Zurzeit gibt es in der Schweiz 932 Postagenturen (Stand Oktober). Sie sollen die Postfilialen ersetzen und sind etwa in Supermärkten, Papeterien und Metzgereien integriert. In diesem Jahr öffneten jeden Monat etwa zehn neue Postagenturen. Post-Chefin Susanne Ruoff wird nicht müde, sie in den höchsten Tönen zu loben: «Die Agenturen haben sich in den vergangenen Jahren zunehmend als praktische und beliebte Zugangsmöglichkeit etabliert.» Doch das Gegenteil trifft zu. Postagenturen sind eigentliche «Schmalspur»-Poststellen. Ihr Angebot ist karg (siehe Unten).
Der K-Tipp prüfte, was Kunden dort erwartet, und besuchte deshalb 16 Postagenturen in vier Kantonen – in Städten und auf dem Land:
Nur wenig Bargeld
Erste Station morgens um 7 Uhr: Quartierladen Voi Fischermätteli in Bern. Der K-Tipp möchte mit der Postcard 500 Franken beziehen. Die Verkäuferin erschrickt: «500 Franken? Oh, nein! So viel Geld haben wir am Morgen nicht in der Kasse.» Der K-Tipp will wissen, wie viel denn bezogen werden könne. Widerwillig händigt die Verkäuferin daraufhin 50 Franken aus. Und bis wann kann man A-Post aufgeben? «Bis am Abend», heisst es nur. Eine genaue Zeit gibt es nicht.
Betriebsferien
Weiter gehts zur Metzgerei Anderegg in Kaufdorf BE. Dort steht der K-Tipp vor verschlossenen Türen. Die Metzgerei hat drei Wochen Betriebsferien. Das gibt es bei den traditionellen Poststellen nicht. Die Reise zur nächsten Post in Toffen und zurück dauert trotz guter Zugverbindungen mindestens eine Dreiviertelstunde. Kommt hinzu: Mittwochs ist die Postagentur immer geschlossen.
Automatenschikane
Nächster Stopp ist der Volg in Spiezwiler BE. Der K-Tipp versucht, am Automaten ein Polstercouvert zu frankieren. Doch der Automat will wissen, ob die Sendung dünner als 2 Zentimeter oder zwischen 2 und 5 Zentimeter dick ist. Also ab an die Kasse. Dort gibt es tatsächlich eine Messlehre. Also wieder zurück an den Automaten. Frankatur ausdrucken, noch einmal an die Kasse und bezahlen. Kundenfreundlich ist das nicht.
Falsche Frankierung
Im Volg in Faulensee BE will sich der K-Tipp beim Frankieren eines Pakets mit einer Länge von 1,08 Metern helfen lassen. Doch die Verkäuferin muss zuerst noch Joghurts ins Regal räumen. Dann hilft sie bereitwillig. Sie frankiert das Paket mit 7 Franken – obwohl sie das nicht dürfte. Denn das lange Paket gilt eigentlich als Sperrgut. Und Postagenturen dürfen kein Sperrgut annehmen. Auf der Post würde das Porto übrigens 29 Franken betragen.
Verspätete Überweisung
Im Dorfladen in Oberried am Brienzersee BE überweist der K-Tipp 18 000 Franken. Die Angestellte wundert sich über den hohen Betrag. Doch die Überweisung klappt problemlos. Der Haken: Die Post schreibt die Einzahlungen, die der K-Tipp während der Stichprobe via Agenturen macht, erst nach vier bis fünf Tagen gut. Normalerweise sollte das nur zwei Tage dauern.
Beschränktes Briefmarken-Angebot
Über die Kantonsgrenze gehts zum Volg in Lungern OW. Der K-Tipp möchte zwei 1-Franken- Marken. Aber das gibt es nicht: Briefmarken sind nur in Bögen à zehn Stück erhältlich.
Keine Einzahlungen
Vom Land gehts in die Stadt. Die Postagentur im Hauptbahnhof Zürich ist kaum zu finden. Sie ist dem Gepäckschalter angegliedert. Verwirrend für viele Kunden: Der Gepäckschalter ist nicht nur Postagentur, sondern auch noch DHL-Service-Point und Briefkasten der Schnitzeljagd Foxtrail.
Und: Einzahlungen sind nicht möglich.
Lange Wartezeit
Die Poststelle am Helvetiaplatz in Zürich ist seit Mitte September geschlossen. Also ab in die Postagentur in der nur wenige Meter entfernten Papeterie Gartmann. Der K-Tipp will 100 Franken einzahlen. Doch es hat eine lange Warteschlange.
Als die Testperson endlich an der Reihe ist, kann der Scanner den Einzahlungsschein nicht lesen. «Da hat es einen Falz», konstatiert die Angestellte und will den Einzahlungsschein schon zurückgeben. Doch so schnell gibt der K-Tipp nicht auf. Er streicht den Falz glatt. Doch nun verlangt der Computer nach einem Ausweis. Der K-Tipp hat keinen dabei. Nun eilt der Chef zu Hilfe. Aber noch bevor er etwas unternehmen kann, storniert der Computer die Zahlung.
Angestellte und Chef sind ratlos. «Können Sie warten?», fragt der Chef. «In elf Minuten kommt unsere gute Fee. Sie kann sicher helfen.» Der K-Tipp verzichtet.
Später versucht der K-Tipp die Einzahlung im Volg in Uerkheim AG nochmals. Und siehe da: Es klappt problemlos. Ohne Ausweis und trotz Falz im Einzahlungsschein.
Schnell und freundlich
Nächste Station: Läbis 5 in Zürich-West. Das Lebensmittelgeschäft hat einen separaten Postschalter. Alle gewünschten Geschäfte werden erledigt – schnell und freundlich. Auch das gibts.
Falsches Format und Porto
Im Voi Grünau in Zürich frankiert der Angestellte das Sperrgut mit 7 Franken, statt es abzulehnen. Wie schon in den Volg-Filialen in Faulensee und Lungern, im Bahnhof Zürich und später auch noch im Bicamo in Moosseedorf BE.
Am Bahnschalter in Muhen AG will der K-Tipp wieder ein Polstercouvert frankieren. «Darf ich das Couvert ein bisschen zusammendrücken?», fragt der freundliche Angestellte. Doch das nützt nichts. Das Couvert ist etwas dicker als 2 Zentimeter. Deshalb verlangt der Angestellte den Paketpreis von 7 Franken. Doch das ist falsch. Für Couverts mit einer Dicke von 2 bis 5 Zentimetern gibt es seit Anfang Jahr einen sogenannten Formatzuschlag von Fr. 1.50. Das Porto hätte also nur Fr. 2.35 betragen dürfen. Offenbar weiss man das in Muhen noch nicht.
Geld ausgegangen
Im Lebensmittelgeschäft Treffpunkt im aargauischen Hirschthal möchte der K-Tipp 500 Franken beziehen. «400 Franken, mehr kann ich nicht geben», sagt die Verkäuferin. Der K-Tipp ist damit zufrieden.
Doch die nächste Kundin hat Pech: Sie möchte ebenfalls 500 Franken. Die Verkäuferin würde am liebsten gar kein Geld mehr auszahlen. Nach gutem Zureden händigt sie der Kundin aber immerhin noch 50 Franken aus.
Positives Erlebnis auf der Gemeindeverwaltung in Holziken AG: Dort wissen die Angestellten bestens Bescheid. Das lange Paket nehmen sie nicht an und schicken den K-Tipp zur nächsten Poststelle.
Zum Schluss noch ein kleiner Tipp:
Wer Porto sparen möchte, geht am besten in den Maxi-Laden in der Tiefenau in Bern. Das dicke Couvert, das andernorts Fr. 2.35 (richtig) oder Fr. 7.– (falsch) gekostet hatte, kostet hier nur 85 Rappen (auch falsch).
Fazit der Stichprobe:
Von neun aufgegebenen Sendungen waren nur zwei korrekt frankiert. Immerhin musste der K-Tipp beim Empfang kein Strafporto bezahlen.
Die Post zeigt sich wegen der Ergebnisse der Stichprobe nicht beunruhigt. Sie sagt, die Postagenturangestellten würden «von spezialisiertem Postpersonal vor Ort geschult». Und zwar «in der Regel während vier Ausbildungsmodulen zu je zwei Stunden».
Die Post hält es zudem für unproblematisch, wenn Kunden in einer Agentur gerade mal 50 Franken Bargeld beziehen können. «Der Minimalbezug», schreibt sie dem K-Tipp, «garantiert unseren Kunden, dass sie nicht mit leeren Händen dastehen». Nur: Mit 50 Franken kommt man heutzutage nicht mehr weit.
Die Post räumt jedoch ein, dass rund 100 Agenturen nicht von Montag bis Samstag geöffnet sind. Zudem, dass 18 Agenturen zwischendurch Betriebsferien machen und in 16 kein Zahlungsverkehr möglich ist.
Das Poststellensterben
Die Post schliesst immer mehr Poststellen. Im Detail:
2001 gab es 3212 Filialen in der Schweiz, nun sind es noch 1323. Bis 2020 will das Unternehmen weitere 400 Poststellen dichtmachen. Als Gründe nennt die Post den Sparzwang und eine sinkende Nachfrage nach Dienstleistungen am Schalter.
Das ist in Postagenturen nicht möglich
- Kunden können keine Bareinzahlungen tätigen.
- Bargeld-Bezüge sind nur bis maximal 500 Franken möglich. Bei niedrigem Kassenbestand gibt es noch weniger.
- Kunden können keine Euros beziehen.
- Pakete mit einer Länge von über 100 Zentimetern können nicht verschickt werden.
- Zahlungen ins Ausland sind nicht möglich, in gewissen Postagenturen nicht einmal Zahlungen im Inland.
- Briefmarken gibt es einzig in Zehner-Bögen. Und bloss mit Markenwerten von 85 Rappen und 1 Franken.
- Kontoeröffnungen sind nicht möglich, es gibt auch keine Kontounterlagen.
- Die Öffnungszeiten sind nicht immer kundenfreundlich. Einige der Postagenturen haben den ganzen Montag oder den ganzen Mittwoch geschlossen. Dazu kommen in einigen Fällen Betriebsferien.