Streit um die Rückzahlung von Gründungskapital
Eine Deutsche hat zur Gründung eines Schweizer Unternehmens Geld zur Verfügung gestellt. Sie behauptet, es handle sich um ein Darlehen, und verlangt das Geld zurück. Die Verantwortlichen des Betriebs sagen, es handle sich um Aktienkapital und verweigern die <br />
Auszahlung.
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saldo 02/2013
06.02.2013
Thaïs In der Smitten
Für die heute in Deutschland lebende Klägerin erscheint lediglich der Anwalt vor den drei Richtern des Kantonsgerichts Obwalden in Sarnen. Er entschuldigt ihre Absenz in der Verhandlung: «Meine Mandantin ist notgedrungen wieder arbeitstätig. Sie hat ihr Vermögen in dieses Abenteuer eingeschossen. Die erhoffte Geschäftsbeziehung ist nicht zustande gekommen.» Nun befinde sie sich in einer finanziell schwierigen Lage.
Die Klägerin fordert den ...
Für die heute in Deutschland lebende Klägerin erscheint lediglich der Anwalt vor den drei Richtern des Kantonsgerichts Obwalden in Sarnen. Er entschuldigt ihre Absenz in der Verhandlung: «Meine Mandantin ist notgedrungen wieder arbeitstätig. Sie hat ihr Vermögen in dieses Abenteuer eingeschossen. Die erhoffte Geschäftsbeziehung ist nicht zustande gekommen.» Nun befinde sie sich in einer finanziell schwierigen Lage.
Die Klägerin fordert den Betrag von 30 000 Euro, umgerechnet 41 000 Franken, den sie dem beklagten Unternehmen als Darlehen zur Verfügung gestellt habe.
Die Aktiengesellschaft ist durch den Geschäftsführer und den Vizepräsidenten des Verwaltungsrats, einen Anwalt, vertreten. Die beiden Herren bringen an die Gerichtsverhandlung nicht nur Papiere, sondern auch eine Glasflasche mit.
Klägerin plante Vertrieb in Deutschland und Österreich
Der Zweck der Gesellschaft liegt im Verkauf solcher Flaschen. Sie enthalten kolloidales Gold- und Silberwasser. Gemeint ist damit Wasser, das mit kleinsten Edelmetallteilen versetzt ist. Es soll die Gesundheit fördern und bei Suchtproblemen, Depressionen, arthritischen und rheumatischen Beschwerden helfen. Die Getränke sind Glaubenssache. Ihre Wirksamkeit ist wissenschaftlich nicht belegt.
Einig sind sich die beiden Parteien darin, dass die Klägerin 30 000 Euro zur Gründung einer Aktiengesellschaft auf ein Kapitaleinzahlungskonto bei der Obwaldner Kantonalbank überwiesen hat. Als Gründer und Aktionäre der Gesellschaft sind drei Männer im Handelsregister eingetragen.
Gemäss der Klägerin war geplant, dass sie den Gold- und Silberwasser-Vertrieb in Deutschland und Österreich aufbauen sollte. Mit den Gründern der Schweizer Gesellschaft sei abgemacht worden, dass das eingezahlte Darlehen in Form von Gutschriften auf Warenlieferungen zurückgezahlt werde.
Die Klägerin war allerdings laut ihrem Anwalt mit der Qualität des gelieferten Wassers nicht zufrieden. Das Goldwasser sei verunreinigt gewesen. Deshalb sei sie aus dem Geschäft ausgestiegen und will nun ihr Darlehen zurückhaben.
Die drei Gründer verwendeten das Geld als Aktienkapital
Der Geschäftsführer des beklagten Unternehmens bestreitet, dass es sich bei dem überwiesenen Geld um ein Darlehen handelte. Das Geld sei als Aktienkapital einbezahlt worden – treuhänderisch für die als Aktionäre aufgetretenen drei Gründer. Im Gegenzug habe die Klägerin das Alleinvertriebsrecht in Österreich sowie einen Vertriebsanteil in Deutschland erhalten. Das Goldwasser sei einwandfrei und pünktlich geliefert worden, die Klägerin habe nie reklamiert. Sie habe aber plötzlich nichts mehr verkauft und sei mit den Preisvereinbarungen nicht mehr einverstanden gewesen.
Aktienkapital darf nicht an Aktionäre zurückgezahlt werden
Der Geschäftsführer der Aktiengesellschaft stellt den Antrag, die Klage abzuweisen. Aktienkapital dürfe nicht zurückgezahlt werden. Dagegen führt der Anwalt der Klägerin aus, dass das Unternehmen in seiner Bilanz einen hohen Gewinn ausweise. Dieser Umstand mache es möglich, die Auszahlung der geschuldeten 41 000 Franken zu veranlassen, ohne das Aktienkapital anzutasten.
Das Gericht folgt seinen Ausführungen nicht: Es weist die Klage vollumfänglich ab. Statt Geld zurück gibt es für die Klägerin 3500 Franken Gerichtskosten. Die Begründung: Sie habe nicht beweisen können, dass ein Darlehensvertrag vereinbart worden sei. Das Geld sei zur Gründung der Aktiengesellschaft eingezahlt worden. Und die Rückzahlung von Aktienkapital an Aktionäre sei unzulässig. Dies gelte selbst dann, wenn wegen des Bilanzgewinns das Aktienkapital dafür nicht angetastet werden müsse.
Prozessieren: Beweislast liegt beim Kläger
Wer in einem Zivilprozess eine Forderung geltend macht, trägt in der Regel die Beweislast. Das heisst: Er muss den Sachverhalt beweisen, aus welchem sich die Forderung ergibt. Das ist ein Vorteil für die beklagte Partei. Denn: Sind die Fakten unklar, hat der Kläger Pech gehabt. Die Klage wird dann abgewiesen, und er zahlt die Gerichtskosten sowie seine Anwaltskosten und diejenigen der Gegenpartei.
Deshalb sind klare Verträge gespartes Geld. Klar bedeutet: Der Hintergrund des Vertrags und die Absichten der Parteien gehören schriftlich festgehalten – genauso wie die Rechte und Pflichten der Beteiligten.
Klare schriftliche Verträge vereinfachen und beschleunigen auch
allfällige Gerichtsverfahren: Eine Beweisführung mit Urkunden ist weitaus sicherer als eine mit Zeugenaussagen.