Am 1. Juli 2024 änderten sich die Preise für rezeptpflichtige Medikamente. Grund: Der Bundesrat erhöhte die Vertriebsmarge von günstigen Medikamenten und senkte diejenige von teuren Arzneimitteln. Die Vertriebsmarge ist der Betrag, den Apotheken oder Spitäler an einer verkauften Packung verdienen dürfen. Laut Bundesrat ist wegen der Änderung «eine Senkung der Medikamentenpreise» zu erwarten.
Tatsache ist aber: Die Preise der 50 meistverkauften rezeptpflichtigen Medikamente erhöhten sich seit Juli um durchschnittlich 27 Prozent. Das zeigt ein K-Tipp-Vergleich der alten und der neuen Preise. Für 35 von 50 Präparaten bezahlen Patienten mehr. Bei den 10 meistverkauften Mitteln betrug der Aufschlag im Durchschnitt 53 Prozent. Bei einigen Arzneien fiel er noch höher aus. Beispiele:
- Die Schmerztabletten Irfen 400 (20 Stück) kosteteten früher Fr. 5.90. Neu zahlen Patienten dafür Fr. 10.95 – also fast 86 Prozent mehr.
- Novalgin Filmtabletten (500 mg, 50 Stück) kosteteten bisher Fr. 8.30. Neu bezahlt man für eine Packung Fr. 13.15 – ein Aufschlag um 58 Prozent.
- Ventolin 100 mcg (200 Dosierungen) kostete früher Fr. 8.75. Jetzt beträgt der Preis Fr. 13.60 – also 55 Prozent mehr.
Sparen auf dem Buckel der Patienten
Gegenüber dem K-Tipp rechtfertigt das Bundesamt für Gesundheit die Preiserhöhungen: Ärzte und Apotheken hätten bei teuren Medikamenten bisher höhere Margen eingestrichen. Deshalb hätten sie eher teure Mittel als günstigere Generika abgegeben. Aus diesem Grund sei die Gewinnmarge bei Medikamenten mit Preisen unter 30 Franken erhöht und jene bei Mitteln zwischen 30 und 2570 Franken gesenkt worden.
Laut Bundesamt wurde nur ein Drittel der rezeptpflichtigen Medikamente teurer. Von den neuen Regeln erhofft sich der Bund Einsparungen von 50 bis 60 Millionen Franken für die Krankenkassen.
Das Problem: Patienten bezahlen günstige Mittel oft selber, weil diese Ausgaben unter die Franchise ihrer Grundversicherung fallen. Von tieferen Preisen für teurere Mittel profitieren also vor allem die Krankenkassen.
Preisüberwacher Stefan Meierhans bestätigt: Patienten würden wegen der neuen Regeln zusätzlich belastet. «Die Änderung hat zur Folge, dass die Ausgaben steigen, die Versicherte aus der eigenen Tasche berappen müssen. Vor allem Patienten mit einer hohen Franchise werden weit mehr zur Kasse gebeten als zuvor.»
Meierhans hatte vor längerer Zeit vorgeschlagen, die Vertriebsmargen bei allen Medikamenten zu senken. Das Sparpotenzial liegt laut seinen Berechnungen bei rund 400 Millionen Franken. Doch sein Vorschlag fand beim Bundesrat kein Gehör.
Tipp: Wer in Apotheken Medikamente kauft, sollte stets nach dem günstigsten Generikum fragen. Das kann sich insbesondere bei teureren Mitteln lohnen. Bei diesen ist die Preisdifferenz zu Nachahmerprodukten oft gross. Angaben zu Preisen von Originalmedikamenten und allfälligen günstigeren Generika sind im Internet auf Mymedi.ch ersichtlich.
Viele Medikamente sind im Ausland günstiger
Patienten können Medikamente auch im Ausland kaufen. Schweizer Arztrezepte werden beispielsweise in Deutschland, Frankreich und Österreich akzeptiert. Vorsicht: Krankenkassen übernehmen die Kosten für im Ausland eingekaufte Medikamente nicht immer. Der Kauf im Ausland lohnt sich dann nur für Patienten mit hoher Franchise oder bei Mitteln, die von der Krankenkasse nicht übernommen werden.
Eine K-Tipp-Stichprobe von Ende September zeigt: Viele Medikamente waren im Ausland deutlich günstiger. Ein Einkauf lohnt sich vor allem in Frankreich. Dort sind einige Mittel um über 50 Prozent günstiger als in der Schweiz. Beispiele:
- Schmerzmittel Ibuprofen, 400 mg
In der Schweiz: Fr. –.54 pro Tablette (Ibuprofen Sandoz 400 mg, 20 Tabletten).
In Frankreich: Fr. –.27 (Ibuprofene Zentiva Conseil 400 mg, 10 Tabletten).
In Österreich: Fr. –.32 (Dismenol forte Ibuprofen 400 mg, 20 Tabletten).
- Schlafmittel Zolpidem, 10 mg
In der Schweiz: Fr. –.48 pro Tablette (Zolpidem Zentiva 10 mg, 30 Tabletten).
In Frankreich: Fr. –.17 (Zolpidem Zentiva, 10 mg, 14 Tabletten).
In Österreich: Fr. –.19 (Zolpidem Ratiopharm 10 mg, 30 Tabletten).
- Blutverdünner Aspirin Cardio, 100 mg
In der Schweiz: Fr. –.16 pro Tablette (Aspirin Cardio 400 mg, 98 Tabletten).
In Frankreich: Fr. –.06 (Aspirine Protect 100 mg, 30 Tabletten).