Als Sascha Sahli nach den Ferien seinen Schuhmacherbetrieb in Bern wieder öffnen wollte, musste er feststellen: Weder Festnetztelefon noch Internet funktionierten. Seine Kunden konnten ihn nicht erreichen und auch nicht mit der Karte bezahlen. Sahli reklamierte sofort bei der Swisscom.
Erste Fehldiagnose: Der Router sei defekt
Die Swisscom teilte ihm am Telefon mit, der Router sei defekt. Sie schickte ihm einen neuen – und zwar zum angeblichen «Vorzugspreis» von 99 Franken. Fakt ist aber: Der Router kostet für alle alten Swisscom-Kunden 99 Franken, neue Kunden erhalten ihn gratis.
Der neue Router nützte nichts. Die Leitung war genauso tot wie vorher. Sascha Sahli rief deshalb abermals bei der Swisscom an.
Zweite Fehldiagnose: Die Steckdose sei defekt
Wieder stellte die Swisscom aus der Ferne eine Diagnose: Die Steckdose sei schuld am Ausfall von Festnetz und Internet. Sahli liess einen Elektriker kommen. Dessen Befund: Die Steckdose funktioniere einwandfrei. Der Schuhmacher telefonierte der Swisscom ein drittes Mal.
Dritte Fehldiagnose: Der Fehler liege im Haus
Diesmal hiess es, der Fehler müsse irgendwo im Haus liegen. Die Swisscom bot an, innert drei bis sieben Tagen einen Techniker vorbeizuschicken. Er könne aber auch sofort kommen. Dies allerdings nur, wenn Sahli per sofort auf ein teureres Abo wechsle – für Mehrkosten von 40 Franken pro Monat.
In der Zentrale wurde ein Stecker vergessen
Wohl oder übel willigte Sahli ein. Der Techniker kam und stellte fest, dass alles einwandfrei funktionierte. Er fand aber heraus, dass während Sahlis Ferien in der Swisscom-Zentrale im Quartier gearbeitet worden war. Deshalb sah der Techniker dort nach. Und siehe da: In der Zentrale war ein Stecker ausgezogen und nicht wieder eingesteckt worden. Damit war klar: Der Fehler lag bei der Swisscom.
«Für uns war der Ausfall sehr unangenehm», fasst Sascha Sahli zusammen. «Unsere Kunden riefen zum Teil im benachbarten Café an, um uns zu erreichen. Und wenn sie kein Bargeld dabei hatten, mussten wir sie zum Postomaten schicken.»
Bei der Swisscom war bald einmal klar, dass eigene Leute den Festnetz- und den Internetausfall verursacht hatten. Und dass sie Sascha Sahli mehrmals einen falschen Rat erteilt hatten. Trotzdem entschuldigte sich niemand bei ihm. Und die Swisscom machte auch keine Anstalten, ihm die Kosten zu erlassen.
Bis der K-Tipp nach zwei Wochen intervenierte. Plötzlich übernahm die Swisscom die Kosten und stornierte das teure Abo. Doch die detaillierten Fragen des K-Tipp beantwortete die Swisscom nicht. Stattdessen verwendete sie immer wieder den gleichen Text-Baustein: «Hier sind Fehler auf unserer Seite geschehen. Hierfür entschuldigen wir uns in aller Form beim Kunden.»
Guthaben zurück dank Reklamation.ch
Im Sommer 2017 wechselte Walter Mathys aus Wasen im Emmental BE sein Handy-Abo von Swisscom zu Wingo. Die Swisscom versicherte, sein Guthaben von Fr. 98.65 werde zu Wingo transferiert.
Doch das klappte nicht. Die Swisscom sagte, sie habe es überwiesen. Wingo sagte, es sei nicht angekommen. Mathys reklamierte «mindestens sechs Mal». Nach einem Jahr wurde es ihm zu bunt. Er stellte seine Erlebnisse auf Reklamation.ch, die Beschwerdeplattform des K-Tipp. Und dann ging es plötzlich schnell: Schon am nächsten Tag war das Geld gutgeschrieben.
Was war passiert? Das wollte der K-Tipp von der Swisscom wissen. Mal hiess es, der Fehler lasse sich nicht nachvollziehen. Dann war das Computersystem schuld. Und schliesslich erklärte die Swisscom, sie habe das Guthaben nur «aus Kulanzgründen zugesprochen». Das heisst: Mathys hätte angeblich gar keinen Anspruch auf das Geld gehabt. Die Swisscom verwies auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wo es heisst: «Guthaben können nicht zu einem anderen Betreiber transferiert werden.»
Nur: Wingo ist kein anderer Betreiber, sondern Teil der Swisscom. Darauf musste der K-Tipp das Unternehmen aufmerksam machen. Mathys hatte also Anspruch auf das Geld. Wie viele Kunden Geld verloren haben, weil die Swisscom ihre Guthaben nicht gutgeschrieben hat, sagt die Telefongesellschaft nicht.
Fazit: Ein Eintrag auf Reklamation.ch kann Wunder bewirken. Die Swisscom überprüft nach eigenen Angaben die K-Tipp-Plattform «regelmässig und geht offenen Fällen nach».