Sie leuchten goldgelb oder grünlich, sind tintenblau oder schwarz, saftig, zuckersüss – und wurden schon im alten Rom als verführerisch besungen. Bloss: Trauben aus dem eigenen Garten sind zuweilen alles andere als verführerisch, sondern oft sauer, verpilzt, faulig oder verdorrt. Echter und Falscher Mehltau, Essigfliegen oder Traubenwickler vergällen manch einem Hobby-Gärtner die Freude an eigenen Reben.
Das muss aber nicht sein: Dank neuer, pilzwiderstandsfähiger Rebsorten ist alles nur halb so schlimm. Man kann sogar weitgehend auf Spritzmittel verzichten. Und auch mit der richtigen Standort- und Sortenwahl steigen die Chancen, gesunde, reife Trauben zu ziehen.
StandortDer Standort ist ein entscheidender Faktor für das Gedeihen der Pflanzen. «Reben sind grundsätzlich wärmeliebend», sagt Andreas Meier von der Rebschule Meier in Würenlingen AG. Ob Spalier an der Hauswand oder Pergola – die Reben möglichst nach Süden ausrichten. Denn an Ost- oder Westwänden reifen nur frühe Sorten aus.
SortenwahlEs gibt Wein- und Tafeltrauben. Erstere enthalten mehr Zucker und Säure, sind daher ideal für die Weinproduktion, schmecken aber beim Essen säuerlich. Die Tafeltrauben haben weniger Zucker, aber auch weniger Säure. Sie sind knackig und dünnhäutig – also besser zum Essen.
Bei beiden Kategorien unterscheidet man zwischen konventionellen und pilzwiderstandsfähigen Sorten (Piwi-Sorten, siehe unten). Die konventionellen benötigen eine regelmässige Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln. Piwi-Sorten hingegen müssen nicht oder nur wenig gespritzt werden. Deshalb eignen sie sich besonders für den Hausgarten. Bis vor wenigen Jahren war die Auswahl an Piwi-Sorten eher klein. «Inzwischen gibt es viele gute Piwi-Tafeltrauben», sagt Meier. Und zwar blaue, rote und weisse, mit klingenden Namen wie Muscat bleu, Nero, Isabella, Venus und Alexandra.
Wer auf konventionelle Sorten setzt, hat die Qual der Wahl: Weltweit gibt es mehrere Tausend Sorten, vor allem Weintrauben. Aber nicht alle gedeihen in der Schweiz.
Ob aber Piwi-Sorten oder konventionelle: Wichtig ist, dass der Reifezeitpunkt der Traubensorte dem Standort entspricht. An sonnigen Südlagen sollten Sie eine späte Sorte wählen, an den anderen Lagen früh oder sehr früh reifende Reben.
Pflanzung
Jungreben pflanzt man ab Ende März bis Ende Mai. Topfreben – das sind bereits in einem Erdballen verwachsene Reben – können das ganze Jahr über ins Freiland gepflanzt werden. Vor dem Pflanzen sollten Sie den Boden vorbereiten. «Die Rebe braucht Luft im Boden – und erträgt vor allem am Anfang keine Konkurrenz», sagt Andreas Meier. Den Boden also gut aufhacken, allenfalls düngen (Reben brauchen Stickstoff) und um den Rebstock herum regelmässig jäten.
Stamm kräftigenVon der Pflanzung bis zur ersten Ernte vergehen rund drei Jahre. Im ersten Jahr geht es darum, dass die Rebe einen Stamm entwickelt. Lassen Sie nur die zwei stärksten, senkrecht wachsenden Triebe stehen.
Im zweiten Jahr schneiden Sie den stärkeren Trieb auf ca. 80 cm Höhe ab. Je nach Wuchs können Sie drei bis fünf Triebe stehen lassen. Bereits wachsende Trauben abschneiden, damit die Rebe die Kraft in die Entwicklung des Stamms steckt. So wächst sie in den Jahren danach kräftiger. Ab dem dritten Jahr können Sie die Trauben lesen.
RebenpflegeSchnitt: Das Rebjahr startet im Februar mit dem Winterschnitt. Er sollte nie zu spät erfolgen, da die Reben sonst «tränen» und Kraft verlieren. Weinreben tragen am einjährigen Holz. Deshalb muss man die Ruten vom letzten Jahr auf zwei Augen (Knospen) zurückschneiden. Diese beiden Knospen ergeben im nächsten Jahr neue Triebe mit Trauben.
Im späteren Frühling erfolgt der
Grünschnitt: Geiztriebe (Nebentriebe aus den Seitentrieben) entfernen, ebenso überzählige Triebe. Dadurch erhalten die restlichen Triebe mehr Kraft.
Entlauben: Im Frühsommer die Blätter im Traubenbereich etwas auslichten. Vollständig von Blättern verdeckte Trauben sind einem feuchten Mikroklima ausgesetzt und damit anfälliger für Krankheiten.
Vorsicht: Ganz der Sonne ausgesetzte Beeren bekommen Sonnenbrand und nehmen Schaden. Und: Die Trauben brauchen Blattwerk, um auszureifen. Die Blätter wandeln die Lichtenergie der Sonne in Zucker um und leiten diesen in die Beeren. Eine grosse Laubwand ist deshalb für das Ausreifen der Beeren entscheidend.
Pflanzenschutz: Bei konventionellen Sorten gehört zur Pflege auch der Pflanzenschutz, speziell gegen Mehltau und Botritis (Graufäule). «Konventionelle Reben im Hausgarten benötigen rund sechs Behandlungen pro Jahr», erklärt Fachmann Meier. Alle zwei Wochen muss gespritzt werden: ein- bis zweimal vor der Blüte und viermal nach der Blüte. Die letzte Behandlung erfolgt etwa Mitte August.
Schutz vor Vögeln und Wespen: Wenn die Trauben süss werden, freuen sich nicht nur die Nachbarskinder, sondern auch die Vögel und Wespen. Angepickte Beeren sind anfällig für Krankheiten – vor allem die Essigfliege treibt dann ihr Unwesen. Bester Schutz vor Vögeln und Wespen ist ein engmaschiges Netz. Achten Sie darauf, dass das Netz fachgerecht gespannt ist und keine Löcher hat, in denen sich die Vögel verfangen könnten.
Belohnt werden Sie mit schönen, reifen Trauben, die nicht nur gut, sondern auch gesund sind. Sie enthalten Traubenzucker, Fruchtsäure, Vitamine und Mineralsalze. Früchte also, die man nicht nur frisch essen kann, sondern auch für Konfitüre und Traubensaft verwenden oder – für Experimentierfreudige – zu Hauswein keltern kann.
Piwi-Sorten für den Garten: Kaum mehr MehltauPilzwiderstandsfähige Reben, kurz Piwi-Sorten, sind Kreuzungen, die die natürlichen Abwehrkräfte der Pflanzen gegen Echten und Falschen Mehltau stärken.
Von der ersten Kreuzung bis zur Marktzulassung einer Piwi-Sorte vergehen Jahrzehnte. Regent beispielsweise, eine der bekanntesten Piwi, entstand 1967 mit der ersten Kreuzung von Diana und Chambourcin. Danach folgten die Vermehrung und Selektion der Rebsetzlinge, Prüfungen durch wissenschaftliche Institute, erste Tests in Weinkellern, ein erster Versuchsrebberg, bis sie dann 1995 in die Sortenliste eingetragen und zugelassen worden ist.
Inzwischen gibt es viele mehr oder weniger resistente Sorten. Vor allem die ersten Blätter im Jahr seien resistent gegen Mehltau, sagt Andreas Meier von der Rebschule Meier. «Die zweiten und dritten Blätter bleiben je nach Jahr auch bei Piwi-Sorten nicht ganz von Mehltau verschont.» Doch der Schaden sei gering. «Im Hausgarten kommt man deshalb praktisch ohne Pflanzenschutzmittel aus», so Meier.
Wie die konventionellen Reben sind die Piwi-Sorten immer auf einer Americano-Rebe aufgepfropft. Americano-Trauben sind – anders als die europäischen Edelsorten – resistent gegen die Reblaus.
Die verbreiteten Piwi-Trauben sind in Baumschulen und Gartencentern erhältlich. Eine Topfrebe kostet 35 bis 40 Franken. Die Rebschulen selber sind weniger für die Beratung von Einzelkunden oder den Detail-Direktverkauf von einzelnen Trauben ausgerichtet. «Wenn jemand aber eine Rebe möchte, die anderswo nicht erhältlich ist, kann er diese in Rebschulen bestellen und kaufen», sagt Meier.
Internet-Adressen
Beratung und Infos zu Piwi-Sorten gibts auch im Internet. Biovitis zum Beispiel, die Stiftung zur Förderung pilzresistenter Rebsorten, hat ein Diskussionsforum eingerichtet, wo sich Interessierte austauschen können.
www.biovitis.chStiftung zur Förderung pilzresistenter Rebsorten, Infos für Winzer
http://forum.biovitis.chDiskussionsforum von Biovitis und Piwi International, auch zu Tafeltrauben
www.reben.chHomepage der Rebschule Meier mit einem ausführlichen Online-Sortenkatalog