Konsumenten zahlen für ein Freilandei rund 15 Rappen mehr als für ein Ei aus Bodenhaltung. Es ist allerdings möglich, dass auch «Freiland»-Eier von Hühnern stammen, die nicht auf die Weide durften.
Das war im Frühling 2023 der Fall: Damals hatten die Behörden wegen der Vogelgrippe angeordnet, dass Geflügel drinnen bleiben musste. Trotzdem erlaubte das zuständige Bundesamt für Veterinärwesen den Läden, solche Eier als «Freiland» zu verkaufen – für maximal 16 Wochen. Diese Regel orientierte sich an der Verordnung für Geflügelfleisch. Die Kennzeichnung für Eier selber ist gesetzlich nicht geregelt.
Das Bundesamt kam der Eierbranche im vergangenen Jahr weiter entgegen und tolerierte den Labelbluff deutlich über die 16-Wochen-Frist hinaus – in der Zeit vor und nach Ostern (K-Tipp 12/2023). Das verstösst gegen das Täuschungsverbot: Laut Gesetz dürfen Verpackungen Konsumenten nicht täuschen.
Freipass für Falschdeklaration
Jetzt zeigt ein Informationsschreiben des Bundesamts von Mitte Juli: In Zukunft dürfen Eier sogar für eine unbegrenzte Zeit mit «Freiland» angeschrieben werden, auch wenn die Hühner auf Anordnung der Behörden nicht auf die Weide dürfen. Im Schreiben hielt das Amt fest: Die Konsumenten seien «über die Medien, die Branche und gegebenenfalls den Detailhandel gut informiert» und «wissen somit, dass den Hühnern der vorübergehende Zugang zu Freiland nicht gewährt ist».
Aus diesem Grund sei «der Täuschungsschutz auch ohne Umetikettierung gewährleistet, obwohl die Angabe nicht den Tatsachen entspricht». Anders gesagt: Statt die Händler zu verpflichten, die Eier korrekt anzuschreiben, sollen die Konsumenten sich selber informieren.
Dabei lagen im Frühling 2023 einfach umsetzbare Lösungen für eine korrekte Deklaration der Eier auf dem Tisch. Dokumente aus dem Austausch zwischen Behörden und Branche zeigen: Die Detailhändler hatten vorgeschlagen, die Konsumenten jeweils mit einem Kleber auf dem Eierkarton darüber zu informieren, dass «aktuell kein Weidegang» möglich sei. Dafür hätte zusätzlich der Code auf den Eiern angepasst werden können.
Korrekte Angaben sind laut Bund «freiwillig»
Der K-Tipp wollte vom Bundesamt wissen, warum es keine korrekte Deklaration der Eier verlange. Dazu sagt die Behörde nur, es sei «der Eierbranche überlassen», eine saubere Kennzeichnung «freiwillig umzusetzen».
Die Migros schreibt dem K-Tipp, zusätzliche Kennzeichnungen seien mit Kosten verbunden und würden «mehr Verwirrung als Klarheit schaffen». Coop sagt, kurzfristige Änderungen bei der Verpackung seien «nicht umsetzbar».
Coop und Migros behaupten, sie hätten Kunden während der Vogelgrippe mit Hinweisen in den Läden informiert. Eine K-Tipp-Stichprobe nach Ostern 2023 in Zürich zeigte jedoch: Viele Läden verkauften «Freilandeier» ohne Hinweis, dass die Hennen eingesperrt waren.