Coop, Migros, Denner und Manor bilden die Interessengemeinschaft Detailhandel. Sie ärgert sich über Einkäufe im Ausland und forderte kürzlich laut «Schweiz am Wochenende»: Wer im Ausland einkauft und die Mehrwertsteuer zurückerhält, soll stattdessen stets die Schweizer Mehrwertsteuer zahlen.
Die Argumentation ist politisch schlau: Sie appelliert an den Gerechtigkeitssinn. Die Befreiung von der Schweizer Mehrwertsteuer bis zu einem Einkaufswert von 300 Franken benachteilige Konsumenten, die im Inland einkaufen und Mehrwertsteuer zahlen. Zudem würden dem Staat hohe Einnahmen entgehen.
Das stimmt aber nicht: Für die Bundeskasse wäre eine Besteuerung auch der geringfügigen Auslandeinkäufe mit «unverhältnismässig» hohem Aufwand für den Zoll verbunden. So vor zwei Jahren die Antwort des Bundesrats auf eine Motion des ehemaligen SVP-Nationalrats Roland Borer.
Grossverteiler statt Bauern profitieren
Für Beat Niederhauser, Stellvertreter des Preisüberwachers, ist klar: «Die Detailhändler wollen mit diesem Vorstoss vom eigentlichen Problem ablenken: An den hohen Preisen in der Schweiz profitieren sie selbst mit.»
Diese Ausssage wird im Bereich der Lebensmittel durch eine aktuelle Studie belegt, die im Auftrag des Bundesamts für Landwirtschaft erstellt wurde. Ergebnis: Der Schweizer Detailhandel zieht überproportional grossen Nutzen aus den Zöllen für importierte Agrargüter. Diese Zölle sollen die Schweizer Bauern vor der Konkurrenz durch günstigere Importe schützen. Doch wahrer Nutzniesser ist der Detailhandel.
Giulia Listorti vom Bundesamt erklärt: «Die Studie zeigt, dass die Lebensmittelpreise in der Schweiz ständig steigen – die Preise für die Bauern verändern sich jedoch kaum.» Die Mehreinnahmen fliessen in die Taschen von Migros und Coop. Diese dominieren den Schweizer Lebensmittelhandel und sitzen gegenüber Landwirten und Konsumenten am längeren Hebel.
Die Branche bestimmt je nach Inlandangebot, wann und in welchem Umfang der Bund Kontingente für Importe freigeben soll. Das hält die Preise für Schweizer Produkte hoch. Die Agrarzölle kosten die Konsumenten laut Preisüberwacher 2,6 Milliarden Franken pro Jahr (K-Tipp 14/2016).