Wer seinen vier Wänden ein neues Gesicht verleihen will, dem stehen nicht nur unzählige Farbtöne und Farbmaterialien zur Verfügung. Es gibt auch jede Menge Maltechniken, die ganz spezielle Effekte an die Wände zaubern. Statt des Pinsels oder der gewöhnlichen Schaumstoffrolle verwendet man Lederlappen, Bürsten, Schwämme und anderes mehr, um die Farben aufzutragen. Diese Techniken sind in der Regel aufwendiger als die herkömmlichen, die notwendigen Vorbereitungen hingegen bleiben sich gleich.
Ganz wichtig ist die Zusammensetzung der Farbe, da jedes Farbmaterial durch unterschiedliche Bindemittel andere Eigenschaften aufweist. «Durch das Bindemittel wird der Charakter des Farbtons sowie die Technik verändert», sagt Anja Kraft, Malermeisterin und Fachfrau für Farb- und Lacktechnik in Zürich. Möchte man im Bereich der Wandgestaltung herkömmlich arbeiten, genügt eine Dispersions- oder Silikonharzfarbe. Aber: «Lassen Sie sich nicht vom Begriff ‹Wohnraumfarbe› blenden. Fragen Sie nach, mit welchem Bindemittel sie hergestellt worden ist», rät die Malermeisterin.
Ist einem das Wohnraumklima und die Ästhetik der Technik wichtig, entscheidet man sich besser für eine Organo-Silikatfarbe oder je nach Untergrund für eine Kalk-, Leim-, Lehm- oder Naturharzdispersion oder -emulsion. Anja Kraft: «Seien Sie sensibel und fragen Sie nach, denn es ist Ihre Wohnung, somit Ihr Wohnraumklima und Ihr Zuhause.» Solche Öko- oder Naturfarben gibt es im Fachhandel oder in Bau- und Hobbymärkten, wo man sich auch gleich seinen Wunschfarbton mischen lassen kann.
In Bau- und Hobbymärkten gibt es zudem Beratung, zum Beispiel was die Menge der Farbe anbelangt oder welche Farbe sich für welche Untergründe besonders gut eignet. Am besten, man kauft ein bisschen mehr, als unbedingt nötig, damit genügend Farbe zum Ausprobieren bleibt. «Bevor man sich an ganze Wände wagt, sollte man die verschiedenen Techniken auf einer kleineren Fläche ausprobieren», rät Anja Kraft. Das kann ein Holzbrett sein, aber auch eine Holzkiste, eine Blumenvase oder ein Sockel im Raum. So erkennt man nicht nur die Wirkung, sondern macht sich auch mit der Technik vertraut. Dabei spielt es keine Rolle, ob man mit Schwämmen, Lappen, alten Badetüchern oder einem Seidenschal die Farbe aufträgt.
Die richtige Vorbereitung
Ganz wichtig ist, dass man die Wände gut vorbereitet. «Sie müssen möglichst sauber, fettfrei, trocken und ohne Schimmelbildung sein, weil sonst die Farbe nicht hält», so die Fachfrau. Fettflecken lassen sich in der Regel mit Salmiak neutralisieren, Schimmel mit speziellen Sprays oder mit Javelwasser. Zudem muss man die Wände gründlich absaugen. Selbstverständlich entfernt man auch sorgfältig allfällige Nägel oder Schrauben. Löcher werden mit Spachtelmasse ausgebessert und nach dem Trocknen mit Schleifpapier dem Untergrund entsprechend geschliffen. Idealerweise ist die Wand mit einer Farbe gestrichen, die problemlos überstrichen werden kann.
Tipp: Wer auf Nummer sicher gehen will, drückt ein Stück Klebband auf die zu streichende Wand. Bleibt beim Abreissen Farbe dran kleben, dann hält auch ein Neuanstrich nicht. In diesem Fall muss man die alte Farbe erst entfernen. Manchmal besteht der Untergrund aus einer Raufasertapete oder Putz. Diese können mehrmals überstrichen werden, allerdings muss man bei einer Tapete unbedingt vorher allfällige abgelöste Stellen in den Nähten festkleben.
Kraft: «Und wenn sie ein Muster hat, kann es gut sein, dass dieses durchschimmert. In diesem Fall ist es besser, wenn man die Tapete vor dem Neuanstrich entfernt.»
Abdecken und grundieren
Bevor man loslegen kann, gehts ans Abdecken. Dafür eignen sich Plastikplanen, alte Leintücher, Packpapier und Zeitungen. Tür- und Fensterrahmen, Sockelleisten, Lichtschalter und Steckdosen müssen mit Abdeckband vor Farbklecksen geschützt werden. Wichtig ist, dass man dieses gut andrückt, damit keine Farbe darunterlaufen kann.
Ist alles vorbereitet, kann es losgehen. Den Maltechniken (siehe unten) ist eines gemeinsam: Erst wird die Wand deckend grundiert, danach kann man weitere Schichten auftragen. Was die Farben anbelangt, gibt es folgende Möglichkeiten: Alles im selben Farbton, aber in unterschiedlicher Verdünnung, oder verschiedene Farben übereinander – Letzteres wirkt allerdings oft sehr bunt und manchmal zu lebhaft.
Malen wie ein Profi
Egal, ob Pinsel, Schwamm oder Lappen – für ein gutes Ergebnis sollte man sich an die Vorgehensweise der Malerprofis halten:
- Am besten streichen Sie bei Raumtemperatur. Zugluft oder zu tiefe Temperaturen können zu Ungleichmässigkeiten auf dem Anstrich führen.
- Achten Sie auf einen sauberen, staub- und fettfreien Untergrund. Abblätternde Farbe muss entfernt werden.
- Tür- und Fensterrahmen, Steckdosen und so weiter klebt man sorgfältig mit Malerband ab. Allfällige Löcher unbedingt mit dem passenden Füllstoff auffüllen.
- Noch besser sieht es aus, wenn man Beschläge aller Art vor dem Streichen abschraubt.
- Beginnen Sie immer auf der Fensterseite und arbeiten Sie vom Licht weg. So werfen Sie sich selbst keine Schatten.
- Sollen Decke und Wände gestrichen werden, dann mit der Decke beginnen.
- Je nach Technik müssen Raumecken mit dem Pinsel gestrichen werden. Damit die Ecken nicht zu viel Farbe abbekommen, kann man während des Tupfens einen Karton erst auf die eine, dann auf die andere Wand halten.
- Ziehen Sie das Abdeckband ab, bevor die Farbe ganz trocken ist. So vermeiden Sie, dass die Farbe mitsamt dem Klebband abgerissen wird.
- Verliert der Pinsel Haare, dann immer warten, bis die Farbe vollständig getrocknet ist, bevor man das Haar entfernt.
- Bewahren Sie für eventuelle Ausbesserungen immer ein bisschen von der verwendeten Farbe auf.
Die kleinen Helfer
- Legt man Schwamm, Rolle oder Pinsel nur kurz zur Seite, braucht man sie nicht auszuwaschen. In einen kleinen Plastiksack gepackt trocknen sie nicht ein und können sofort zum Weiterstreichen verwendet werden.
- Ein weicher, trockener Pinsel hilft, Staub aus Ecken und Löchern zu entfernen.
- Um Farbspritzer wegzuputzen, bevor sie eingetrocknet sind, sollte man immer ein sauberes Tuch in Griffweite haben.
- Wandfarben sind in der Regel wasserlöslich: Zur Pinselreinigung eignet sich deshalb Wasser – versetzt mit etwas Schmierseife.
Drei verschiedene Maltechniken
- Schwammtechnik: Die Schwamm- oder Stupftechnik verleiht Wänden einen wolkigen, lebendigen Effekt. Geeignet ist sie für glatte Wände ebenso wie für leicht angeraute Untergründe. Vorsicht: Je gröber die Struktur, desto grösser der Schattenwurf und desto dunkler das Ergebnis.
Damit es nicht allzu bunt wird, sollte man für Grund- und Schwammfarbe Ton in Ton bleiben oder zumindest keine allzu grossen Kontraste wählen. Am besten probiert man die Kombination auf einem Brett aus. Hat man sich entschieden, wird zuerst die Wand mit der Grundfarbe gestrichen. Danach taucht man einen feuchten Naturschwamm in die Farbe und drückt ihn leicht aus. Als Farbe eignen sich transparente Lasuren ebenso wie deckende Wandfarben. Nun beginnt man an den Ecken mit Auftüpfeln.
Unterschiedliche Effekte ergeben sich durch die Struktur des Schwamms, die Stärke des Drucks beim Farbauftrag sowie die Entfernung zwischen den Tupfen. Es lohnt sich, immer mal wieder ein paar Schritte zurückzutreten, um die Wirkung zu prüfen. Für die Ecken zupft man kleine Stücklein aus dem Schwamm und tüpfelt diese sorgfältig aus.
- Wisch- oder Lasurtechnik: Mit dieser Technik entstehen weiche, fliessende Oberflächen. Durch das Auftragen mehrerer transparenter Farbschichten entsteht eine Tiefenwirkung, die Räume grösser wirken lässt. Für die Lasurtechnik muss man schnell arbeiten, denn wenn die erste Schicht zu trocken ist, geht der Effekt verloren. Am besten klappt es, wenn man zu zweit arbeitet. Der eine trägt mit der Rolle die Farbe grosszügig auf.
Der andere gibt dem Anstrich mit einem Pinsel oder allenfalls einer Bürste oder einem Wischhandschuh Struktur, indem er die frische Farbe kreuz und quer oder in Wellen oder Kreisen verteilt. Je mehr Schichten man übereinanderlegt, desto ruhiger wirkt die Wand. Dies erst recht, wenn man nicht zu stark kontrastierende Farbtöne verwendet.
- Wickeltechnik: Mit einem zusammengeknäuelten Hirschleder, alten Badtüchern oder anderen Textilien bringt man markante, lebhafte Strukturen auf die Wände. Besonders schöne Strukturen bekommt man mit Leder, allerdings ist dieses für Anfänger nicht ganz einfach in der Handhabung. Wichtig ist, dass man ein nicht fuselndes Material verwendet. Zunächst wird die Wand im gewünschten Farbton mit der Rolle oder dem Pinsel gestrichen.
Nach dem Trocknen bearbeitet man sie mit dem Lappen – entweder Ton in Ton oder mit einer Kontrastfarbe. Dazu legt man den Lappen in die Farbschale, drückt ihn gut aus, knautscht ihn locker zusammen und rollt oder wickelt ihn dann über die Wand ab. Dies geschieht kreuzweise, ähnlich wie bei einem Geflecht. Mehr als drei Schichten sollten nicht aufgetragen werden, weil die Wand sonst zu unruhig wirkt.
Verwendet man deckende Farben, spielt es keine Rolle, wenn der Grund dunkler ist als die Farbe auf dem Wickel. Verwendet man Lasuren, muss in der Reihenfolge von hell nach dunkel vorgegangen werden, denn eine helle, durchscheinende Lasur ist auf dunkler Farbe kaum zu erkennen. Mit der Wickeltechnik kann man auch Akzente setzen, indem nur eine einzelne Wand bearbeitet wird.
Grundsätzlich gilt: Im Handel finden sich nebst den richtigen Farben für diese Maltechniken auch Hilfsmittel wie Lederwalzen und sogenannte Effekt-Schwämme. Man kann sich sein Werkzeug aber auch selber machen. Zum Beispiel eine Schaumstoffrolle, aus der man kleine Stücklein herauszupft.