Manchmal frage ich mich, wie es wäre, wenn ich die Seiten wechseln würde: vom Journalisten zum Mediensprecher. Wenn ich mich also der Imagepflege in einem Privatunternehmen widmen würde.

Vielleicht wäre ich dann bei Coop angestellt. Vielleicht riefe mich ein Journalist an, weil er erfahren hätte, dass mein Arbeitgeber Aktionsfleisch anbietet. Nicht aus der Region, sondern aus Uruguay. Aus Australien. Oder aus Neuseeland. Und dass mein Arbeitgeber das Fleisch nicht etwa verschifft, sondern eingeflogen hat – obwohl Coop sich so sehr seiner Nachhaltigkeit rühmt.

Was würde ich antworten? Vielleicht würde ich sagen: «Die Nachfrage nach Edelstücken wie Rinds-Entrecôte oder Lamm-Nierstück ist gross. Die Schweizer Produktion reicht nicht aus, um den Bedarf an diesen Stücken zu decken.»

Oder ich könnte das Vorgehen schönreden: «Wir kompensieren seit 2007 den CO2-Ausstoss aller Flugtransporte unserer Produkte mit hochwertigen Kompensationsprojekten.»

Ich könnte die Gelegenheit auch nutzen, um noch ein bisschen Werbung zu machen: «Als Vollsortimenter bieten wir eine grosse Vielfalt an Produkten an. So können unsere Kunden entscheiden, welches Produkt am besten ihren Bedürfnissen entspricht.» Damit hätte ich die ärgsten Klippen umschifft. So wie es kürzlich eine Coop-Mediensprecherin in der Radiosendung «Espresso» tat.

Ich könnte aber auch sagen: «Wir haben in Australien, Neuseeland und Uruguay grosse Posten von günstigem Fleisch kaufen können. Dieses Geschäft wollten wir uns nicht entgehen lassen. Damit die Kunden das Fleisch auch wirklich kaufen, führen wir eine Aktion durch.» 

Ob ich dann noch Coop-Mediensprecher wäre? Kaum.