Nahrungsergänzung - Teuer ist nicht besser
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saldo 20/2001
05.12.2001
Die Schweizer geben im Jahr über 100 Millionen Franken für Vitamin- und Mineralstoffpräparate aus. Zu viel, denn zur Nahrungsergänzung reichen günstige Produkte vollauf.
Auf der Strasse, im Zug, im Büro: Überall wird geschneuzt. Ein klares Zeichen dafür, dass der Winter, begleitet von Erkältungen und Grippe, Einzug hält. Die Werbung hat reagiert und serviert uns Vitamin C als Allerweltsmittel gegen die winterliche Virenattacke.
Neben dem hoch dosierten Vit...
Die Schweizer geben im Jahr über 100 Millionen Franken für Vitamin- und Mineralstoffpräparate aus. Zu viel, denn zur Nahrungsergänzung reichen günstige Produkte vollauf.
Auf der Strasse, im Zug, im Büro: Überall wird geschneuzt. Ein klares Zeichen dafür, dass der Winter, begleitet von Erkältungen und Grippe, Einzug hält. Die Werbung hat reagiert und serviert uns Vitamin C als Allerweltsmittel gegen die winterliche Virenattacke.
Neben dem hoch dosierten Vitamin C, das nur in Apotheken zu haben ist, bieten auch Supermärkte Vitamin C in tieferer Dosierung an. Ob hoch oder tief dosiert spielt jedoch keine Rolle. «Ein Effekt der hoch dosierten Präparate ist nie wissenschaftlich bewiesen worden», sagt der Ernährungswissenschafter Paul Walter, «megadosiertes Vitamin C macht keinen Sinn.»
Der Unterschied liegt im Preis. So kostet eine Tagesdosis zu 150 Milligramm bei der Migros 19 Rappen. Die hoch dosierte Tagesdosis Redoxon Vitamin C von Roche zu 1000 Milligramm kostet hingegen 70 Rappen. Dabei wäre der Rohstoff Ascorbinsäure spottbillig: 1000 Milligramm kosten 2 Rappen.
Regelmässig Obst und Gemüse auf dem Speisezettel
Roche macht geltend, ihr Produkt werde aufwändiger produziert, um den Zulassungsbedingungen der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) zu genügen. Mit der IKS-Registrierung für ein apothekenpflichtiges Produkt dürfen Hersteller Heilversprechen in der Werbung machen. Die Werbung finanziert der Konsument indirekt mit dem höheren Preis.
Wer sparen will, kann sich den Rat von Paul Walter zu Herzen nehmen: «Die Pillen aus dem Supermarkt reichen aus, falls jemand seine Ernährung mit Vitamin C ergänzen will.» Noch besser sei es, regelmässig Gemüse und Früchte auf den Speiseplan zu setzen.
Bei Kalzium- und Magnesiumpräparaten verhält es sich gleich: Wer sich abwechslungsreich ernährt, hat diese Produkte kaum nötig. Peter Burckhardt, Chefarzt am Unispital Lausanne: «Es spielt keine Rolle, wie man seinen Kalziumbedarf deckt, mit Milch, Mineralwasser oder mit Kalziumtabletten. Wichtig ist, dass er konstant das ganze Leben lang gedeckt wird.»
Nur in der Werbung macht es einen Unterschied, woher das Kalzium stammt. Novartis darf für sein Kalzium mit dem Hinweis werben, es helfe gegen Osteoporose. Den Milchproduzenten wurde dies vom Bundesgericht verboten, obwohl die Aussage richtig ist.
Magnesium: Auch hier riesige Preisunterschiede
Auch bei Kalziumpräparaten sind die Preisunterschiede auffällig: Das Migros-Produkt Actilife Calcium deckt den Tagesbedarf von 800 Milligramm für 24 Rappen, Burgerstein Kalzium aus der Apotheke für Fr. 1.44. «Unser Präparat wirkt besser», rechtfertigt sich Burgerstein-Hersteller Robert Gübeli. Osteoporose-Spezialist Peter Burckhardt hingegen sagt: «Die Unterschiede in der Wirkung von Kalziumpillen sind vernachlässigbar, das billigste Produkt ist so gut wie das teuerste. Das gilt auch für Magnesiumpräparate.»
Hier sind die Preisdifferenzen noch eklatanter. Das billigste Produkt der Stichprobe, Actilife Magnesium aus der Migros, kostet 18-mal weniger pro 300-Milligramm-Tagesdosis als das apothekenpflichtige Magnespasmyl. Die Herstellerfirma Sanofi-Synthelabo meint trocken: «Das Produkt gehört einer Verkaufskategorie an, in der Angebot und Nachfrage vom Markt bestimmt werden.»
Zum Glück für die Konsumenten: Sie können sich auch hier bedenkenlos für ein billiges Produkt aus dem Supermarkt entscheiden.
Daniel Müller
Nahrungsergänzung - Die Wirkung von Vitamin C, Kalzium und Magnesium
Vitamin C: Ein Vitamin-C-Mangel in Form von Skorbut ist in der Schweiz sehr selten. Vitamin C wird empfohlen gegen Erkältungen, Krebs, Gefässverkalkung und psychische Leiden. Die Wirkung ist wissenschaftlich nicht belegt. 100 bis 150 Milligramm decken den Tagesbedarf.
Kalzium: Ein Mangel an Kalzium kann schwer wiegende Konsequenzen haben. Ein unterversorgter Körper holt sich sein Kalzium aus den Knochen. Dann droht Osteoporose (Knochenschwund). Frauen während der Stillzeit oder in der Menopause haben einen höheren Kalziumbedarf. Rauchen und Untätigkeit sind weitere Risikofaktoren für Osteoporose. Experten empfehlen, Kalzium in einer Dosis von maximal 500 Milligramm einzunehmen und mit Vitamin D zu kombinieren. Tagesbedarf: 800 bis 1000 Milligramm.
Magnesium: Körperliche Höchstleistungen und Stress können eine Magnesium-Unterversorgung bewirken. Magnesium wirkt entspannend. Nächtliche Wadenkrämpfe werden mit Magnesium behandelt. Magnesium wird zudem gegen viele Leiden angeboten: Haarausfall, Hautalterung, Heuschnupfen. Daneben soll es für starke Muskeln, Knochen und Nerven sorgen. Diese Wirkungen sind wissenschaftlich nicht nachgewiesen. 300 Milligramm decken den Tagesbedarf.