neutrale wissenschaftliche Messung», sagt TCS-Experte Luigi Munafo.
Laut Claudia Hedrys von Shell lässt sich die Einsparung anhand von Flottentests nachweisen. 14 Autos absolvierten je 16 000 Kilometer unter identischen Fahrbedingungen - je einmal mit dem neuen Shell-Treibstoff und einmal mit Benzin ohne Zusatz. Dabei hätten die Fahrzeuge mit Shell-Benzin im Durchschnitt eine Mehrleistung von 7 Kilometern pro 50-Liter-Tankfüllung erzielt. Hedrys: «Wir bieten mit unserem Benzin die technische Vorlage für einen effizienteren Verbrauch.»
Doch der Vergleich hinkt. Viele Konkurrenten von Shell versetzen ihren Treibstoff ebenfalls mit Zusätzen. Zudem bewegt sich die Sparmöglichkeit in einem Bereich von gerade mal 1 Prozent. Daniel Hofer von Migrol hält denn auch wenig von der Shell-Werbung: «Wie soll ein Autofahrer diese Einsparung bei unregelmässigem Fahrverhalten überhaupt selber feststellen? Mit einer angepassten Fahrweise lässt sich erheblich mehr Benzin sparen» (siehe Kasten).
Claudia Hedrys räumt ein, dass die Effizienzsteigerung für den Autofahrer in der Tat kaum messbar sei. Sie gibt zu: «Andere Faktoren bergen ein grösseres Sparpotenzial.»
So können Sie Benzin sparen
Ein um 10 bis 20 Prozent niedrigerer Benzinverbrauch ist möglich - unabhängig davon, bei welchem Anbieter getankt wird. Sie können sparen, wenn Sie einige Tipps befolgen:
- niedertourig fahren;
- Motor ohne Gas starten;
- bei längeren Stopps Motor abstellen;
- unnötigen Ballast aus dem Kofferraum entfernen;
- Skiträger abmontieren, wenn er nicht mehr gebraucht wird;
- Pneudruck regelmässig kontrollieren;
- Klimaanlagen, Sitz- und Heckscheibenheizung nur einschalten, wenn nötig.
Weitere Hinweise zum umweltschonenden Fahren und Antworten auf Fragen rund ums eigene Auto gibt es im neuen Ratgeber «Das eigene Auto: So fahren Sie am günstigsten» (Bestellschein auf Seite 24).