Reicht es auf den Zug? Oder reicht es nicht? Diese bange Frage stellen sich all jene Bahnkunden, die im Bahnhof Bern am Schalter ein ­Billett kaufen wollen. Denn die Wartezeiten sind eine Zumutung – vor allem mittags und abends.

Der K-Tipp hat an ­einem Donnerstag nach den Herbst-Schulferien eine Stichprobe gemacht – und zwar über den ganzen Tag verteilt. 50-mal wurde gestoppt, wie lange die Wartezeit am Schalter dauerte. Das ­Resultat:

  • Die längste Wartezeit am Schalter betrug über 17 Minuten.
  • 6-mal betrug die ­Wartezeit mehr als eine Viertelstunde.
  • Weitere 11-mal warens mehr als zehn Minuten.
  • 23-mal zwischen fünf und zehn Minuten.
  • Nur 10-mal lag die Wartezeit unter fünf ­Minuten.


Auf einer Anzeigetafel steht zwar, wie lange die Wartezeit voraussichtlich dauert. Doch die Anzeige ist ungenau. In der Stichprobe dauerte die Wartezeit teilweise effek­tiv drei Mal so lange wie ange­geben.

Der Bahnhof Bern ist in der heutigen Gestaltung in der Schweiz ein Unikum. Denn die Schalterhalle befindet sich seit dem Mai nicht mehr im Bahn­geschoss, sondern einen Stock höher. Und vor allem: Je nach Dienstleistung, die der Kunde in Anspruch nehmen will, muss er aus vier verschiedenen Zettelkategorien – A bis D – auswählen.

Das Hauptproblem: Die Zettelkategorie A dient neu gleichzeitig für zu viele unterschiedliche Dienstleistungen – nämlich für Inland- und Auslandbil­lette, aber auch für Abonnemente, Event­tickets und Reservationen (siehe Bild links).


Entnervte Kunden suchen das Weite

Entsprechend lange sind die Wartezeiten. Die SBB selbst haben während der Hauptreisezeit Wartezeiten von bis zu 30 Minuten gemessen. Trotzdem sprechen sie gegenüber dem K-Tipp von ­«einem grossen Erfolg». Die Zusammen­legung des SBB-Reise­zentrums habe sich bewährt. Sie ermögliche «eine kundenfreund­liche und effiziente Bedienung».

Die Kunden sehen das  ­anders, wie der K-Tipp-­Augenschein zeigte: Kunden, die die Warterei satt hatten, warfen den gelösten Zettel entnervt weg oder verschenkten ihn an andere Wartende.

Für die verärgerten Kunden bleibt unklar, warum so viele Dienstleistungen der Zettelkategorie A zugeordnet sind. «Damit keine Kundengruppe bevorzugt wird», heisst es bei den SBB. Doch das Verständnis der Kunden hält sich in Grenzen.

Wer nämlich ein simples Billett von Bern nach Thun kaufen möchte, der will nicht warten, weil vor ihm ein Kunde seine Fe­rien in Bayonne verbringen, aber nicht über Paris anreisen will, ein anderer Billette für den Circus Knie kaufen möchte und ein dritter für die Fashion-Days. Denn so kann es passieren, dass der Zug nach Thun bereits fährt, bevor der Kunde an der Reihe ist.

Ein kleiner Tipp für Ungeduldige: An den Schaltern des Regionalverkehrs Bern–Solothurn sind die Wartezeiten viel kürzer. Und die Schalter sind erst noch länger offen.


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