Daniel Brunner aus Zug organisierte im Ok­tober für 15 Personen eine Gruppenreise von Zug nach St. Moritz. Wohlweislich hatte er in den Zügen ­Plätze für seine Gruppe reserviert. «Trotzdem mussten wir um unsere Sitz­plätze kämpfen und andere Reisende ärgern», berichtet er. Was war passiert?

Im Zug nach Thalwil ZH hingen nur bei acht Plätzen Reservationszettel. Die Gruppe fand schliesslich sieben weitere freie Plätze – aber im Wagen verstreut.

Zwischen Thalwil und Chur waren die Reserva­tionszettel im Eingangs­bereich im unteren Geschoss angebracht – mit ­einem Pfeil und dem Vermerk «oben». Im oberen Geschoss deu­tete aber nichts auf reservierte Plätze hin. Deshalb waren auch keine frei. 

Auf der Rückfahrt ab Chur hatte es weder Zettel noch entsprechende Spuren. Auch ein Kondukteur, der hätte helfen können, war nicht aufzufinden.

Auch ab Thalwil fehlten die Zettel. Ein Kondukteur erinnerte sich, in Zürich noch zwei Zettel gesehen zu haben. Er sagte, ­unter der Woche sei es normal, dass die Zettel von anderen Passagieren abgerissen würden. Die Gruppe erhielt zum Trost zwei 6-Franken-Gutscheine, später noch eine 1.-Klasse-Tageskarte.

In den Zügen der Rhä­tischen Bahn von Chur nach St. Moritz und zurück funktionierte ­alles.

Auf seine schriftliche ­Reklamation bei den SBB erhielt Daniel Brunner nur ganz allgemeine Antworten. Zum Beispiel: «Verantwortlich für die Freihaltung der Plätze ist in erster Linie ­unser Zugpersonal. Allerdings sind die Regional­Expresszüge von Thalwil nach Chur nicht begleitet. Das ist sicher nicht ideal.»

Und zum Zettel im ­unteren Geschoss mit dem Pfeil und dem Vermerk «oben»: «Auch oben wäre eine Beschriftung nötig. Momentan ist dies nicht vorgesehen. Wir sind hier mit den Verantwortlichen bereits in Verhandlung, damit dieser Prozess endlich verbessert wird. Dies be­nötigt jedoch seine Zeit.»

Daniel Brunner ärgert sich über diese unbefrie­digenden Auskünfte. Und er fragt sich: «Was machen Touristen, die nicht Deutsch oder Englisch sprechen, in einem solchen Fall?» 

Keine Zettel in unbegleiteten Zügen

Deshalb fragte auch der K-Tipp bei den SBB nach. Dort ist das Problem bekannt: «Auch wir erhalten immer wieder Rück­meldungen von Kunden, deren reservierte Plätze von anderen Reisenden besetzt waren.» Jährlich seien aber 120 000 Gruppen mit insgesamt 3 Millionen Rei­senden unterwegs. «Da ist es schlicht nicht möglich, jedes einzelne Abteil zu ­bezetteln.»

Der knausrige Umgang der SBB mit den Reservationszetteln ist nur ein Teil des Problems. Unbeglei­tete Züge können laut SBB «aus logis­tischen Gründen nicht bezettelt werden». Heisst: Die Gruppe reserviert zwar ­Plätze. Aber tatsächlich «wird auf eine Reservierungsanschrift verzichtet».

Die SBB orten das Pro­blem primär bei den Kunden: «Leider werden Reservationszettel oft entfernt, sodass die Reservation nicht mehr ersichtlich ist.» Oder die Kunden übersähen, dass Plätze reserviert sind. «Damit Gruppenreisen reibungslos klappen», so die SBB, brauche es «gegen­seitige Rücksichtnahme».