Steuern - Steuerparadies: Oft profitieren nur die Reichen
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saldo 6/2002
27.03.2002
Steuerprogression: Sie sollte Normalverdiener schonen und die Reichen zur Kasse bitten. Manche Kantone machen genau das Gegenteil.
Der einfachste Tipp der Steuerberater ist zugleich auch der wirksamste: Wechseln Sie Ihren Wohnort. In der Schweiz entscheidet jede Gemeinde und jeder Kanton selbst, wie hoch die Steuern sind. Die Unterschiede sind gewaltig: Eine Familie mit einem Bruttoeinkommen von 80 000 Franken zahlt in Zug gerade mal 1800 Franken Steuern, in Delsberg im Kanton Jur...
Steuerprogression: Sie sollte Normalverdiener schonen und die Reichen zur Kasse bitten. Manche Kantone machen genau das Gegenteil.
Der einfachste Tipp der Steuerberater ist zugleich auch der wirksamste: Wechseln Sie Ihren Wohnort. In der Schweiz entscheidet jede Gemeinde und jeder Kanton selbst, wie hoch die Steuern sind. Die Unterschiede sind gewaltig: Eine Familie mit einem Bruttoeinkommen von 80 000 Franken zahlt in Zug gerade mal 1800 Franken Steuern, in Delsberg im Kanton Jura muss sie mehr als viermal so viel, nämlich 8100 Franken, hinblättern.
Es gibt Steuerparadiese und Steuerhöllen. Doch so einfach ist die Einteilung nicht. Denn es kommt auf die Höhe des Einkommens an. Eine Rangliste der Kantone nach Steuerlast sieht also je nach Einkommen ganz anders aus.
So gilt zum Beispiel Freienbach im Kanton Schwyz gemeinhin als die steuergünstigste Gemeinde der Schweiz. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Erst ab einem Einkommen von 100 000 Franken wird die Ebner-Gemeinde zum Garten Eden. Mittleren und kleinen Einkommen zeigt das Steuerparadies die kalte Schulter.
Die Stadt Genf ist für Kleinverdiener ein attraktives Pflaster
Für eine alleinstehende Frau mit zwei Kindern und einem mittleren Einkommen von 60 000 Franken ist die Stadt Genf ein Steuerparadies. Die Alleinerziehende zahlt dort etwas mehr als 700 Franken Steuern. In Herisau müsste sie 4500 Franken bezahlen. Für Millionäre hingegen ist Genf die Steuerhölle schlechthin. Umgekehrt ist Herisau für Grossverdiener durchaus attraktiv.
Wer 40 000 Franken im Jahr verdient - das entspricht einem Monatslohn von brutto 3000 Franken -, zahlt zwischen 1500 (Zug) und 4300 Franken (Basel) Steuern. Luzern gehört mit 3800 Franken für diese Einkommensklassen zu den teuren Orten. Reiche hingegen kommen in Luzern besser weg, was die Steuerbelastung anbelangt.
Die meisten Kantone haben im letzten Jahr auf die Gegenwartsbesteuerung umgestellt und versucht, die Ungerechtigkeiten im Steuergesetz zu mindern. Die neuen Zahlen sind jedoch noch nicht bekannt.
«Von guten Steuerzahlern profitiert der ganze Kanton»
Doch das Grundproblem dieser Kantone bleibt: «Wir können die unteren Einkommen nicht beliebig zu Gunsten der höheren entlasten», sagt Marianne Kleiner, Ausserrhoder Finanzdirektorin. Denn sonst würden die Steuereinnahmen zu stark sinken. Gerade die Landkantone haben nämlich sehr viele Einwohner mit kleinen und mittleren Einkommen. «Auf der anderen Seite müssen wir Leute mit hohen Einkommen anziehen, denn von diesen guten Steuerzahlern profitiert dann der ganze Kanton», sagt Kleiner.
Davon können auch die Innerschweizer Kantone ein Lied singen: Die Steueroasen Zug, Schwyz und Nidwalden zwingen auch die anderen Kantone, ihre Steuern für die Grossverdiener anzupassen: Die breite Masse wird zur Kasse gebeten, den Reichen wird der Hof gemacht.
Pasquale Ferrara
Kanton Zürich: Steuergünstig für Familien mit wenig Einkommen
Die Kantone verteilen ihre Steuerlast sehr unterschiedlich. Das zeigen auch die Statistiken der eidgenössischen Steuerverwaltung.
- Steuerparadies für alle: Der Kanton Zug ist der steuergünstigste Kanton für praktisch alle Einkommensklassen. Ob für Millionäre oder Kleinverdiener mit einem Einkommen von 50 000 Franken, Zug ist praktisch immer ein Steuerparadies.
- Steuerparadies für die Schwachen: Beispielsweise Zürich ist für Familien mit unterem und mittlerem Einkommen im Vergleich zu anderen Kantonen sehr steuergünstig. Je höher das Einkommen, desto grösser wird die Steuerbelastung jedoch im Vergleich zu anderen Kantonen. Das kann mehrere Gründe haben: Zum einen hat Zürich eine Tarifstruktur mit einer stark ansteigenden Progression. Zum anderen entlasten auch grosszügige Abzüge - zum Beispiel für Kinder - untere Einkommensschichten.
- Steuerparadies für die Grossverdiener: Appenzell-Ausserrhoden oder Obwalden etwa verteilen ihre Steuerlast genau umgekehrt. Je höher das Einkommen ist, desto steuergünstiger sind die beiden im Vergleich zu anderen Kantonen. Das heisst: Der Kanton hat eine schwach ansteigende Progression.