Eines muss man den Migros-Werbern lassen: Das Zusammenspiel zwischen Emotionen und Produkten beherrschen sie meisterhaft – wenn auch die Sprache manchmal etwas holprig daherkommt. So warb der Gross­verteiler jüngst für seine bekannten braunen Guetsli: «Bärentatzen. Das Wort alleine genügt, dass bei vielen Erwachse­nen Kindheitserinnerungen aufkommen.» Worauf ich mich im Geiste als Kind – zu­sammen mit ­meinem kleinen Bruder – am Küchen­tisch ­sitzen sah, mit zufriedenem Gesicht und ein paar Bärentatzen auf den Tellerchen. 

Während ich in Gedanken in diesen unbeschwerten Kindheitstagen schwelgte, schwärmte mir die Migros im Werbetext vor: «Wie bei anderen traditionellen Gebäcken ist es auch bei den Bärentatzen so, dass sie schon mit wenigen Produkten hergestellt ­werden können, die es bereits zu Gross­mutters Zeiten gab: Butter, Eier, Zucker, Schokolade und Mandeln.»

Ich machte mich voller Vorfreude auf in die nächste Migros-Filiale, um mir nach langen Jahren wieder einmal eine Packung dieses «traditionellen Gebäcks» zu gönnen. Doch als ich im Laden die komplette Zutatenliste studierte, kam ich gehörig ins Grübeln. Ich versuchte mich krampfhaft zu erinnern, in welcher Dose meine Grossmutter jeweils das Feuchthaltemittel Sorbit und den Emulgator Sojalecithine aufbewahrt hatte. Und wo die Flaschen mit dem Palmöl, dem Invertzuckersirup und dem Glukose-Fruktose-Sirup. Es wollte mir nicht einfallen.

Ernüchtert legte ich die Packung zurück ins Regal. Als Kind wurde mir zwischendurch vielleicht mal schlecht, weil ich zu viele Bärentatzen genascht hatte. Heute ­brauche ich dazu nur die Zutatenliste zu lesen.