Ein Versuch des K-Tipp zeigt: Tachobetrug geht schnell und einfach – in einer halben Stunde kann man den Kilometerstand zurückdrehen. Der K-Tipp besorgte sich dazu ein Tacho-Programmiergerät, der Glarner Audi-Garagist Silvio Tondo stellte für den Versuch einen vier Jahre alten Audi Q5 zur Verfügung. Das Programmiergerät verbindet man über den Computeranschluss des Wagens (siehe Kasten), gibt den gewünschten Kilometerstand ein und wartet, bis dieser in der Anzeige erscheint. Der Kilometerstand des Audi Q5 konnte so problemlos von rund 93 000 auf 45 000 km zurückgedreht werden. Garagist Tondo sagt: «Das Auto könnte so für rund 4000 Franken mehr verkauft werden.»
Mit App Tachostand selber prüfen
Käufer von Occasionsautos erkennen solche Manipulationen nicht. Sie konnten bisher den Kilometerstand nur von einem Garagisten überprüfen lassen. Doch nun verspricht die Firma Carly aus München Abhilfe: Mit einem Adapter und einer Handy-App sollen Kunden die gefahrenen Kilometer selber schnell und einfach kontrollieren können (siehe Unten).
Zur Analyse des Kilometerstands steckt man den Adapter in den Computeranschluss des Wagens und kann dann sämtliche Zählerstände vergleichen. Die gefahrenen Kilometer werden nämlich an mehreren Stellen im Fahrzeug gespeichert, zum Beispiel auch im Motorsteuergerät. Betrüger ändern aber meist nur den Zähler in der Tachoanzeige. Bei unterschiedlichen Kilometeranzeigen schlägt Carly Alarm.
Der K-Tipp hat das Carly-System an zehn verschiedenen Autos von Audi, BMW, Mercedes, Skoda und Volkswagen getestet. Die Resultate:
Die App deckte problemlos die Test-Manipulation am Audi auf. An anderen Fahrzeugen konnte sie die jeweiligen Kilometerstände problemlos auslesen.
Neben dem Kilometerstand liefert die App noch weitere nützliche Informationen. Zum Beispiel, ob in einem Auto Airbags ausgelöst worden sind. Das kann ein Hinweis darauf sein, dass das Fahrzeug in einen Unfall verwickelt war.
Carly liest auch die Fahrgestellnummer, die im Auto an verschiedenen Orten gespeichert ist. Diese kann man dann mit der Nummer im Fahrzeugausweis vergleichen. Falls diese nicht übereinstimmen, ist das ein Hinweis darauf, dass das Auto oft und aufwendig repariert oder sogar gestohlen wurde.
Die Fehleranalyse der App zeigt zudem versteckte Fahrzeugdefekte.
Gerät kostet rund 110 Franken
Bislang ist der Carly-Occasionscheck nur für Autos des Volkswagen-Konzerns (Audi, Seat, Skoda, VW) sowie für BMW/Mini und Mercedes verfügbar. Die Zahl der Informationen ist je nach Modell unterschiedlich. Für jeden der drei Autokonzerne braucht man eine andere App und einen anderen Adapter. Eine App-Vollversion und ein Adapter kosten rund 110 Franken. Die Carly-App gibt es im App-Store des Smartphones. Den Adapter kann man im Internet unter
Mycarly.com bestellen.
So funktioniert die Carly-App
Den Carly-Adapter in den Computeranschluss des Autos stecken. Dieser ist auch unter dem Namen On-Board-Diagnose-Stelle (OBD) bekannt. Der Anschluss ist seit der Jahrtausendwende Standard und befindet sich meist im Fussraum unter dem Lenkrad. Bei einigen Modellen ist er unter einer Abdeckung mit der Aufschrift OBD.
Zündung einschalten, und das Smartphone unter «Einstellungen» mit dem Signal «Carly Adapter» verbinden. Bei Android-Handys geht das über Bluetooth, bei Apple über Wi-Fi.
App starten, das zu prüfende Automodell in der Liste suchen und nochmals verbinden.
Im Menü «Gebrauchtwagen» wählen und dann den Kilometerstand prüfen.
Falls «Manipulation entdeckt» auf dem Bildschirm erscheint, handelt es sich um ein Auto mit zurückgedrehtem Kilometerstand.
Erlaubt ein Occasionshändler den Check mit Carly nicht, kann man das Verkaufsgespräch abbrechen.