Gute Erde muss nicht teuer sein
Haus & Garten hat 16 Universal- und Gartenerden testen lassen. Vier sind sehr empfehlenswert, vier weniger. Riesig sind die Unterschiede bei den Preisen.
Inhalt
Haus & Garten 02/2008
26.05.2008
Letzte Aktualisierung:
27.05.2008
Stephan Dietrich
Ob für die Zimmer- oder Freilandpflanze, für Balkon oder Garten: Wer in Gärtnereien oder Gartencentern die richtige Erde sucht, steht vor der Qual der Wahl. Da türmen sich Universal-, Garten-, Blumen- und Zimmerpflanzenerden, von den Erden für die Aussaat oder spezielle Kulturen ganz zu schweigen.
Doch welche ist die Beste? Die Verpackungen geben nur bedingt Auskunft. Auf der Vorderseite spriesst und blüht es meist in allen Farben.
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Ob für die Zimmer- oder Freilandpflanze, für Balkon oder Garten: Wer in Gärtnereien oder Gartencentern die richtige Erde sucht, steht vor der Qual der Wahl. Da türmen sich Universal-, Garten-, Blumen- und Zimmerpflanzenerden, von den Erden für die Aussaat oder spezielle Kulturen ganz zu schweigen.
Doch welche ist die Beste? Die Verpackungen geben nur bedingt Auskunft. Auf der Vorderseite spriesst und blüht es meist in allen Farben.
Auf der Rückseite sind die Informationen sehr unterschiedlich: Neben Anwendungs- und Düngetipps finden sich Angaben über Nährstoffe, pH-Wert und Zusammensetzung – aber längst nicht auf allen Produkten. Auch das Verhältnis zwischen Torf und Ersatzprodukten ist nur auf wenigen Packungen deklariert. Besonders dürftig sind die Angaben bei Produkten, die in der Schweiz hergestellt oder speziell für den Schweizer Markt abgepackt sind. Der Grund: Anders als in der EU gibt es in der Schweiz keine Bestimmungen über die Deklaration von Gartenerden.
Haus & Garten wollte wissen, was in den Erden steckt, und hat bei Grossverteilern, Gartencentern und Gärtnereien 16 verschiedene Erden eingekauft. Sie wurden anschliessend im Labor für Boden- und Umweltanalytik (LBU) in Thun analysiert.
Die Günstigste ist «sehr empfehlenswert»
Von den 16 Proben erhielten insgesamt 4 die Note «sehr empfehlenswert» (siehe Tabelle im pdf-Artikel). Am besten abgeschnitten hat das Produkt Go/On von Jumbo: Es wies mit 40 Prozent auch einen relativ tiefen Torfanteil auf – und war erst noch die günstigste aller getesteten Erden.
Weniger gut oder nur bedingt empfehlenswert waren unter anderem die bei Landi und Wyss gekauften Eigenmarken. Das negative Resultat des Tests hat vor allem bei Landi Erstaunen hervorgerufen. Vor drei Jahren hatte nämlich eine Erde des gleichen Produzenten in einem Test von Saldo sehr gut abgeschnitten. Bei Landi und beim Gartencenter Wyss vermutet man «Überlagerung» als Grund für das schlechte Resultat: Werden Erden nämlich zu lange aufbewahrt, können sich die Naturprodukte zu ihrem Nachteil verändern.
Doch wer als Konsument Erde kauft, weiss nichts davon und erwartet einwandfreie Ware. Ein Herstellungs- oder Abpackdatum ist auf den Produkten ohnehin nicht angegeben.
Torffreie Erden haben ein Problem
Verkäufer und Hersteller der Landi- und Wyss-Produkte kritisieren zudem die angewandten Analysemethoden und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen. Fakt ist: Das Labor hat die Analysen gemäss den Vorschriften der Eidgenössischen Forschungsanstalt Wädenswil durchgeführt.
Weniger gute Noten erhielten auch die beiden Recycling-Produkte von Ricoter. Geschäftsführer Herbert Würsch meldet ebenfalls Vorbehalte an der Testanlage an: Sie sei auf Produkte auf Torfbasis ausgerichtet. Für reine Recycling-Erden, welche die Bio-Knospe-Richtlinien erfüllten, sei die Bewertung im Test nicht statthaft. Tatsächlich haben Recycling-Erden ein grundsätzliches Problem: Ihr pH-Wert ist bedingt durch ihre Grundstoffe hoch und lässt sich auch nicht so einfach senken.
Würsch räumt ein, dass Bio-Erden nicht in jedem Fall den gleichen «Komfort» böten wie konventionelle Erden: «Die Pflanzen gehen vielleicht nicht ab wie Raketen, sie entwickeln sich dafür gut und gesund.»
Gartencenter bieten neben Universalerden auch Spezialerden an, etwa für Rosen oder Geranien. Sind solche Produkte wirklich nötig?
Michael Ernst von der Staatsschule für Gartenbau in Hohenheim (D) verneint: «Das ist eine reine Sache des Marketings. Geranien haben zwar einen höheren Nährstoffbedarf, aber da muss man ohnehin nachdüngen. Fürs Pflanzen reicht eine normale Balkonkasten- oder Universalerde.»
Hans Grob von Grün Stadt Zürich wundert sich ohnehin über die riesigen Mengen Gartenerde, welche die Leute in den Läden kaufen: «Für den Hobby- und Freizeitgarten sind solche Produkte meist unnötig», sagt Grob. «Denn Humus hat es in den Gartenböden oft schon mehr als genug. Wenn schon sollte der Boden mit garteneigenem Kompost gefördert werden.»
Torf ist zu billig und schwer zu ersetzen
Universal- oder Gartenerden für den Hobbygärtner werden seit den Sechzigerjahren im grossen Stil industriell hergestellt. Als Basissubstrat und idealer Wasserspeicher dient vor allem Torf, dieser wird mit verschiedenen, meist synthetischen Nähr- und Zusatzstoffen angereichert.
Wegen des Raubbaus an begrenzten, ökologisch wertvollen Moorflächen ist der Torfabbau in der Schweiz mittlerweile verboten. Umweltverbände wie der WWF raten deshalb, soweit wie möglich auf Torfprodukte zu verzichten. Als Ersatzstoffe kommen zum Beispiel Kompost, Holzfasern und Rinde zum Einsatz. Bei Ricoter ist es ausserdem sogenannte Rübenwascherde, die bei der Zuckerproduktion in Frauenfeld anfällt.
Die Verarbeitung und der Umgang mit solchen Ersatzprodukten ist hingegen wesentlich schwieriger als mit Torf. Ausserdem ist das meist aus Osteuropa stammende Moorprodukt wesentlich billiger als die heimischen Recycling-Materialien. Das schlägt sich auch im Preis des Endprodukts nieder: Erden, die nur auf Torf basieren, sind billiger als solche mit Ersatz- und Recycling-Stoffen.
So wurde Getestet
Das Labor analysierte die wichtigsten Nährstoffe Stickstoff (N), Phosphor (P), Kalium (K) sowie Calcium (Ca) und Magnesium (Mg) – und zwar nach zwei Kriterien und Methoden. Einerseits wurde untersucht, wie viele Nährstoffe sofort für die Pflanzen verfügbar sind, andererseits, wie viele Nährstoffe als sogenanntes Reserveextrakt zur Verfügung stehen. Ein optimaler Nährstoffgehalt und ein ausgewogenes Verhältnis der Nährstoffe sind entscheidend für die Qualität der Erde und für das Gedeihen der Pflanzen.
Bestimmt wurden ferner pH-Wert und Salzgehalt: Sind diese zu hoch, können sie das Wachstum der Pflanzen stö- ren. Geprüft wurden auch der Anteil an Humus und an erdfremden Bestandteilen, die Trockensubstanz und das Vermögen, Wasser zu speichern. Alle Kriterien flossen in das Gesamturteil ein.