Rund 1,4 Millionen Katzen und gegen eine halbe Million Hunde leben in der Schweiz. Unter dem Titel «Impf-Erinnerung» empfehlen Tierärzte den Haustierbesitzern «jährliche Auffrischungsimpfungen». Eine Impfung verliere nach 11 bis 13 Monaten ihre Schutzwirkung, heisst es darin weiter. In einem konkreten Fall empfahl der Tierarzt die Auffrischung einer Dreifachimpfung gegen Staupe (eitriger Nasen- und Augenausfluss sowie Husten, Fieber, Erbrechen und Durchfall), Leptospirose (bakterielle Infektion) und Parvovirose (Erbrechen und Durchfall).
Monika Roggo, Tierärztin in Basel, stellt fest: «Viele Tierhalter folgen solchen Impf-Erinnerungen im Glauben, ihrem Vierbeiner etwas Gutes zu tun. Doch bei den meisten dieser Impfungen sind die jährlichen Auffrischungen überflüssig.» Das sei zum Beispiel bei Staupe und Parvovirose der Fall.
Längere Zeitabstände zwischen den Impfungen sind für die Tiere meist kein Problem, bestätigen auch mehrere wissenschaftliche Studien. Tierarzt Ronald Schultz von der Universität Wisconsin (USA) erforscht seit Jahren die Wirksamkeit von Impfungen bei Hunden. Er hat wissenschaftlich ermittelt, «dass bei Staupe und Parvovirose nach der letzten Impfung die minimale Immunitätsdauer sieben Jahre beträgt».
Zur Zurückhaltung bei der Impfhäufigkeit rät auch der Weltverband der Kleintierärzte in seinen «Richtlinien für die Impfung von Hunden und Katzen»: Nach der Grundimmunisierung sollten Welpen und Kätzchen gegen die Haupterkrankungen nicht öfter als alle drei Jahre geimpft werden. Grund: Die Immunität halte mehrere Jahre an – teils auch lebenslänglich.
Katzenleukämie: Alle drei Jahre impfen
Diese wissenschaftlichen Untersuchungen scheinen die Hersteller von Impfstoffen jedoch kaum zu interessieren: Sie empfehlen in den Beipackzetteln in der Regel jährliche Auffrischungen.
Beim Katzen-Impfstoff Leucogen gegen Katzenleukämie (Leukose) des Herstellers Virbac heisst es: «Eine jährliche Revakzination ist empfohlen.» Der Welt-Tierärzteverband dagegen empfiehlt eine Auffrischung gegen Leukose alle drei Jahre, die medizinische Kleintierklinik der Uni München (D) auch – und nur für Tiere bis zum Alter von sieben Jahren.
Beim Hunde-Impfstoff «Vanguard 7» kombiniert Hersteller Pfizer Impfungen gegen Staupe, H.C.C. (Leberentzündung), Zwingerhusten, Parvovirose und Leptospirose in einer einzigen Injektion. Den Hundebesitzern wird eine jährliche Wiederholung der Impfung nahegelegt. Doch laut Studien hält der Impfschutz bei Staupe, Parvovirose und H.C.C. mindestens drei Jahre.
Impfen ist ein Geschäft: Ein Tierarztbesuch mit der kombinierten Impfung gegen Leukose und Katzenschnupfen kostet z. B. gegen 100 Franken. Für viele Tierarztpraxen seien die jährlichen Impfungen ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor, heisst es in Tierarztkreisen.
Impfpflicht bei Auslandreisen: Eine gesetzliche Impfpflicht gibt es seit
der Ausrottung der Tollwut in der Schweiz nicht mehr. Anders sieht es bei einem Grenzübertritt aus: Dann ist eine aktuelle Tollwutimpfung bei Hunden nach wie vor obligatorisch. Die Impfung muss mindestens drei Wochen vor der Auslandreise durchgeführt worden sein. Die Impfung gegen die Tollwut ist in der Regel drei Jahre wirksam.